Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde des Terminsbevollmächtigten des Beklagten gegen den Ordnungsmittelbeschluß des Sozialgerichts Koblenz vom 24. Juni 1985

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Beschluss vom 24.06.1985; Aktenzeichen S 3 Vs 320/84 Ko)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Terminsbevollmächtigten des Beklagten, Oberregierungsrat K., wird der Ordnungsmittelbeschluß des Sozialgerichts Koblenz vom 24. Juni 1985 aufgehoben.

 

Tatbestand

I.

Der Beschwerdeführer begehrt die Aufhebung eines Ordnungsmittelbeschlusses, der gegen ihn als Terminsvertreter des Beklagten ergangen ist.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat das Sozialgericht Koblenz durch Urteil vom 24. Juni 1985 entschieden, daß der Klägerin weiterhin dass einmal zuerkannte „Vergünstigungsmerkmal „G” zusteht. Ferner hat das Gericht dem beklagten Land Mutwillenskosten in Höhe von 500,– DM auferlegt, weil es den Anspruch der Klägerin trotz eindeutiger Rechtslage nicht anerkannt habe.

Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 24. Juni 1985 hatte der Vorsitzende der entscheidenden Kammer vor Verkündung des Urteils den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, „daß der Beklagte Falle der Fortsetzung dieses Rechtsstreits” mit der Auferlegung von Mutwillenskosten gemäß § 192 SGG zu rechnen habe. Der Beschwerdeführer hatte dennoch Klageabweisung beantragt, worauf das oben genannte Urteil erging.

Nach dem Protokoll hat der Beschwerdeführer daraufhin die Urteilsbegründung „lautstark” unterbrochen und „laut schimpfend” den Sitzungssaal verlassen.

Hierauf verkündete der Vorsitzende den angefochtenen Beschluß, in dem gegen den Beschwerdeführer wegen Ungebühr vor Gericht gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 178 GVG ein Ordnungsgeld von 500,– DM verhängt wurde. In den – nicht protokollierten – Gründen der angefochtenen Entscheidung ist unter anderem ausgeführt, die mehrfachen Bitten des Kammervorsitzenden, die mündliche Urteilsbegründung nicht länger au unterbrechen, habe der Beschwerdeführer ignoriert, er habe seine Sachen gepackt und laut schimpfend den Sitzungssaal verlassen; bevor der Beschluß verkündet worden sei, sei der Beschwerdeführer auf die Möglichkeit der Verhängung eines Ordnungsgeldes hingewiesen worden.

Gegen diesen Beschluß hat der Beschwerdeführer mit am 1. Juli 1985 bei Gericht eingegangenem Schreiben Beschwerde eingelegt; der Richter hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Beschwerdeführer trägt vor:

Als Terminsbevollmächtigter des Beklagten gehöre er nicht zu dem Personenkreis, gegen den nach § 178 GVG ein Ordnungsgeld festgesetzt werden könne, so daß bereits aus diesem Grunde der Beschluß rechtswidrig sei. Darüber hinaus könne sein Verhalten nicht als „Ungebühr” bewertet werden. Er habe den Richter nicht vorsätzlich bei der Urteilsbegründung unterbrochen, vielmehr habe er geglaubt, daß diese beendet gewesen sei. Im übrigen sei er durch die Verfahrensführung des Vorsitzenden während der mündlichen Verhandlung auch persönlich in unerträglicher Weise herabgesetzt worden. Der Vorsitzende habe unter anderen erklärt, der Beschwerdeführer sei Jurist und habe das zweite Semester hinter sich gebracht; es sei geradezu unerhört, daß er es wagen könne, entgegen der ihm bekannten anderen Rechtsauffassung des Sozialgerichts Koblenz die Kettentheorie überhaupt in das Gespräch zu bringen. Der Richter habe sodann die Auferlegung der Mutwillenskosten angedroht, falls er den Anspruch nicht anerkenne. In Anbetracht der von dem Vorsitzenden geschaffenen Situation müsse bei seinem Verhalten auch berücksichtigt werden, unter welcher nervlichen Anspannung er gestanden habe. Schließlich habe der Richter ihm auch kein rechtliches Gehör gewährt, weil er ihm keine Gelegenheit gegeben habe, zu dem beabsichtigten Beschluß Stellung zu nehmen; der Vorsitzende habe lediglich, als er sich mit den Beisitzern in das Beratungszimmer zurückgezogen habe, diesen gegenüber erklärt, „jetzt brummen wir ihm auch noch einen auf”.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 61, 172 SGG; §§ 178, 181 GVG).

Sie hat auch in der Sache Erfolg; der Beschluß des Sozialgerichts Koblenz vom 24. Juni 1985 ist aufzuheben.

Der Beschluß ist bereits deshalb rechtswidrig, weil der Beschwerdeführer als Terminsbevollmächtigter des Landes nicht zu dem Personenkreis gehört gegen den das Gericht wegen Ungebühr gemäß § 61 SGG in Verbindung mit § 178 GVG ein Ordnungsgeld festsetzen kann. Der Senat schlißt sich der Ansicht des Landessozialgerichts München im Beschluß vom 29. Mai 1964 an (NJW 1964 Seite 1874); sie wird – soweit sie den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit betrifft – überwiegend gebilligt (vgl. hierzu Zöller, ZPO, 14. Auflage, 178 GVG Randnr. 1; Peters-Sautter-Wolff, SGG § 61 Anmerkung zu § 178 GVG). Das Landessozialgericht München zur Begründung im einzelnen ausgeführt, ebenso wie gegen die an der Verhandlung beteiligten Rechtsanwälte könne auch gegen den Terminsbevollmächtigten einer Behörde oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts kein Ordnungsgeld fes...

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