Entscheidungsstichwort (Thema)
Honorarrückforderung durch die Kassenärztliche Vereinigung bei nicht ordnungsgemäß erstellter Abrechnungs-Sammelerklärung
Orientierungssatz
1. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer vertragsärztlichen Honorarabrechnung erstreckt sich darauf, ob die abgerechneten Leistungen überhaupt, in vollem Umfang, mit erforderlicher Genehmigung oder innerhalb des maßgeblichen Fachgebietes erbracht worden sind, vgl. BSG, Urteil vom 01. Juli 1998 - B 6 KA 48/97 R.
2. Tagesprofile sind ein geeignetes Beweismittel, um einem Arzt unkorrekte Abrechnungen nachweisen zu können. Diese haben, wenn sie ordnungsgemäß erstellt sind, Indizwirkung. Ergibt sich in einem Tagesprofil eine tägliche Gesamtarbeitszeit, die der Arzt unmöglich geleistet haben kann, so ist die Schlussfolgerung gerechtfertigt, er könne nicht alle abgerechneten Leistungen vollständig erbracht haben.
3. Die ordnungsgemäß erstellte Abrechnungs-Sammelerklärung ist eine eigenständige Voraussetzung für das Entstehen des Honoraranspruchs. Sie ist bereits dann unrichtig, wenn nur ein mit ihr erfasster Behandlungsausweis eine unrichtige Angabe über erbrachte Leistungen enthält. Nach Aufhebung des unrichtigen Honorarbescheides kat die Kassenärztliche Vereinigung (KV) das dem Vertragsarzt zustehende Honorar neu festzusetzen, vgl. BSG, Urteil vom 17. September 1997 - 6 RKa 86/95.
4. Hierbei ist die KV berechtigt, das zustehende Honorar zu schätzen. Sie kann sich im Wege pauschalierender Schätzung damit begnügen, dem Vertragsarzt ein Honorar in Höhe des Fachgruppendurchschnitts zuzuerkennen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.04.2008 wird zurückgewiesen. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.04.2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens zu 96 % und die Beklagte zu 4 %.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist eine Honorarrückforderung für die Quartale IV/1999 bis IV/2001.
Der Kläger ist Facharzt für Orthopädie und war vom 01.07.1995 bis zur Gründung einer Gemeinschaftspraxis zum 01.01.2002 in Einzelpraxis zur vertragsärztlichen Versorgung in L zugelassen. Er nahm seit 01.04.1997 mit entsprechender Genehmigung an der Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten gemäß der Vereinbarung über die ambulante Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten (Schmerztherapievereinbarung; Anlage 12 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä)) teil.
Im Anschluss an wiederholte Plausibilitätsprüfung wurde gegen den Kläger ein Zulassungsentziehungsverfahren durchgeführt. Dem Kläger wurde eine ungewöhnlich hohe Abrechnungshäufigkeit für die Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten sowie Implausibilitäten bei der Abrechnung diverser Gebührenziffern des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) vorgeworfen. In der Sitzung des Zulassungsausschusses für Ärzte Düsseldorf am 04.11.2003 wurde auszugsweise und insofern vom Kläger unwidersprochen Folgendes protokolliert:
Als Anlage (zu den Entziehungsanträgen) werden 46 exemplarische Abrechnungsscheine von verschiedenen Patienten aus den Quartalen IV/2002 und I/2003 beigefügt. ( ...)
Auf die Frage, warum die Ziffer 17 EBM immer als erste Leistungsziffer im Quartal und warum diese bei jedem der 46 exemplarisch beigefügten Patienten über mehrere Quartale abgerechnet wird, antwortet (der Prozessbevollmächtigte des Klägers) sinngemäß "offenkundig ist an den Tagen 01.07. und 01.10.2002 ein Fehler passiert. Nach den Ursachen (wird) geforscht". ( ...) Die Ziffer 8450 findet bei ihm Anwendung, wenn ein Patient mit chronischen
Schmerzen erscheinen würde oder wenn bei einem Patienten die Gefahr einer Chronifizierung seiner Schmerzsymptome bestehen würde. ( ...)
(Der Vorsitzende des Zulassungsausschusses) beschreibt das Tagesprofil der Praxis am Beispiel des 01.07.2002. So würde die Praxis an diesem Tag ein Zeitprofil von ca. 56 Stunden aufweisen, ohne dass die zum Ansatz gebrachten Ziffern 8450 berücksichtigt wurden. Unterstellt man, dass der Zeitaufwand von 30 Minuten für die Erbringung der Leistung der Ziffer 8450 betragen würde, würden weitere 50 Stunden an diesem Tag mit einbezogen werden. Selbst bei einem Zeitaufwand von lediglich 15 Minuten, wären noch 26 Stunden, zu den genannten 56 Stunden hinzuzuziehen. (Von u.a. dem Kläger) wird darauf hin erklärt (Zitat): " ... Die Dinge, die hier extraordinär herausgestellt sind, werden nicht in Abrede gestellt ... es sind Fehler gemacht worden ...". Gründe für die Ursache werden nicht genannt. Allerdings wird herausgestellt, dass lediglich die Tage 01.07. und 01.10. fehlerhaft sind."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 504 ff. der beigezogenen Strafakte des Landgerichts Düsseldorf 20 KLS 3/08) Bezug genommen.
Die Beklagte hob mit Bescheid vom 16.03.2004 die Honorarbescheide für die Quartale IV/1999 bis einschließlich IV/2001 teilweise auf, kürzte die Ansätze der Ziffern 17, 18, 301, 801 und 2460 EBM honorarminde...