Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsanspruch. Versorgungsverwaltung. Krankenkasse. Leistungszweck

 

Orientierungssatz

§ 18c Abs 5 S 2 BVG setzt nicht voraus, daß die von der Versorgungsverwaltung bewilligte Leistung den gleichen Zweck wie eine Leistung der Krankenkasse verfolgt.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 04.10.1995 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Erstattung der Kosten einer Badekur.

Die 1923 geborene frühere Beigeladene, die während des Verfahrens am 01.02.1998 verstorben ist, war als Rentnerin bei der Beklagten versichert. Sie hatte ihren im Oktober 1996 verstorbenen Ehemann gepflegt, der vom Land wegen des kriegsbedingten Verlustes des linken Auges, einer Blindheit rechts und einer kombinierten Schwerhörigkeit beidseits Beschädigtenversorgung nach einer MdE von 100 % und eine Pflegezulage der Stufe III erhalten hatte.

Mit Schreiben vom 01.09.1992 hatte die Beigeladene eine Badekur nach § 12 Abs. 3 BVG beantragt. Ihr war zuletzt vom 17.12.1990 bis 30.01.1991 eine entsprechende Maßnahme bewilligt worden. In ihrem Kurgutachten bejahten die behandelnden Ärzte Dres. T die Notwendigkeit einer vorzeitigen Maßnahme wegen einer disseminierten Encephalomyelitis und eines Zustandes nach Sprunggelenkbruch rechts. Im Vergleich zur letzten Untersuchung hätten die neurologischen Beschwerden zugenommen. Dadurch und durch die Versorgung des blinden Ehemannes habe der gesundheitliche Zustand der Beigeladenen stark gelitten. Regierungsmedizinalrätin I bejahte in einer Stellungnahme vom 23.11.1992 die Notwendigkeit einer Badekur unter Verkürzung der Wartezeit. Die vorzeitige Badekur sei dringend erforderlich zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit und zur Pflege des kriegsblinden Ehemannes sowie zur Verbesserung des Gesundheitszustandes. Die Badekur wurde vom 19.12.1990 bis 30.01.1993 im Kursanatorium S, Bad Münster am Stein, durchgeführt.

Mit Schreiben vom 21.12.1992 hatte der Kläger die Beklagte unter Übersendung der medizinischen Unterlagen um Prüfung gebeten, ob die Voraussetzungen für den Aufwendungsersatz nach § 18 c Abs. 5 Satz 2 BVG vorlägen. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des MDK ein. Dr. M1 wies unter dem 05.02.1993 darauf hin, das neurologische Krankheitsbild sei nicht ausreichend objektiviert. Die letzten neurologischen Befunde stammten aus dem Jahre 1988. Ohne neue fachärztliche Befunde sei die Notwendigkeit einer stationären Behandlung nicht nachvollziehbar, außerdem werde im Kurantrag des behandelnden Arztes die Notwendigkeit einer vorzeitigen Maßnahme nicht ausreichend begründet. Auch nach Vorliegen des Kurentlassungsberichtes blieb Dr. M1 in einer weiteren Stellungnahme vom 21.11.1993 bei ihrer Beurteilung. Mit Schreiben vom 26.11.1993 lehnte die Beklagte die Erstattung der vom Kläger auf 5.370,96 DM bezifferten Kosten unter Hinweis auf die Stellungnahme des MDK ab.

Zur Begründung der am 14.03.1994 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, aus den Befundberichten der behandelnden Ärzte und dem Entlassungsbericht des Kursanatoriums ergebe sich, daß eine Rehabilitationsmaßnahme aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich gewesen sei.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, schon aus Rechtsgründen sei ein Erstattunganspruch nach § 18 c Abs. 5 Satz 2 BVG ausgeschlossen, da nach § 12 Abs. 1 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nr. 6 BVG auch medizinische Leistungen zur Rehabilitation Bestandteil der Krankenbehandlung seien. Dieser Leistung gegenüber sei die Badekur nach § 12 Abs. 3 BVG subsidiär. Entscheide sich die Versorgungsbehörde trotz eines bestehenden Rehabilitationsbedarfes für die Gewährung einer Badekur, bewillige sie damit eine hinsichtlich der Zweckbestimmung andere Leistung als die, zu der die Krankenkasse gegebenenfalls verpflichtet wäre.

Das Sozialgericht hat einen Befundbericht von den behandelnden Ärzten Dres. T eingeholt und den Arzt für Chirurgie Dr. C gehört. Dieser hat in seinem Gutachten vom 27.02.1995 gemeint, eine vorzeitige Kurmaßnahme sei wegen des nachweislich verschlechterten Gesundheitszustandes der früheren Beigeladenen erforderlich gewesen, auch sei eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme einer ambulanten Maßnahme weit überlegen. Auf das Gutachten wird Bezug genommen.

Mit Urteil vom 04.10.1995 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, die Kosten der durchgeführten Badekur dem Grunde nach zu erstatten. Mit Beschluss vom 07.08.1996 hat es auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten die Berufung gegen das Urteil zugelassen.

Die Beklagte hält im Berufungsverfahren an ihrer Fassung fest, daß sich eine Badekur zur Erhaltung der Pflegefähigkeit von ihrem Zweck her von einer stationären Behandlung in einer Rehabilitationseinrichtung unterscheide. Nachdem nunmehr der Anspruch auf Krankenbehandlung auch die stationäre Behandlung in einer Rehabilitationseinrichtung einschließe, könne eine Badekur nicht mehr bewilligt werden, wenn...

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