Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Berechnung des täglichen Bemessungs- und Leistungsentgelts ab 1.1.2005 in Altfällen. Teilung des wöchentlichen Bemessungsentgelts durch 7. pauschalierte Abzüge. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Es ist nicht zu beanstanden, wenn in Altfällen (§ 434j Abs 5, Abs 5a SGB 3) das ab 1.1.2005 neu zu bestimmende tägliche Bemessungsentgelt bzw Leistungsentgelt für das Arbeitslosengeld im Wege der Teilung des bis zum 31.12.2004 festgesetzten gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgeltes durch 7 (Tage) und der Verminderung um die pauschalierten Abzüge nach § 133 Abs 1 S 2 SGB 3 ermittelt wird.
2. Die ab 1.1.2005 geltenden Neuregelungen der §§ 131, 133, 134 und 434j Abs 5, Abs 5a SGB 3 zur Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes verstoßen nicht gegen Art 14 Abs 1 und Art 20 Abs 3 GG.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 12. Dezember 2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Zahlbetrags des Arbeitslosengeldes (Alg). Der Kläger wendet sich gegen die Absenkung des täglichen Leistungssatzes von 62,32 Euro auf 61,30 Euro in der Zeit ab 01.01.2005.
Der am 00.00.1944 geborene Kläger war zuletzt vom 01.06.2002 bis 31.05.2004 bei der Q Personalentwicklungs- und Arbeitsmarktagentur GmbH in E als Projektleiter mit einem monatlichen beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 5.100 Euro beschäftigt. Im Zeitraum vom 01.06.2003 bis 31.05.2004 erzielte er ein versicherungspflichtiges Arbeitsentgelt i.H.v. 61.200 Euro brutto. Er meldete sich am 11.02.2004 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg.
Mit Bescheid vom 19.05.2004 bewilligte die Beklagte Alg ab 01.06.2004 i.H.v. 436,24 Euro wöchentlich bzw. 62,32 Euro täglich für eine Anspruchsdauer von 960 Kalendertagen. Dabei legte sie ein gerundetes wöchentliches Bemessungsentgelt i.H.v. 1.175 Euro (ungerundet 1.176,92 Euro) zugrunde und berücksichtigte bei der Ermittlung des Leistungsentgelts nach der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2004 die Leistungsgruppe C und den allgemeinen Leistungssatz (60 v.H.). Seit dem 17.05.2004 bezog der Kläger Alg unter erleichterten Voraussetzungen nach § 428 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III).
Mit Änderungsbescheid vom 02.01.2005 bewilligte die Beklagte ab 01.01.2005 Alg in geringerer Höhe von 61,30 Euro täglich. Als Berechnungsfaktoren berücksichtigte sie ein Arbeitsentgelt i.H.v. 168,13 Euro täglich, von dem sie als pauschalierte Abzüge eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 35,31 Euro, einen Solidaritätszuschlag i.H.v. 1,59 Euro sowie einen Lohnsteuerabzug nach der Lohnsteuertabelle für das Jahr 2004 (Lohnsteuerklasse III) i.H.v. 29,07 Euro absetzte. Sie berücksichtigte den allgemeinen Leistungssatz von 60 v.H. des Leistungsentgelts. Mit seinem hiergegen am 24.01.2005 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, der tägliche Zahlbetrag sei um 1,02 Euro reduziert worden. Weiter sei eine Verminderung des Auszahlungsbetrages auf das 30-fache des täglichen Zahlbetrages je Monat vorgenommen worden. Hieraus ergebe sich eine jährliche Verminderung des Alg um 311,60 Euro.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2005 als unbegründet zurück. Durch das Inkrafttreten des § 134 SGB III ab 01.01.2005 ohne Bestandsschutzregelung sei das Alg für Kalendertage zu berechnen und zu leisten. Soweit das Alg für einen vollen Kalendermonat zu zahlen sei, sei dieser mit 30 Tagen anzusetzen. Bei einer Restanspruchsdauer von 746 Tagen ende ein Anspruch des Klägers auf Alg nicht bereits mit Ablauf des 16.01.2007, sondern nach der "30-Tage-Regelung" mit Ablauf des 26.01.2007.
Der Kläger hat mit seiner am 06.04.2005 bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhobenen Klage geltend gemacht, der Änderungsbescheid vom 02.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2005 sei aufzuheben, da er den Bestandsschutz des Bescheides vom 19.05.2004 nicht beachte.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.12.2005 abgewiesen und sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 07.03.2005 bezogen. § 134 SGB III ersetze § 139 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung, wonach Alg für die Woche berechnet und für Kalendertage geleistet werde. Mangels Übergangsvorschrift sei diese Neuregelung ab 01.01.2005 auf den Kläger anzuwenden. Aus Art. 14 des Grundgesetzes (GG) ergebe sich kein Anspruch auf die weitere Anwendung des alten Rechts. Für Eingriffe in bestehende Anwartschaften und Leistungsansprüche komme dem Gesetzgeber eine Gestaltungsfreiheit zu, solange für den Eingriff legitimierende Gründe vorlägen. Solche Gründe seien bei allen Regelungen gegeben, die dazu dienten, die Funktions- und Leistungsfähigkeit der Sozialversicherung zu gewährleisten, zu verbessern oder sie veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Ein derartiger Grund sei...