Entscheidungsstichwort (Thema)
Kontenklärungsverfahren. Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit. Berücksichtigung von Pflegezeiten in Griechenland als Überbrückungstatbestand?
Orientierungssatz
1. Als rentenversicherungsrechtlich erhebliche Überbrückungstatbestände können nur solche angesehen werden, die ihrerseits im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Anrechnungszeitregelung stehen. Den einzelnen Überbrückungstatbeständen (vgl die Übersicht der vom BSG entschiedenen Fälle: BSG vom 6.8.1986 - 5a RKn 21/85 = SozR 2200 § 1259 Nr 94) liegt - wie auch den Anrechnungszeittatbeständen selbst - die Vorstellung zugrunde, dass der Versicherte durch sie wegen eines von ihm nicht zu vertretenden Arbeitsschicksals an der Leistung weiterer Pflichtbeiträge gehindert war.
2. Überbrückungszeiten sind Zeiten, die den Anschluss wahren, dh vorhandene Lücken zwischen dem Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung bzw. selbständigen Tätigkeit und dem Beginn der Anrechnungszeit ausfüllen können, weil Pflichtbeiträge aus vom Versicherten nicht zu vertretenden Gründen nicht gezahlt werden konnten. Dabei ist lediglich eine Lücke von weniger als einem Monat unschädlich.
3. Der Sachverhalt, der als Überbrückungstatbestand in Betracht kommt, muß einen Bezug zum Arbeitsschicksal haben. Die Pflege von Verwandten ist unabhängig vom Umfang ausschließlich deren privater Sphäre zuzurechnen.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Zeit vom 19.03.1984 bis zum 29.06.1997 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit unter Berücksichtigung eines Überbrückungstatbestandes vom 13.09.1983 bis zum 18.03.1984 anzuerkennen ist.
Die ....1940 geborene Klägerin ist griechische Staatsangehörige. Sie lebt seit Juni 1961 in der Bundesrepublik Deutschland. Im Zeitraum vom 04.06.1961 bis zum 31.05.1982, unterbrochen durch Zeiten der Erkrankung/Gesundheitsmaßnahmen, übte die Klägerin versicherungspflichtige Beschäftigungen aus. Bis zum 30.05.1983 bezog sie Arbeitslosengeld. Eine Bewilligung von Anschlussarbeitslosenhilfe kam wegen fehlender Bedürftigkeit nicht in Betracht, ihr Arbeitsgesuch hielt die Klägerin jedoch durch regelmäßige dreimonatige Meldungen beim zuständigen Arbeitsamt aufrecht mit Ausnahme der folgenden Zeiträume, in denen sie sich als ortsabwesend beim Arbeitsamt abgemeldet hatte: 13.09.1983 bis 18.03.1984 und 30.06.1997 bis 10.08.1997.
Am 09.12.1996 stellte sie einen Antrag auf Kontenklärung.
Mit Bescheid vom 10.07.1998 stellte die Beklagte die anrechenbaren Versicherungszeiten sowie den Zeitraum 31.05. bis 13.09.1983 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit fest, lehnte jedoch eine Berücksichtigung der weiteren Zeiträume gemeldeter Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug vom 19.03.1984 bis zum 29.06.1997 bzw. ab dem 11.08.1997 als Anrechnungszeiten mit der Begründung ab, infolge der o. g. Zeiten der Ortsabwesenheit sei eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen worden, vgl. § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 2 i. V. m. § 252 Abs. 7 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Zur Begründung ihres Widerspruchs vom 12.08.1998 verwies die Klägerin u. a. darauf, dass sie sich im Zeitraum vom 13.09.1983 bis zum 18.03.1984 in Griechenland habe aufhalten müssen, da sowohl ihre Mutter als auch ihre Großmutter schwer erkrankt und pflegebedürftig gewesen sowie später verstorben seien. Dabei nahm sie Bezug auf die Eintragungen in ihrem Reisepass, in dem als Einreisedatum nach Griechenland der 24.10.1983 und als Ausreisedatum der 09.03.1984 verzeichnet sind. In dem zweiten Zeitraum sei sie urlaubsbedingt ortsabwesend gewesen.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.1999 als unbegründet zurück und teilte ergänzend mit, die Zeit des Aufenthalts in Griechenland stelle keinen Überbrückungstatbestand dar.
Am 08.04.1999 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Aachen erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, es könne nicht angehen, dass die Zeit ihrer Arbeitslosigkeit ab dem 19.03.1984 deshalb unberücksichtigt bleiben müsse, weil sie für etwa sechs Monate im Rahmen ihrer familiären Verpflichtung ihre schwerkranke Mutter sowie Großmutter gepflegt habe. Da sie durch nicht von ihr zu vertretende Umstände an der Ausübung einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung gehindert gewesen sei, müsse die Pflegezeit in Griechenland als unschädlicher Überbrückungstatbestand gewertet werden. Die Anerkennung des Zeitraumes ab dem 11.08.1997 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit hat sie nicht weiterverfolgt.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 10.07.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.1999 zu ändern und die Zeit vom 13.09.1983 bis zum 18.03.1984 als Überbrückungszeit anzuerkennen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Pflege von nahen Angehörigen sei der privaten Sphäre der Klägerin zuzurechnen und könne nic...