Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenentscheidung in einem vertrags(-zahn)ärztlichen Verfahren

 

Orientierungssatz

1. Hält der Vertragszahnarzt einen ihm gegenüber ergangenen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für rechtswidrig, so ist eine hiergegen zum Sozialgericht erhobene Klage unzulässig. Zulässiger Rechtsweg ist ausschließlich derjenige zu den ordentlichen Gerichten.

2. Unterliegt der Vertragszahnarzt mit seiner gegen die Kassenzahnärztliche Vereinigung zum Sozialgericht erhobenen Klage, so sind ihm nach § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Für das Verfahren sind nach § 197a Abs. 1 GKG Kosten zu erheben, weil weder Kläger noch Beklagter zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 10.04.2017; Aktenzeichen B 6 KA 22/17 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.09.2015 und seine weitergehende Anträge werden zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Auszahlung des ansonsten ihm zustehenden vertragsärztlichen Honorars an einen Dritten.

Er nahm in der Zeit vom 01.03.2007 bis zum 31.08.2007 mit Vertragszahnarztsitz in E der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Am 09.01.2008 wurde über sein Vermögen durch das Amtsgericht (AG) Dortmund das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Insolvenzverwalterin erklärte zum 01.07.2010 die Freigabe seiner Praxis aus der Insolvenzmasse und wies die Beklagte darauf hin, dass ab dem 01.07.2010 Honorarzahlungen wieder an den Kläger zu leisten seien.

In der Zeit vom 01.07.2010 bis zum 30.09.2012 nahm der Kläger mit Praxissitz in H erneut an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Am 09.01.2013 erging ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) durch das AG Dortmund in der Zwangsvollstreckungssache M Zahntechnik GmbH über eine Forderung i.H.v. 25.961,44 EUR zuzüglich etwaiger Zinsen. Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 01.02.2013 den Eingang des PfÜB, erkannte die Pfändung an und teilte mit, dass keine weiteren Forderungen und Abtretungen anderer Gläubiger anhängig seien.

Aufgrund des PfÜB zahlte die Beklagte am 29.04.2013 einen Betrag i.H.v. 2.766,59 EUR (Restzahlung Honorar für das Quartal IV/2012) und am 21.05.2013 i.H.v. 12,83 EUR (Auszahlung Sprechstundenbedarf 2012) an die Pfändungsgläubigerin aus. Diese Zahlungen wurden in der Vierteljahresabrechnung I/2013 vom 29.07.2013 ausgewiesen. Der Kläger erhob keinen Widerspruch.

Am 27.01.2014 führte die Beklagte aufgrund des PfÜB einen in der Vierteljahresabrechnung III/2013 vom 27.01.2014 ausgewiesenen weiteren Betrag von 359,44 EUR an die Pfändungsgläubigerin ab. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger keinen Widerspruch.

Mit Beschluss vom 04.06.2014 erteilte das AG Dortmund dem Kläger die Restschuldbefreiung und stellte fest, dass die ausgenommenen Forderungen gemäß § 302 Insolvenzordnung (InsO) von der Restschuldbefreiung nicht erfasst werden.

Im Rahmen der Vierteljahresabrechnung IV/2013 vom 28.04.2014 wurde zur Buchungsposition 045 "Restz.-Einbehalt Pfändung" in der Rubrik "Gutschrift" und zur Buchungsposition 106 "Überw. an Dritte Restz.-Einbeh" in der Rubrik "Lastschrift" der am 27.01.2014 ausgezahlte Betrag i.H.v. 359,44 EUR erneut ausgewiesen. Die Beklagte wies den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 17.12.2014) und führte aus, sie habe im Rahmen der Erklärungspflicht gemäß § 840 Zivilprozessordnung (ZPO) geprüft, ob ggf. andere Ansprüche an die Forderung gerichtet seien und wie sich die Insolvenz auf die Pfändung auswirke. Infolge der Freigabeerklärung zum 01.07.2010 hätten alle Zahlungen an den Kläger gerichtet und Verbindlichkeiten direkt gegenüber ihm geltend gemacht werden müssen. Daher habe sie davon ausgehen können und müssen, dass zum Zeitpunkt der Zustellung des PfÜB keine Hinderungsgründe durch das Insolvenzverfahren vorgelegen hätten.

Der Kläger hat am 05.01.2015 Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Restschuldbefreiung vom 04.06.2014 habe ihn nach § 286 InsO von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten seiner Gläubiger befreit. Nach § 300a InsO gehöre das Vermögen, das er nach Ende der Abtretungszeit erwerbe, nicht mehr zur Insolvenzmasse.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 28.04.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17.12.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, einen Betrag i.H.v. 755,66 EUR an ihn zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Aufgrund des wirksamen PfÜB sei sie verpflichtet gewesen, die gepfändeten Honorarforderungen an die Pfändungsgläubigerin auszuzahlen.

Mit Urteil vom 07.09.2015 hat das Sozialgericht (SG) Münster die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da der Kläger durch den Bescheid vom 28.04.2014 nicht beschwert sei. Dabei handele es sich um eine sog. wiederholende Verfügung, die sich nur auf den Bescheid vom 27.01.2014 bezieh...

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