Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung eines Summenbescheides über den vom Arbeitgeber zu entrichtenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag durch den Rentenversicherungsträger
Orientierungssatz
1. Hat der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und kann deshalb die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, so kann der Rentenversicherungsträger den Gesamtsozialversicherungsbeitrag von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen.
2. Dies gilt nicht, wenn ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Ob ein Summenbescheid in diesem Sinne verhältnismäßig ist, kann im gerichtlichen Verfahren voll überprüft werden.
3. Der Gesetzgeber räumt dem Interesse der Sicherung des Beitragsaufkommens nur dann den Vorrang ein gegenüber dem Individualinteresse an Beitrag und Leistung, wenn dem Individualinteresse nur mit unverhältnismäßigem Aufwand des prüfenden Rentenversicherungsträgers Rechnung getragen werden kann.
4. Dabei kann es nicht in erster Linie auf die Beurteilung des Arbeitgebers ankommen. Erst wenn sich ergibt, dass der vom Arbeitgeber zu leistende Arbeitsaufwand das Interesse an der Sicherung des Beitragsaufkommens gefährdet, kann unter Abwägung mit den individuellen Leistungsinteressen der Versicherten der Erlass eines Summenbescheides gerechtfertigt sein.
5. Bei einer zahlenmäßig leicht überschaubaren Gruppe von Beschäftigten und einer ebenso überschaubaren Zahl von Entgeltzahlungen ist ein mit der Nachfrage und der personenbezogenen Zuordnung verbundene Verwaltungsaufwand als nicht unverhältnismäßig zu veranschlagen.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.12.2008 wird geändert. Der Summenbescheid vom 17.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2006 wird hinsichtlich der Beitragsforderungen für die Jahre 1999 bis 2002 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.964,38 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin auf in den Jahren 1999 bis 2002 an Arbeitnehmer gezahlte "Treuepreise für langjährige Krankenpflege" Beiträge zu entrichten hat.
Die Beklagte führte in der Zeit vom 17.1.2005 bis 21.1.2005 für den Prüfzeitraum vom 1.12.2000 bis zum 31.12.2004 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Die Klägerin erklärte in einer "Bescheinigung zur Vorlage bei der BfA-Prüfung" vom 18.1.2005, dass man sich nicht mehr in der Lage sehe, den betroffenen Personenkreis der Preisträger der Jahre 1999 bis 2002 ohne erheblichen Zeitaufwand zu ermitteln. Bemühungen der Beklagten, den betroffenen Personenkreis zu ermitteln, sind nicht aktenkundig. Nach Auswertung der Ergebnisse der Lohnsteuer-Außenprüfung des X laut Bericht vom 18.10.2002 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 17.5.2005 insgesamt 19.351,83 EUR an Sozialversicherungsbeiträgen nach, für die Jahre 1999 bis 2002 in Höhe von 15.964,38 EUR als Summenbescheid und für das Jahr 2003 unter Zugrundelegung personenbezogener Arbeitsentgelte. Sie beanstandete dabei, dass einige Arbeitnehmer der Klägerin in den Jahren 1999 bis 2003 aus Zinserträgen der Rechtsvorgängerin der Klägerin aus von Prof. Dr. L übertragenen Wertpapieren und im Jahr 2004 aus Zinserträgen der zwischenzeitlich am 17.12.2003 gegründeten "Prof. Dr. L Stiftung" im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Krankenschwester bzw. -pfleger und ihrer Eigenschaft als langjährige Angehörige der Klägerin Preisgelder erhalten hätten. Diese so genannten Treuepreise seien beitragsfrei ausgezahlt worden, obwohl sie als Lohnzahlung zu qualifizieren seien. Die Aufzeichnungspflicht sei nicht ordnungsgemäß erfüllt worden. Daher habe die Versicherungspflicht oder die Beitragspflicht oder die Beitragshöhe zur Kranken-, Pflege- und Renten- sowie Arbeitslosenversicherung für die Zeiträume bis einschließlich des Jahres 2002 nicht festgestellt werden können. Die Beiträge seien daher nach § 28f Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) anhand der in Anlehnung an die zwischen dem Arbeitgeber und dem Finanzamt rechtskräftig festgestellten Summen ermittelt worden.
Mit dem am 15.6.2005 erhobenen Widerspruch wandte sich die Klägerin gegen die Beitragsnachforderung auf der Grundlage der gezahlten Treuepreise. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die vergebenen Preisgelder keiner Einkunftsart zuzuordnen seien, da sie das Lebenswerk bzw. Gesamtschaffen würdigten, die Persönlichkeit oder Grundhaltung auszeichneten und die Vorbildfunktion eines jeden Preisträgers herausstellen sollten. Die Treuepreise seien demnach nicht als Ertrag der Arbeit anzusehen und stünden nicht im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3.3.2006 zurück. Nach § 14 SGB IV zählten zum Arbeitsentgelt auch solche Einnahmen, die im Zusammenhang mit der Beschäftigung erzielt w...