Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. zahnärztliche Behandlung. Kostenerstattung. Genehmigungsfiktion. Erlöschen der fingierten Bewilligung von Zahnersatz aufgrund eines Heil- und Kostenplans nach Ablauf von sechs Monaten. Ausnahmeindikation für implantologische Leistungen
Orientierungssatz
1. Ein Versicherter kann sein Leistungsbegehren nach Ablauf von sechs Monaten ab Eintritt einer fingierten Bewilligung von Zahnersatz aufgrund eines eingereichten Heil- und Kostenplans nicht mehr auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion stützen (vgl BSG vom 27.8.2019 - B 1 KR 9/19 R = BSGE 129, 62 = SozR 4-2500 § 13 Nr 49).
2. Zum Vorliegen einer Ausnahmeindikation für implantologische Leistungen im Sinne von § 28 Abs 2 S 9 SGB 5.
Nachgehend
Tenor
Die Klägerin begehrt Kostenerstattung für eine bereits durchgeführte Versorgung mit Zahnimplantaten sowie die Gewährung der darauf aufbauenden Suprakonstruktion als Sachleistung.
Tatbestand
Die am 00.00.1958 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin beantragte am 22.06.2015 unter Vorlage eines „privaten Heil- und Kostenplans“ des Universitätsklinikums N (UKN) vom 10.03.2015 über eine geplante implantologische Versorgung (4.930,82 Euro) sowie eines vom 26.05.2015 datierenden Heil- und Kostenplanes des Prof. Dr. Dr. G, UKN, über eine zahnprothetische Behandlung (6570,10 Euro abzüglich Festzuschüsse in Höhe von 403,52 Euro = 6166,58 Euro Eigenanteil) die Kostenübernahme für die beabsichtigte Behandlung. Zur Begründung gab sie an, dass eine Ausnahmeindikation im Sinne der Richtlinien des Gemeinamen Bundesausschusses gemäß § 91 Abs. 6 SGB V, § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V wegen Schleimhautveränderungen im Oberkiefer vorliege, die durch das Tragen einer Zahnprothese entstanden seien.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung der Klägerin sowie der geplanten implantologischen Versorgung durch Prof. Dr. Dr. F, Chefarzt der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, L-Krankenhaus S. Der Sachverständige gelangte zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Untersuchung sowie der Wertung eines pathohistologischen Befundes keine Ausnahmeindikation gemäß § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V, Abschnitt VII Nr. 2 der Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen zu bejahen sei. Eine konventionelle prothetische Versorgung sei möglich. Pathohistologisch sei ein Reizfibrom ohne weitere Besonderheiten nachgewiesen (Stellungnahme vom 20.07.2015). Daraufhin lehnte die Beklagte die Gewährung der geplanten implantologischen Versorgung durch den (bestandskräftigen) Bescheid vom 23.07.2015 ab.
Am 02.12.2015 legte die Klägerin der Beklagten den (an die Klägerin gerichteten) „allgemeinen Bericht der Dr. Q, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, UKN, vom 11.11.2015 vor. Hier heißt es u.a. (wörtlich): „Seit September 2014 besteht bei Ihnen eine Schleimhautveränderung im Bereich des Hartgaumens mittig. Die weiterführende immunhistologische Untersuchung deutet eher auf eine Plattenepithelhyperplasie hin. … Auch im Rahmen der am 23.10.2015 erfolgten ausgedehnteren Exzision des Befundes sind patho-histologisch weitere Anteile der bereits vorher diagnostizierten pseudoepithelomatösen Plattenepithelhyerplasie der Gaumenmitte mit einer chronischen Begleitentzündung nachzuweisen … Nach wie vor fällt auch an diesem Material die Abgrenzung zu einem hoch differenzierten Plattenepithelkarzinom sehr schwer … Aufgrund des aktuellen Ergebnisses und der persistierenden weder klinisch noch patho-histologisch eindeutigen Befundsituation halten wir die Notwendigkeit der Reizreduktion auf die Mundschleimhaut zur Verhinderung einer entzündlichen Irritation für medizinisch indiziert. Wir empfehlen Ihnen die erneute Rücksprache mit Ihrer Krankenkasse unter Anbetracht der aktuellen Entwicklung und Ergebnisse zur erneuten Prüfung der beantragten implantologisch prothetischen Neuversorgung“. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine erneute Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. F. Dieser teilte unter dem 08.02.2016 mit, dass die erneute Untersuchung wiederum ergeben habe, dass keine Ausnahmeindikation gemäß § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V, Abschnitt VII Nr. 2 der Richtlinie des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen vorliege; eine konventionelle prothetische Versorgung sei möglich. Durch Bescheid vom 08.02.2016 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme einer Implantatversorgung erneut ab.
Auf Anregung des Prof. Dr. Dr. F holte die Beklagte ein „Obergutachten“ des Prof. Dr. Dr. U, N, ein, der in seiner Stellungnahme vom 18.03.2016 ausführte, dass die implantatprothetische Versorgung des Oberkiefers medizinisch indiziert sei, um eine weitere Irritation der Gaumenschleimhaut zu vermeiden. Nach den strengen Kriterien des § 28 SGB V liege trotz der Vorgeschichte und des klinischen Befundes keine Ausnahmeindikation vor. Die Beklagte lehnte daraufhin die Implantatversorgung durch den weiteren Bescheid vom 29.03.2016 wiederum ab.
Dagegen legte di...