nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Erstattungspflicht des Betriebserwerbers. Gekündigtes Arbeitsverhältnis
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat ein Arbeitgeber die Arbeitslosigkeit des Arbeitnehmers nicht in einer Weise herbeigeführt, die es rechtfertigt, ihm die sozialen Folgen aufzubürden, darf ihn eine Erstattungspflicht nach § 128 AFG nicht treffen.
2. Kündigt der Betriebsveräußerer ein Arbeitsverhältnis, das erst nach dem Betriebserwerb ausläuft, so dass nur noch ein formales Arbeitsverhältnis nach § 613a BGB auf den Erwerber des Betriebes übergeht, so ist eine Verantwortungsbeziehung zwischen dem Erwerber und dem bereits gekündigten Arbeitnehmer nicht entstanden und der Erwerber nicht erstattungspflichtig.
Normenkette
AFG §§ 128, 242x Abs. 3 Nr. 1, Abs. 6; SGB III § 431 Abs. 1 S. 1; GG Art. 12 Abs. 1 S. 2; BGB § 613a
Verfahrensgang
SG Düsseldorf (Entscheidung vom 11.02.2003; Aktenzeichen S 3 (32) AL 222/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.02.2003 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 16.03.2000 in Gestalt des Widerrufsbescheides vom 25.07.2000 sowie die Bescheide vom 10.01.2001 und 30.04.2001 werden aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Zügen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich als Arbeitgeberin gegen eine Erstattungspflicht für Leistungen der Beklagten an ihren ausgeschiedenen älteren Arbeitnehmer Herrn I T.
Die Klägerin ist Inhaberin einer Vielzahl von Selbstbedienungswarenhäusern. Mit Wirkung vom 01.01.1999 übernahm sie eine größere Anzahl von Selbstbedienungswarenhäusern der Firma J-Warenhandels-Gesellschaft mbH & Co.oHG (F). Zu diesen Warenhäusern gehörte auch ein Warenhaus in Wilhelmshaven, G-straße 0. Es fand ein arbeitsrechtlicher Betriebsbübergang im Sinne des § 613 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) statt.
In diesem Warenhaus war seit April 1961 der am 00.00.1940 geborene Arbeitnehmer T, zuletzt als Warenhausleiter, beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis endete nach 37 Jahren am 28.02.1999. Unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist von 7 Monaten hatte die Firma J das Arbeitsverhältnis am 02.07.1998 gekündigt. Sie schloss mit dem Arbeitnehmer einen Abwicklungsvertrag, in dem eine Abfindung vereinbart war. Ein Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Wilhelmshaven (Az.: 3 (1) Ca 618/98) wurde von der Firma J und Herrn T am 05.08.1998 vergleichsweise beendet. Die Parteien einigten sich auf die bereits durch die Kündigung ausgesprochene Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist. Der Arbeitnehmer wurde für die Zeit der Kündigungsfrist von der Arbeitsleistung gegen Fortzahlung seiner Bezüge freigestellt. Er erhielt die im Abwicklungsvertrag vereinbarte Abfindung in Höhe von 260.000,- DM. Die Bezüge bis einschließlich Februar 1999 sowie die vereinbarte Abfindung wurden von der früheren Arbeitgeberin gezahlt. Die Klägerin hat nach ihren Angaben keinerlei Zahlungen an Herrn T geleistet. Vom 01.03.1999 bis zum Beginn seiner Altersrente am 01.01.2001 war Herr T arbeitslos und erhielt von der Beklagten Arbeitslosengeld.
Im durch die Beklagte eingeleiteten Anhörungsverfahren brachte die Klägerin ihre Auffassung zum Ausdruck, dass nicht sie, sondern die Betriebsveräußererin zur Erstattung verpflichtet sei.
Mit Bescheid vom 16.03.2003 stellte die Beklagte die Erstattungspflicht der Klägerin nach § 128 AFG iVm § 242 x Abs. 6 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und § 431 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) fest und machte für die Zeit vom 01.03. bis 30.06.1999 einen Erstattungsanspruch in Höhe von 20.707,65 DM (10.587,65 Euro) geltend. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 11.04.2000 Widerspruch ein und verwies auf ihre bisherigen Ausführungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2000 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen einer Erstattungspflicht seien erfüllt. Der Arbeitgeber sei zur Erstattung der Leistungen des Arbeitsamtes verpflichtet bei solchen Arbeitslosen, die innerhalb der letzten vier Jahre vor Entstehung des Leistungsanspruches 720 Kalendertage in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zu ihm gestanden hätten und bei denen das Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 56. Lebensjahres beendet worden sei. Ein Betriebserwerber trete in die Rechte und Pflichte des bestehenden Arbeitsverhältnisses ein. Bei der Beurteilung der Erstattungspflicht seien im Falle des Betriebsübergangs zurückgelegte Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers dem neuen Arbeitgeber zuzurechnen. Das Vorliegen eines Befreiungstatbestands sei nicht ersichtlich.
Die Klägerin hat am 25.08.2000 vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben und ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Ihrer Ansicht nach gebiete das Übermaßverbot eine verfassungskonforme Auslegung des § 128 AFG. Die Erstattungspflicht des Arbeitgebe...