Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Berücksichtigung von Versicherungszeiten als Anrechnungszeiten bei zeitgleich bestehender Beitragszeit. Bezug einer Rente. Versicherungspflicht
Orientierungssatz
1. Wer aufgrund des Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig ist und das 25. Lebensjahr bereits vollendet hat, besitzt insoweit nach § 58 Abs. 1 S. 3 SGB 6 keinen Anspruch gegenüber dem Rentenversicherungsträger auf Anerkennung dieser Zeiten als Anrechnungszeiten. Hierzu zählt der Bezug von Krankengeld und Arbeitslosengeld.
2. Die Vorschrift findet Anwendung auf alle Anrechnungstatbestände des § 58 Abs. 1 S. 1 SGB 6 und damit auch auf § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB 6 bei Rentenbezug.
3. Im Gesetz findet sich keine Beschränkung auf die Anrechnungszeittatbestände bei Krankheit oder bei Bezug von Arbeitslosengeld. Auch die Anrechnungsvorschrift bei Rentenbezug nach § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB 6 ist nicht vom Anwendungsbereich nach § 58 Abs. 1 S. 3 SGB 6 ausgenommen.
4. Der Sinn und Zweck von § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB 6 besteht darin, dass die Anrechnungszeit eine Beitragszeit ersetzen soll. Nach der Entscheidung des BSG vom 19. 4. 2011 enthält der Wortlaut des Ausschlusstatbestandes von § 58 Abs. 1 S. 3 SGB 6 keinen Anhaltspunkt dafür, ihn nicht auch auf andere Anrechnungstatbestände anzuwenden.
Normenkette
SGB VI § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, S. 3, § 3 S. 1 Nr. 3
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 04.12.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung weiterer Anrechnungszeiten vom 21.02.2005 bis 31.08.2006 und vom 05.10.2006 bis 31.07.2007 wegen des vorangegangenen Bezugs einer Erwerbsminderungsrente.
Ausweislich des Versicherungsverlaufs bezog die am 00.00.1951 geborene Klägerin im Zeitraum vom 21.02.2005 bis 10.04.2005, vom 01.07.2006 bis 14.08.2006 und vom 05.10.2006 bis 31.07.2007 Arbeitslosengeld, darüber hinaus im Zeitraum vom 11.04.2005 bis 30.06.2006 und vom 15.08.2006 bis 31.08.2006 Krankengeld. Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 19.07.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Anerkennung eines Leistungsfalls vom 21.02.2005 ab dem 01.09.2005 befristet bis zum 31.01.2008. In Anlage 2, Seite 2 des Rentenbescheides stellte die Beklagte im Zeitraum vom 21.02.2005 bis 04.05.2011 insgesamt 75 Monate als Zurechnungszeit fest. Mit Bescheiden vom 10.10.2007 und 23.11.2009 verlängerte die Beklagte die befristete Rentengewährung bis zum 31.03.2013.
Am 07.09.2012 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen bei der Beklagten. Mit Bescheid vom 05.12.2012 gewährte die Beklagte der Klägerin daraufhin beginnend ab dem 01.02.2013 Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von monatlich 837,59 EUR abzüglich eines Beitragsanteils zur Krankenversicherung in Höhe von 68,68 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 19,26 EUR monatlich. Auf Seite 3 des Rentenbescheides führte die Beklagte aus, die Zeit vom 21.02.2005 bis 31.08.2006 und vom 05.10.2006 bis 31.07.2007 könne nicht als Anrechnungszeit berücksichtigt werden, weil die Zeit nach Vollendung des 25. Lebensjahres liege und Versicherungspflicht aufgrund Sozialleistungsbezuges bestanden habe. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 19.04.2011 - B 13 R 79/09 R) seien Anrechnungszeiten nicht neben Pflichtbeiträgen wegen Sozialleistungsbezuges zu berücksichtigen. Ausweislich der Anlage 3 des Rentenbewilligungsbescheids vom 05.12.2012 hat die Beklagte die streitigen Zeiträume - vom 21.02.2005 bis 31.08.2006 und vom 05.10.2006 bis 31.07.2007 - durchgängig als Pflichtbeitragszeiten berücksichtigt.
Hiergegen erhob die Klägerin am 14.12.2012 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, der Regelung des § 58 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sei zwar zu entnehmen, dass die Zeiten nach Vollendung des 25. Lebensjahres wegen Versicherungspflicht aufgrund Bezuges von Sozialleistungen keine Anrechnungszeiten darstellten. Es müsse jedoch Identität zwischen den Pflichtbeitragszeiten wegen Arbeitslosigkeit und dem Anrechnungszeittatbestand bestehen. Die Regelung betreffe keine Zurechnungszeiten bei Rentenbezug, da hier keine Versicherungspflicht wegen Sozialleistungsbezuges vorliegen könne. Bei den Zeiten des Bezugs der Erwerbsminderungsrente handele es sich um beitragsgeminderte Zeiten im Sinne des § 54 Abs. 3 SGB VI. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung habe einen anderen rentenrechtlichen Hintergrund als im vorliegenden Fall.
Die Beklagte legte auf Wunsch der Klägerin eine Rentenprobeberechnung vom 24.01.2013 unter Berücksichtigung der Zeiträume vom 21.02.2005 bis 31.08.2006 und vom 05.10.2006 bis 31.07.2007 als Anrechnungszeit vor. Sie ermittelte hiernach eine monatliche Rente von 847,41 EUR abzüglich eines Beitragsanteils zur Krankenversicherung in H...