Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachentrichtung von Beiträgen nach dem WGSVG. Antragsfrist. Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten im Ghetto Lodz
Orientierungssatz
Zum Ablauf der Antragsfrist für die Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 21 WGSVG von Verfolgen, die Beschäftigungszeiten im Ghetto Lodz zurückgelegt haben.
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen gemäß § 21 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG).
Die ... 1922 als polnische Staatsangehörige in K/Polen geborene Klägerin ist Jüdin.
Während der Zeit der nationalsozialistischen Verfolgung, für die sie wegen Schadens an Freiheit in der Zeit vom 01. Mai 1940 bis Februar 1945 nach Maßgabe des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) entschädigt worden ist, befand die Klägerin sich von Mai 1940 bis August 1944 im Ghetto Lodz. Nach dem Ende der nationalsozialistischen Verfolgung hielt sie sich erneut in Polen auf. Von dort wanderte sie im Juli 1961 nach Australien aus, wo sie am 01. August 1961 ankam. Sie hat die australische Staatsangehörigkeit erworben und lebt auch heute noch in Australien.
Am 25. September 1997 beantragte sie die Gewährung von Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten vom 01. Mai 1940 bis zum 26. August 1944 im Ghetto Lodz als Hilfsarbeiterin im Strohschuhressort. Am 26. Februar 1998 beantragte sie die Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 21 WGSVG. Mit Bescheid vom 27. Mai 1999 lehnte die Beklagte den Antrag auf Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen gemäß § 21 WGSVG ab. Der Antrag sei bis zum 31. Dezember 1990 zu stellen gewesen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht möglich. Zugleich stellte sie in den Versicherungsverlauf der Klägerin eine Pflichtbeitragszeit gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 b Fremdrentengesetz (FRG) von Mai 1940 bis Dezember 1941 sowie Ostgebiete -- Pflichtbeiträge nach Maßgabe der Versicherungsunterlagenverordnung (VuVO) von Januar 1942 bis August 1944 sowie Ersatzzeiten von November 1939 bis Februar 1945 ein.
Den gegen die Ablehnung der Zulassung zur Beitragsnachentrichtung erhobenen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle bei der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 05. August 1999 zurück.
Gegen den Bescheid vom 05. August 1999 hat die Klägerin am 10. August 1999 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie die Ansicht vertreten, die Antragsfrist sei für sie neu eröffnet worden. Durch das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Juni 1997, 5 RJ 66/95, sei der zur Nachentrichtung berechtigte Personenkreis erweitert und somit der Fristablauf gegenstandslos geworden. Die Beklagte hat die angefochtenen Entscheidungen verteidigt.
Mit Urteil vom 23. November 1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen gemäß § 21 WGSVG zuzulassen. Sie habe die bis zum 31. Dezember 1990 gesetzte Antragsfrist versäumt. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, eine Nachsichtgewährung auf Treu und Glauben oder ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch komme nicht in Betracht. Durch das Urteil des BSG vom 18. Juni 1997 sei das Recht weder fortgebildet noch der Kreis der zur Nachentrichtung von Beiträgen gemäß § 21 WGSVG Berechtigten erweitert worden.
Gegen dieses, am 14. Januar 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25. Januar 2000 Berufung eingelegt.
Zur Begründung hat sie behauptet, bis zum Ablauf der Frist ihr Nachentrichtungsrecht nicht gekannt zu haben. Sie sei deshalb objektiv nicht dazu in der Lage gewesen, ihr Recht auszuüben. Bis zum Urteil des BSG vom 18. Juni 1997 seien Tätigkeiten während des Aufenthaltes im Ghetto nur als Ersatzzeiten bewertet worden. Bis zu diesem Urteil sei eine Beitragsfiktion bei im Ghetto verrichteten Arbeiten stets ausgeschlossen worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23. November 1999 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Mai 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. August 1999 zu verurteilen, sie zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen gemäß § 21 WGSVG zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der Einzelheiten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen und zum Verfahrensgegenstand gemachten Rentenakten der Beklagten sowie der Entschädigungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte durch den Berichterstatter als Einzelrichter unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Urteil ohne mündliche Verhand...