Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung

 

Orientierungssatz

1. Nach § 21 Abs. 5 SGB 5 erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Dazu müssen gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen, die eine von der Vollkost abweichende besondere Ernährung erfordern.

2. Eine kostenaufwändige Ernährung in diesem Sinn ist erforderlich bei Niereninsuffizienz, konsumierenden Erkrankungen mit gestörter Nährstoffaufnahme oder Nährstoffauswertung. Nicht ausreichend ist dagegen eine Sensibilisierung gegen einzelne Nahrungsmittel, ein unbefriedigender Allgemeinzustand, Untergewichtigkeit oder ein gestörter Wasser- und Elektrolytenhaushalt, vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 100/10 R.

3. Solange eine atypische Bedarfslage nicht besteht, ist auch die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 1 bis 4 SGB 2 ausgeschlossen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.11.2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung für März 2009.

Der am 00.00.1962 geborene Kläger ist verheiratet. Er hat zwei Kinder, die am 00.00.1988 geborene Tochter B und die am 00.00.1992 geborene Tochter L. Im März 2009 ist die Tochter L Schülerin gewesen; die Tochter B war Studentin. Im Jahr 2008 bezog der Kläger Kindergeld in Höhe von insgesamt 308,00 EUR mtl. bzw. ab dem 01.01.2009 328,00 EUR mtl ... Seit dem 01.01.2005 übt die Ehefrau des Klägers durchgehend eine geringfügige Beschäftigung als Küchenhilfe gegen ein Bruttoentgelt von 395,00 EUR mtl. aus. Das Entgelt von 395,00 EUR setzt sich aus einem Kleidergeld von 5,00 EUR, einer nach § 3 Nr. 26 Einkommenssteuergesetz (EStG) steuerfreien Aufwandsentschädigung und einem steuerpflichtigen Aushilfslohn von 236,00 EUR zusammen.

Im März 2009 wohnte der Kläger mit seiner Ehefrau und seiner Tochter L zusammen. Die Miete für die Wohnung betrug ab dem 01.01.2009 575,38 EUR mtl. (372,38 EUR Grundmiete + 203,00 EUR Heiz-/Betriebskostenvorauszahlungen). Das Warmwasser wurde über Durchlauferhitzer erzeugt.

Seit dem 01.01.2005 bezog der Kläger durchgehend von der Rechtsvorgängerin des Beklagten (nachfolgend einheitlich: Beklagter) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts SGB II.

Im August 2008 beantragte der Kläger die Fortbewilligung der Leistungen für den Zeitraum ab dem 01.01.2008 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II. Durch Bescheid vom 26.09.2008 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus dem Kläger, seiner Ehefrau und seiner Tochter L, Leistungen nach dem SGB II für Oktober 2008 in Höhe von insgesamt 1.074,54 EUR sowie für die Zeit vom 01.11.2008 bis 31.03.2009 in Höhe von insgesamt 1.078,28 EUR mtl. Für die Zeit vom 01.11.2008 bis 31.03.2009 bewilligte der Beklagter dem Kläger eine Regelleistung in Höhe von 227,63 EUR mtl. sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 183,66 EUR mtl.

Der ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit E gelangte unter Auswertung der vom Kläger vorgelegten Unterlagen und einem Gespräch mit dem Kläger am 06.11.2008 zu dem Ergebnis, dass ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nicht bestehe. Bei laborchemischen Hinweisen auf allergische Reaktionen gegen bestimmte Nahrungsmittel könnten diese Lebensmittel vom Kläger bei der Ernährung weggelassen werden, ohne dass Gesundheitsschäden zu erwarten seien. Der Kläger könne selbst seinen Mehrbedarf nicht ausreichend begründen. Eine spezielle Diät werde nicht angegeben, es werde von ihm lediglich global die Aussage gemacht, er könne nicht alles essen. Er befinde sich aktuell in einem guten Ernährungs- und Allgemeinzustand, wobei den Unterlagen zu entnehmen sei, dass der Kläger 6 Kilo an Körpergewicht seit 2003 zugenommen habe. Durch Bescheid vom 17.11.2008 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung ab.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Durch Bescheid vom 14.01.2009 bewilligte der Beklagte u. a. dem Kläger Leistungen nach den SGB II für die Zeit vom 01.01 bis 31.03.2009 in Höhe von 419,61 EUR mtl. (227,63 EUR Regelleistung + 191,78 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung). Durch Widerspruchsbescheid vom 17.09.2009 wies der Beklagte u. a. den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 17.11.2008 als unbegründet zurück.

Am 02.10.2009 hat der Kläger Klage erhoben.

Er hat die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II begehrt. Er benötige den Mehrbedarf aus gesundheitlichen Gründen, da er an einer Stoffwechselerkrankung sowie wechselhaften Lebensmittelallergien verbunden mit einer Lebensmittelunverträglichkeit...

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