Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Verfassungsmäßigkeit. Bezirksschornsteinfegermeister
Orientierungssatz
Die Anrechnungsvorschrift des § 93 Abs 1 Nr 1 SGB 6 in der ab dem 1.1.1997 geltenden Fassung verstößt nicht gegen das GG ( Art 3 und 14 ).
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Anrechnung der Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der ... 1933 geborene Kläger war bis zum 09. April 1968 als Schornsteinfeger bei der Beklagten pflichtversichert. Danach entrichtete er als Bezirksschornsteinfegermeister Handwerkerpflichtbeiträge zur Rentenversicherung und war kraft Satzung unfallversichert bei der Bau-Berufsgenossenschaft Rheinland und Westfalen (BG).
Der Kläger erhält aufgrund eines im Oktober 1953 erlittenen Arbeitsunfalls seit dem 01. Oktober 1980 von der BG eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H.
Mit bindendem Bescheid vom 15. Februar 1998 gewährte die Beklagte dem Kläger antragsgemäß ab dem 01. April 1998 Regelaltersrente.
Von dem errechneten Rentenwert in Höhe von 2.166,46 DM zahlte sie dem Kläger wegen der Anrechnung seiner Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung 1.813,69 DM aus.
Am 21. Januar 2000 beantragte der Kläger gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X), die Anrechnung der Verletztenrente auf seine Regelaltersrente zu überprüfen. Zur Begründung führte er aus, die Rentenversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) seit dem 01. Oktober 1970 allein aufgebracht und dadurch Rentenanwartschaften erworben zu haben. Die Anrechnung der Unfallrente auf die Regelaltersrente verletze diese eigentumsgleiche Position und verstoße gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Grundgesetz (GG).
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, die Anrechnung gem. § 93 SGB VI habe unabhängig davon zu erfolgen, ob die Regelaltersrente auf freiwilliger Beitragsleistung beruhe oder -- wie im Falle des Klägers -- auf einer Zahlung von Pflichtbeiträgen aufgrund einer selbständigen Tätigkeit als Bezirksschornsteinfegermeister gem. § 2 Nr. 8 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI (Bescheid vom 05. April 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2000).
Im Klageverfahren hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hält § 93 SGB VI in der anzuwendenden Fassung für verfassungswidrig, da § 93 SGB VI auch für allein gezahlte Beiträge die Anrechnung anordne. Hiermit überschreite der Gesetzgeber die durch Art. 14 GG begrenzte Regelungsbefugnis.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 05. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Rentenbescheid vom 15. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 1998 teilweise zurückzunehmen und ihm die Regelaltersrente ungekürzt zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 01. Februar 2001 hat das Sozialgericht Dortmund die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe rechnerisch richtig und in zutreffender Anwendung des § 93 SGB VI die gewährte Unfallrente auf die Regelaltersrente angerechnet. Ein Verstoß der Vorschrift des § 93 SGB VI gegen Art. 14 Abs. 1 GG oder Art. 3 GG sei nicht ersichtlich.
Im Berufungsverfahren ist der Kläger weiterhin der Auffassung, dass § 93 SGB VI mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG nicht vereinbar sei. Je höher der Anteil der eigenen Leistung an einer Rentenanwartschaft sei, desto stärker komme die Eigentumsgarantie zum Tragen. Er habe zum einen doppelte Beiträge zur gesetzlichen Altersversorgung gezahlt. Zum anderen sei der Höchstbetrag für Sonderausgaben nach § 10 Abs. 3 Einkommenssteuergesetz (EStG) für ihn nicht erhöht worden, was bedeute, dass er als Bezirksschornsteinfegermeister den größten Teil seiner Beiträge sogar aus versteuertem Geld aufzubringen gehabt habe.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 01. Februar 2001 zu ändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 05.04.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2000 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 15. Februar 1998 und Auszahlung einer höheren Regelaltersrente gemäß § 44 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit s...