Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. unstatthafte Beschwerde. Prozesskostenhilfe. Gesetzesneuregelung. Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts. Ausschluss. wirtschaftliche Verhältnisse. Ratenzahlung. Auslegung. Teilablehnung. Prozessökonomie. Entlastung der LSG

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 172 Abs 3 Nr 2 SGG idF des SGG/ArbGGÄndG vom 26.3.2008 ist die Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem das Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Anordnung von Ratenzahlung bewilligt hat, für den Kläger nicht statthaft.

 

Normenkette

SGG § 172 Abs. 3 Nr. 2

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Koblenz vom 7.4.2008 wird als unzulässig verworfen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 7.4.2008 hat das Sozialgericht (SG) der Klägerin für das Klageverfahren S 12 KR 239/07 Prozesskostenhilfe (PKH) unter Festsetzung monatlicher Raten von 155,-- € bewilligt. Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 16.4.2008 Beschwerde eingelegt mit dem Begehren, ihr PKH ohne Ratenzahlung zu gewähren.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist nach § 172 Abs 3 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) idF des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄndG) vom 26.3.2008 (BGBl I 444) ausgeschlossen. Danach findet die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nicht statt, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint.

§ 172 SGG idF des SGGArbGGÄndG ist bereits für das vorliegende Verfahren anwendbar. Da der Gesetzgeber eine ausdrückliche Übergangsregelung nicht getroffen hat, ist die Frage, ob das neue Recht bereits eingreift, nach den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts zu beantworten. Nach diesen erfasst eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten (vgl Bundesverfassungsgericht - BVerfG - 12.7.1983 - 1 BvR 1470/82, BVerfGE 65, 76, 98; BVerfG 7.7.1992, 2 BvR 1631/90, BVerfGE 87, 48, 64). Eine Ausnahme unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl BSG 30.1.2002 - B 6 KA 12/01 R, juris Rn 33) kommt vorliegend nicht in Betracht.

§ 172 Abs 3 Nr 2 SGG idF des SGGArbGGÄndG greift für die vorliegende Fallgestaltung ein. Dem steht nicht entgegen, dass das SG PKH nicht in vollem Umfang abgelehnt, sondern PKH unter der Anordnung von Ratenzahlung, gegen die sich die Klägerin mit der Beschwerde wendet, bewilligt hat. Da die Entscheidung des SG eine Teilablehnung der PKH darstellt, lässt der Wortlaut der Vorschrift eine solche Auslegung zu. Es wäre schwer verständlich, wenn die teilweise Ablehnung der PKH (Gewährung von PKH nur unter der Voraussetzung der Ratenzahlung) beschwerdefähig wäre, obwohl die vollständige Ablehnung der PKH nicht mit der Beschwerde angreifbar ist. Hierfür spricht auch der Sinn und Zweck der Neuregelung des § 172 SGG im SGGArbGGÄndG, die Entlastung der LSG (BR-Drs. 820/07 S 28). Der Gesetzgeber wollte die Beschwerdemöglichkeit gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe insgesamt nicht weiterhin eröffnen, soweit es allein um die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beteiligten geht. Die Beschwerde soll vielmehr nur noch dann zulässig sein, wenn das SG die Erfolgsaussichten in der Hauptsache verneint hat (vgl BR-Drs aaO, S 29).

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Beschwerdeverfahren kommt nach § 73a SGG iVm § 127 Abs 4 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht in Betracht.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde beim Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2020326

NZS 2009, 240

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