rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage. Interessenabwägung
Leitsatz (redaktionell)
§ 39 Nr. 1 SGB II ist auch dann einschlägig, wenn die Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung dem SGB X und nicht dem SGB II zu entnehmen ist, weil es auch bei der Aufhebung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB X im Wesentlichen um die materiell-rechtliche Frage geht, ob ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II besteht.
Normenkette
SGG § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 4; SGB II § 39 Nr. 1
Verfahrensgang
SG Mainz (Beschluss vom 21.02.2006; Aktenzeichen S 7 ER 29/06 AS) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 21.02.2006 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung der Klage der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Beschwerdegegners vom 02.12.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2006 und den Bescheid vom 17.02.2006 angeordnet.
2. Der Beschwerdegegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin in beiden Rechtszügen.
3. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) über den 31.12.2005 hinaus.
Die 1952 geborene Beschwerdeführerin reiste 1992 aus Russland in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie machte eine Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin. Von 2000 bis 2003 war die Beschwerdeführerin als Empfangsdame tätig. Seit dem 01.05.2003 ist sie arbeitslos. Sie bezog Arbeitslosengeld und dann Arbeitslosenhilfe.
Am 10.12.2004 beantragte die Beschwerdeführerin die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, die ihr auch bewilligt wurden. Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 15.11.2005 bewilligte der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 22.11.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom 01.12.2005 bis zum 31.05.2006 in einer monatlichen Höhe von 775,98 EUR. Der Beschwerdeführerin wurde mitgeteilt, während des Bezuges von Arbeitslosengeld II bestehe in der Kranken und Pflegeversicherung Versicherungsschutz für sie vom 01.12.2005 bis zum 31.05.2006 bei der BKK Dr. O.
In einem Gutachten vom 06.10.2005 stellte Dr. B, Internist, Sozialmediziner, Ärztlicher Dienst der Agentur für Arbeit, fest, die Beschwerdeführerin sei täglich weniger als drei Stunden in der Lage, Arbeiten zu verrichten. Sie leide an einer psychischen Störung mit Somatisierungstendenz. Die Leistungsfähigkeit sei voraussichtlich über die Dauer von sechs Monaten hinaus vermindert. Mit Bescheid vom 02.12.2005 hob der Beschwerdegegner den Bewilligungsbescheid mit Wirkung ab dem 01.01.2006 auf. Die Beschwerdeführerin sei nicht erwerbsfähig, so dass sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II habe. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Ärztlichen Dienstes.
Am 30.01.2006 hat die Beschwerdeführerin Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt und Klage erhoben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2006 hat der Beschwerdegegner den Widerspruch der Beschwerdeführerin zurückgewiesen und ausgeführt, aufgrund des Gutachtens vom 06.10.2005 ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin voraussichtlich über die Dauer von sechs Monaten hinaus für den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe und damit eine Erwerbsunfähigkeit vorliege. Mit Bescheid vom 17.02.2006 hat der Beschwerdegegner den Aufhebungsbescheid vom 02.12.2005 geändert und die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom 22.11.2005 ab dem 01.01.2006 zurückgenommen. Ermächtigungsgrundlage sei § 45 Abs. 2 SGB X. Eventuell für die Vergangenheit gezahlte Leistungen müssten nicht erstattet werden. Bei der Entscheidung habe man von dem Ermessen Gebrauch gemacht und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin gebührend berücksichtigt.
Durch Beschluss vom 21.02.2006 hat das Sozialgericht Mainz (SG) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es fehle bereits an dem erforderlichen Anordnungsanspruch, da nach der nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Gewährung der Regelleistung für die Zeit ab dem 01.01.2006 nicht glaubhaft gemacht sei.
Gegen den am 24.02.2006 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 03.03.2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, das Gutachten sei nicht zutreffend. Die Entscheidungen des Beschwerdegegners seien ebenfalls nicht korrekt. Bei ihr gehe es nicht um eine Amalgamvergiftung, sondern um eine Fluoridbelastung. Die Stadt Mainz habe ihren Antrag auf Hilfe zum Lebensunterhalt abgelehnt.
Der Beschwerdegegner hält an seinen Entscheidungen fest. Die Zahnproblematik sei nicht das Hauptproblem. Vielmehr...