Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlbarmachung von Rente aus Beschäftigungen in einem Ghetto. Ghetto Krakau -rentenversicherungspflichtiges Arbeits-/Beschäftigungsverhältnis. Ghettoarbeit. eigener Willensentschluss. Entgeltlichkeit
Orientierungssatz
Zur Auslegung der in § 1 Abs 1 ZRBG genannten Erfordernisse einer "aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen" und "gegen Entgelt" ausgeübten Beschäftigung im Ghetto Krakau (Entgegen BSG vom 14.12.2006 - B 4 R 29/06 R = SozR 4-5075 § 1 Nr 3).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.05.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Regelaltersrente aus der deutschen Rentenversicherung. Dabei macht die Klägerin Versicherungszeiten für eine Beschäftigung im Ghetto Krakau nach den Vorschriften des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) geltend.
Die 1927 in Krakau geborene Klägerin ist jüdischen Glaubens und Verfolgte im Sinne des § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG). Seit 1951 lebt sie in Israel und besitzt die israelische Staatsbürgerschaft.
Ausweislich der Entschädigungsakten des Amtes für Wiedergutmachung in Saarburg hat die Klägerin eine Entschädigung für einen Schaden an Freiheit u. a. im Ghetto Krakau erhalten. Im Rahmen dieses Entschädigungsverfahrens hatte die Klägerin in einer Erklärung vom 20.10.1955 u. a. angegeben, sie sei Anfang des Jahres 1940 aus Krakau ausgewiesen worden und nach Zabawa bei Wielicka gekommen. Von da aus sei sie im Juli 1941 mit ihrer Familie in das ZAL Plaszow verschickt worden. Sie seien in Holzbaracken bei der Baustelle der Firma K interniert worden. Im September 1942 habe man sie in das Ghetto Krakau überstellt. Sie habe dort erst im letzten Zeitabschnitt im Schneiderressort für die deutsche Wehrmacht gearbeitet. Im März 1943 sei sie erneut nach Plaszow überstellt worden. Sie habe Zwangsarbeit in der Großschneiderei geleistet. Im Oktober 1944 habe man sie nach Auschwitz und dann weiter über Birkenau, Bergen-Belsen und Aschersleben nach Theresienstadt gebracht. Dort sei sie am 08.05.1945 befreit worden.
Der Zeuge M R und die Zeugin S J hatten im Rahmen dieses Entschädigungsverfahrens erklärt, sie seien von Juli 1941 bis September 1942 mit der Klägerin im Zwangsarbeitslager Plaszow gewesen. Die Klägerin habe dort bei der Firma K Zwangsarbeit geleistet.
Die Zeuginnen L G und H K hatten 1955 erklärt, sie seien mit der Klägerin von September 1942 bis Februar 1943 im Ghetto Krakau gewesen. Die Klägerin habe dort mit ihnen Zwangsarbeit bei der Heeresunterkunftsverwaltung und in der SS-Küche geleistet. Von März 1942 bis Oktober 1944 seien sie mit der Klägerin im ZAL Plaszow gewesen. Dort hätten sie gemeinsam Zwangsarbeit in der SS-Küche und im Schneiderressort geleistet.
Die Zeugen I A und C W hatten im Rahmen des Entschädigungsverfahrens erklärt, sie hätten zusammen mit der Klägerin bis Juli 1941 in Zabawa bei Wielicka Zwangsarbeit verrichtet.
Die Klägerin hat eine Entschädigungsleistung von der Conference of Jewish Material Claims against Germany (Claims Conference) - Art. 2 Fund - aufgrund ihres Verfolgungsschicksals erhalten. In diesem Verfahren hatte die Klägerin im Jahr 1993 u. a. angegeben, sie habe vor dem Krieg in Krakau gelebt. Als im Jahr 1941 das Ghetto Krakau errichtet worden sei, sei sie mit ihrer Familie nach Wielicka geflüchtet. Auch dort sei sie Verfolgungen ausgesetzt gewesen. Im Jahr 1942 sei es ihr gemeinsam mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern gelungen, von der Firma K aufgenommen zu werden, da ihr Vater dort schon gearbeitet habe. Nach etwa zwei Monaten habe sie die Gestapo dort entdeckt und habe sie in das Gefängnis im Ghetto Krakau gebracht. Es sei ihnen gelungen ins Ghetto selbst zu flüchten. Sodann sei das ganze Ghetto zur Liquidation gekommen und ihre Eltern, ihr Bruder und sie seien nach Plaszow deportiert worden. Das sei ihrer Erinnerung nach Anfang 1943 gewesen. Im KZ Plaszow habe sie Zwangsarbeit in der Schneiderei geleistet, wo man Uniformen für das Militär anfertigte. Dafür hätten sie eine sehr schmale Kost erhalten.
Die Klägerin hat weiter eine Entschädigung von der Claims Conference (Zwangsarbeiterfonds) für ihr Verfolgungsschicksal im Ghetto Krakau, im Arbeitslager Plaszow und im KZ Aschersleben in den Jahren 1940-1945 erhalten. In ihrem Antrag hatte die Klägerin als Ort der Inhaftierung, an dem die Zwangsarbeit/körperliche Schwerstarbeit erfolgte, angeben: Krakau - Zabawa b. Wielicka, KZ Aschersleben 1940-1945.
Am 03.11.2002 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Altersrente aus der deutschen Rentenversicherung nach dem ZRBG. In dem Formularrentenantrag gab sie im Jahr 2004 nur ihre selbständige Tätigkeit in Israel von 1957 bis 2001 an. Im Fragebogen zur Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG erklärte die Klägerin im Januar 2004 u. a., sie sei von 1941 bis 1942 im G...