Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Einheitlicher Bewertungsmaßstab. Ausschluß der bariumhaltigen Kontrastmittel von einer gesonderten Vergütung. kein Verstoß gegen höherrangiges Recht
Orientierungssatz
Der Ausschluß der Kosten für bariumhaltige Kontrastmittel im Gegensatz zu jodhaltigem Kontrastmittel von einer gesonderten Vergütung (Sprechstundenbedarf) im Rahmen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob im Einheitlichen Bewertungsmaßstamm (EBM) Kosten für bariumhaltige Kontrastmittel im Gegensatz zu den jodhaltigen von einer gesonderten Vergütung (Sprechstundenbedarf) ausgeschlossen werden können.
Die Klägerin produziert und vertreibt das bariumhaltige Kontrastmittel "Micropaque CT", das bei computertomografischen Abbildungen des Gastrointestinaltraktes verwandt wird. Ein bariumhaltiges Mittel ist dafür bei mindestens 80% der Untersuchungen das besser geeignete Mittel, weil es für Röntgenstrahlen undurchdringbar ist, keine pharmakologischen Wirkungen hat, nicht in den Stoffwechsel übergeht, keine schweren Durchfälle oder allergische Reaktionen hervorruft und nachfolgend erforderliche operative Eingriffe nicht verzögert. Lediglich in besonders streng indizierten Fällen ist die Verwendung eines jodhaltigen Kontrastmittels erforderlich.
Nach den Bestimmungen des EBM (Abschnitt Q I) sind die Kosten für Kontrastmittel auf Bariumbasis bei computertomografischen Untersuchungen in den abrechnungsfähigen Leistungen enthalten, während entsprechende jodhaltige Kontrastmittel als Sprechstundenbedarf zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden können.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen: Die pauschale Vergütung der Kosten für bariumhaltige Kontrastmittel als Teil der ärztlichen Vergütung sei nicht gerechtfertigt. Die bestehende Regelung sei lediglich historisch bedingt, da man früher bei Röntgenuntersuchungen fast ausschließlich ein bariumhaltiges Kontrastmittel verwandt habe. Denn die Kosten für das Kontrastmittel seien damals nicht gesondert abrechenbar gewesen, weil es keine entsprechenden untersuchungsbezogenen Handelsformen für diese Kontrastmittel gegeben habe; der untersuchende Arzt habe vielmehr das Kontrastmittel in großen Einheiten eingekauft und individuell dem Patienten zugeordnet. Zu Beginn der computertomografischen Diagnostik des Gastrointestinaltraktes habe es nur jodhaltige Kontrastmittel gegeben. Die Klägerin sei es gewesen, die als erste ein für die Untersuchung besser geeignetes bariumhaltiges Kontrastmittel entwickelt habe, das in kleineren Einheiten (untersuchungsbezogen) vertrieben werde. Auf Grund der streitigen Regelung im EBM werde ihr Produkt und damit sie selber ohne rechtlichen Grund diskriminiert. Das Behandlungsverhalten der Ärzte werde dahingehend beeinflusst, dass sie wegen der gesonderten Abrechnungsmöglichkeit und der damit im Ergebnis höheren Vergütung vielfach trotz anderer Indikationen ein jodhaltiges Kontrastmittel verwenden. Der Klägerin entgehe ein Umsatzpotential von rund 600.000 DM bis 800.000 DM. Im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern sei hinsichtlich der Abrechnungsfähigkeit über Sprechstundenbedarf eine Gleichbehandlungsvereinbarung erreicht worden. Stillschweigend erfolge eine Gleichbehandlung auch im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe. Im Ergebnis werde die Klägerin jedoch in 80% des Bundesgebietes durch die bestehende Regelung im EBM benachteiligt.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, den Abschnitt Q I Abs. 2 EBM dahingehend zu ändern, dass sich die Einschränkung nicht auf die Ziffer 5211 bezieht.
Die Beklagte zu 9) hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage gegen den Beklagten zu 1) sei unzulässig, da seine Mitglieder weisungsgebunden seien. Aus den Grundrechten aus Artikel 12 und 14 Grundgesetz (GG) ergebe sich kein Anspruch seitens der Leistungsanbieter auf eine Steuerungsentscheidung durch Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, da die Leistungsanbieter dadurch allenfalls mittelbar betroffen seien. Zwar möge die bestehende Regelung im EBM für die Klägerin sich gewinnhemmend auswirken, jedoch seien reine Gewinnchancen nicht schützenswert.
Mit Urteil vom 25.08.1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die Klage gegen den Beklagten zu 1) sei unzulässig, da der Bewertungsausschuss nicht beteiligtenfähig sei. Die Klage gegen die Beklagten zu 2) bis 9) hat das Sozialgericht im Sinne einer "Normenerlassklage" als zulässig, aber unbegründet angesehen. Dies ergebe sich daraus, dass die Klägerin mit ihrem Produkt erst in den Markt vorgedrungen sei, als der EBM bereits geregelt hatte, dass die Kosten für Kontrastmittel auf Bariumbasis in den abrechnungsfähigen Leistungen enthalten seien. Eine Wettbewerbsverzerrung entstehe...