Entscheidungsstichwort (Thema)
Risikostrukturausgleich. Datengrundlage. Fehlerquote. Korrektur. Rückwirkung. Rechtsstaatsprinzip
Leitsatz (redaktionell)
Die 1997 noch bestehenden Defizite bei den Datengrundlagen schlossen die Durchführung des Risikostrukturausgleichs nicht aus.
Normenkette
SGB V § 266 Abs. 6 S. 7, Abs. 7 S. 1 Nr. 11; RSAV § 15a Abs. 2; GG Art. 20 Abs. 1
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 28.02.2000 geändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Jahresausgleich für 1997 im Risikostrukturausgleich (RSA).
Die Klägerin ist eine nichtgeöffnete Innungskrankenkasse, die rund 460.000 Mitglieder und 240.000 Familienversicherte hatte. Mit Bescheid vom 11.02.1999 hat die Beklagte im Rahmen der RSA den Jahresausgleich für das Jahr 1997 festgestellt und in dem Bescheid auch die Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) abgerechnet. Der Bescheid weist eine Finanzkraft der Klägerin von 2.076.859.915,27 DM aus (Pos. 11 des Bescheides). Dem stand eine Gesamtsumme des Beitragsbedarfs von 1.790.338.900,92 DM (Pos. 4) gegenüber; in deren Berechnung war eine Korrektur des Beitragsbedarfs aus den Vorjahren von 34.087.230,45 DM zu Lasten der Klägerin enthalten (Pos. 2). Die Ausgleichsverpflichtung (Pos. 12) belief sich auf 286.521.014,35 DM; abzüglich der geleisteten Abschlagszahlungen verblieb ein Ausgleichsbetrag (Pos. 14) von 99.982.023,88 DM. Im Rahmen der Abrechnung der KVdR-Beiträge ergab sich ein Ausgleichsbetrag zu Gunsten der Klägerin (Pos. 19) von 477.115,22 DM, so dass insgesamt ein Ausgleichsbetrag von 99.204.908,66 DM verblieb. Die Position 2 (Korrektur des Beitragsbedarfs aus den Vorjahren) wurde in der Anlage "Allgemeine Erläuterung" begründet; insoweit sind im Jahresausgleich 1997 aufgrund berichtigter Versicherungszeitenstatistiken der Jahre 1994 bis 1996 Berichtigungen der Beitragsbedarfe für diese Jahre vorgenommen worden. Für das Jahr 1994 sind dabei die im endgültigen Jahresausgleich 1994 verwendeten Verhältniswerte berücksichtigt worden, für die Jahre 1995 und 1996 sind neue Verhältniswerte ermittelt und der Berechnung zu Grunde gelegt worden. Die sich danach ergebenden Ausgleichszahlungen sind zu je 1/3 auf die Kalenderjahre 1997 bis 1999 verteilt worden, in dem angefochtenen Bescheid wird dementsprechend das auf das Jahr 1997 entfallende Drittel berücksichtigt.
Die Klägerin hat am 23.02.1999 Klage erhoben. Zu deren Begründung hat sie vor allem die unzureichende Datengrundlage bezüglich des Versichertenbestandes gerügt. Insbesondere seien die Familienversichertenverzeichnisse bei den Krankenkassen nur unzulänglich geführt worden. Während sie selbst eine vorbildliche Bereinigung ihrer Mitgliederdateien vorgenommen habe, sei die von den Kassen insoweit vorgenommene Bereinigung der Familienversichertenstatistiken in weitem Umfang nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Prüfungen der Aufsichtsbehörden bei den Kassen bezüglich der Bereinigung der Versichertenstatistiken seien unzureichend gewesen. Zahlreich geprüfte Kassen hätten hohe Fehlerquoten aufgewiesen. Ferner seien die Leistungsausgaben durch ein unzulängliches Verfahren ermittelt worden. Das angewandte Stichprobenverfahren habe keine repräsentativen Daten gewährleisten können. Insoweit rügt sie unter Hinweis auf ein statistisches Gutachten von Kricke/Männer (Repräsentativität der Stichprobenerhebung im Risikostrukturausgleich, Februar 1998) den Stichprobenumfang und die fehlende Repräsentativität der erhobenen Daten. Auch die Neuberechnung des Beitragsbedarfs für die Jahre 1994 bis 1996 sei rechtswidrig. Es liege ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor, ferner werde die haushaltsrechtliche Planbarkeit gefährdet und damit das Selbstverwaltungsrecht verletzt. Soweit die Verhältniswerte für 1995 und 1996 auf der Grundlage der Verhältniswerte von 1997 korrigiert worden seien, sei nicht beachtet worden, dass die Verhältniswerte für 1997 nicht repräsentativ für die Verhältnisse in den Jahren 1995 und 1996 seien, da im Jahr 1997 Gesetzesänderungen im Leistungsrecht wirksam geworden seien.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 28.02.2000 den Bescheid insoweit aufgehoben, als er die Beitragsbedarfskorrekturen aus den Vorjahren betrifft (Position 2). Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Beide Beteiligte haben gegen das Urteil Berufung eingelegt.
Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen ihre Klagebegründung und rügt zusätzlich formelle Mängel des Bescheides (unterbliebene Anhörung, fehlende Begründung). An ihrer Kritik an der Datengrundlage bezüglich der Versichertenzeiten sieht sie sich durch die von ihr vorgenommene Einsicht in die Prüfungsunterlagen bestätigt. Die Prüfungen hätten erhebliche Fehlerquoten ergeben, was die Klägerin im Einzelnen ausführlich darlegt. Mit dieser hohen Fehlerquote könne der RSA nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden.
Die Klägerin...