Entscheidungsstichwort (Thema)

Übereinstimmende Erledigungserklärung in einem gerichtlichen Vergleich

 

Orientierungssatz

1. Die in einem gerichtlichen Vergleich im Berufungsverfahren abgegebene Erklärung: "Damit ist der Rechtsstreit in vollem Umfang erledigt" ist rechtlich als Zurücknahme der Berufung zu werten und bewirkt den Verlust des Rechtsmittels.

2. Die Zurücknahme der Berufung durch Erledigungserklärung kann nicht durch Anfechtung nach §§ 119, 123 BGB beseitigt werden.

3. Ein durch Zurücknahme der Berufung beendeter Rechtsstreit kann nur bei Vorliegen der Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens nach §§ 179, 180 SGG, §§ 579 f. ZPO wieder aufgegriffen werden.

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit L 2 KN 78/07 U durch den gerichtlichen Vergleich vom 09.08.2007 erledigt worden ist. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten zunächst darüber, ob das Verfahren L 2 KN 78/07 U durch Rücknahme des Rechtsmittels beendet worden ist. Im Übrigen ist Zahlung einer höheren Verletztenrente wegen einer Berufskrankheit der Nr. 2108 der Berufskrankheitenverordnung (BK Nr. 2108 BKV) streitig.

Bei dem am 00.00.1948 geborenen Kläger ist eine BK Nr. 2108 anerkannt (Bescheid vom 06.03.1997). Wegen der Folgen der BK wurde der Kläger seit dem 17.08.1994 nach einer Teilrente um 20 v. H. entschädigt. Wegen Zunahme der Funktionsausfälle gewährte die Beklagte seit dem 01.06.2000 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. (Bescheid vom 16.07.2003).

Der Kläger machte mit Schreiben vom 29.03.2004 erneut die Verschlimmerung der Folgen der BK Nr. 2108 geltend. Die Beklagte erachtete die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach Untersuchung des Klägers für erforderlich und benannte ihm drei Gutachter zur Auswahl (27.07.2004). Der Kläger wählte keinen der drei benannten Gutachter aus und schlug seinerseits eine Arztperson seines Vertrauens vor. Daraufhin schlug die Beklagte ihm einen Gutachter in Wohnortnähe vor, mit dem der Kläger auch einverstanden war (10.09.2004). In der Folgezeit bestand der Kläger auf Begutachtung nach Aktenlage und lehnte eine Untersuchung ab (02.12.2004 und 05.01.2005). Die Beklagte veranlasste die Stellungnahme durch ihren Beratungsarzt Dr. H. Dieser vertrat die Auffassung, dass ohne eine Untersuchung eine Entscheidung nicht getroffen werden könne; eine Entscheidung allein nach Aktenlage sei nicht möglich. Nach Aktenlage sei weiterhin eine MdE um 30 v. H. gerechtfertigt (Stellungnahme vom 22.02.2005). Mit Bescheid vom 25.02.2005 lehnte die Beklagte, gestützt auf die beratungsärztliche Stellungnahme, den Antrag vom 29.03.2004 ab.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 15.03.2005 Klage zum Sozialgericht Duisburg (SG) erhoben. Während des Klageverfahrens holte die Beklagte das Widerspruchsverfahren nach. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2005 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.02.2005 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die für die MdE-Bewertung maßgeblichen berufskrankheitsbedingten Funktionseinschränkungen nur durch eine aktuelle gutachterliche Untersuchung festgestellt werden könnten.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 31.01.2007 hat der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2005 zu verurteilen, ihm aus Anlass einer Berufskrankheit Nr. 2108 eine Verletztenrente nach einer MdE von 100 v. H. zu gewähren.

Mit Urteil vom 31.01.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, wegen fehlender Mitwirkung im Verfahren die Verletztenrente zu erhöhen.

Dagegen hat der Kläger am 28.03.2007 Berufung eingelegt (L 2 KN 78/07 U). Im Termin zur Erörterung am 09.08.2007 haben die Beteiligten folgenden Vergleich geschlossen:

1. Der Kläger übersendet an die Beklagte eine Aufstellung der ihn wegen seiner Wirbelsäulenerkrankung behandelnden und behandelt habenden Arztpersonen, entbindet diese von der ärztlichen Schweigepflicht und erklärt sich damit einverstanden, dass die Beklagte von diesen Arztpersonen die Behandlungsunterlagen beizieht.

2. Nach Beiziehung dieser Behandlungsunterlagen wird die Beklagte diese Unterlagen an die Dres. L und I zur Auswertung mit der Fragestellung weiterleiten, ob anhand dieser Unterlagen nach Aktenlage ein Gutachten zur Frage der Verschlimmerung der Folgen der BK NR.2108 erstattet werden kann Gegebenenfalls wird sie ein Gutachten nach Aktenlage in Auftrag geben.

3. Sollten die Dres. L und I den Kläger ambulant untersuchen müssen, so erklärt der Kläger sich dazu bereit.

4. Damit ist der Rechtsstreit in vollem Umfang erledigt.

Dieser Vergleich wurde laut diktiert, vorgespielt und übereinstimmend von den Beteiligten genehmigt.

Am 05.09.2007 hat der Kläger die Fortführung des Berufungsverfahrens mit der Begründung begehrt, der Vergleich vom 09.08.2007 lasse die Punkte Klage auf Rentenzahlung, Klage auf Pflegegeld un...

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