Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörung eines bestimmten Arztes. Bestimmungsrecht des Klägers. Sachverständigenentschädigung
Leitsatz (amtlich)
1. Dem Kläger, der ein Gutachten nach § 109 SGG beantragt, obliegt das Bestimmungsrecht in Bezug auf den Umfang der durchzuführenden Untersuchungen.
2. Soweit der Kläger diese Untersuchungen beantragt oder ihnen zustimmt, hat der Sachverständige einen Entschädigungsanspruch, unabhängig davon, ob das Gericht diese ausdrücklich genehmigt.
Verfahrensgang
SG Koblenz (Beschluss vom 17.01.2000; Aktenzeichen S 9 U 199/98) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Koblenz vom 17.1.2000 abgeändert. Die Entschädigung des Beschwerdeführers wird auf 1.442,95 DM festgesetzt.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I.
Der Beschwerdeführer ist durch Beschluss vom 20.10.1999 auf Antrag des Klägers des beim Sozialgericht (SG) Koblenz anhängigen Rechtsstreits S 9 U 199/98 gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gutachter bestellt worden. Im Rahmen der dem Beschluss beigefügten Beweisfragen war ua ausgeführt worden: „Führen Sie nur die Untersuchungen durch, die für die Beantwortung der Beweisfragen von Bedeutung sind. … Sollten Sie radiologische Zusatzuntersuchungen für erforderlich halten, um die Beweisfragen beantworten zu können, holen Sie bitte vor Durchführen dieser Zusatzuntersuchungen die Zustimmung des Gerichts ein.”
Der Beschwerdeführer hat im November 1999 sein Gutachten erstattet, ohne zuvor eine Zustimmung des Gerichts zu radiologischen Zusatzuntersuchungen einzuholen. Mit Schreiben vom gleichen Tag hat er für das Gutachten neben einer Gutachtenpauschale gemäß der zwischen ihm und dem Land Rheinland-Pfalz getroffenen Vereinbarung vom 1.6.1999 von 800,– DM 90,28 DM für zwei Röntgenaufnahmen beider Hände des Klägers in zwei Ebenen, 35,11 DM für eine Röntgenaufnahme des Thorax a.p., 300,96 DM für eine Kernspintomographie des Handgelenks, 125,40 DM für eine ergänzende Serie und 91,20 DM für eine computergesteuerte Analyse in Rechnung gestellt.
Das SG hat die Entschädigung durch Beschluss vom 17.1.2000 auf 800,– DM festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auch im Falle eines Gutachtens nach § 109 SGG bestimme nicht der Kläger den Aufgabenbereich des Sachverständigen. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer den o.g. Zusatz des Beweisbeschlusses vom 20.10.1999 nicht beachtet habe, könne er die Kosten der Zusatzuntersuchungen nicht beanspruchen. Bei einer Auftragsüberschreitung bestehe ein Entschädigungsanspruch nur, wenn das Gericht die zusätzliche Tätigkeit für notwendig erachte und sie in seiner Entscheidung verwende. Letzteres sei vorliegend nicht der Fall.
Gegen diesen ihm am 1.2.2000 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 21.3.2000 beim SG Koblenz Beschwerde eingelegt. Der Beschwerdeführer hat vorgetragen, er habe mit dem Kläger des Rechtsstreits S 9 U 199/98 vor der Erstellung der Röntgenaufnahmen und des Kernspintomogramms über die Notwendigkeit dieser Untersuchungen gesprochen; dieser sei hiermit ohne Einschränkungen einverstanden gewesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 16 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen-ZSEG) und auch sonst zulässig; sie ist nicht an eine Frist gebunden (§ 16 Abs. 2 Satz 3 ZSEG).
Die Beschwerde ist auch begründet. Antragsgemäß ist die Sachverständigenentschädigung auf 1.442,95 DM festzusetzen.
Das SG war nicht befugt, selbst darüber zu entscheiden, welche Zusatzuntersuchungen der Beschwerdeführer durchzuführen hatte. Da es sich um ein Gutachten nach § 109 SGG handelte, oblag die diesbezügliche Entscheidungsbefugnis vielmehr dem Kläger des Rechtsstreits S 9 U 199/98.
Der Umfang der Gestaltungsrechte des Klägers, auf dessen Antrag hin ein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt wird, in Bezug auf die Durchführung des Gutachtens ist umstritten. Nach Auffassung von Rohwer-Kahlmann (SGG, § 109, RdNr. 2) und Zeihe (SGG, § 109, RdNr. 4 a) kann der Antragsteller bestimmen, ob ein Aktengutachten oder ein Untersuchungsgutachten eingeholt wird. Meyer-Ladewig (SGG, 6. Aufl, § 109, RdNr. 19) ist der Auffassung, dem Antragsteller sollten so weitgehende Gestaltungsrechte nicht eingeräumt werden.
Nach Auffassung des Senats muss dem Kläger, der ein Gutachten nach § 109 SGG beantragt, jedenfalls insoweit die Entscheidungsbefugnis eingeräumt werden, als es letztlich um den Umfang des Beweisthemas geht. Dabei ist davon auszugehen, dass der Kläger seinen Antrag nach § 109 SGG auf bestimmte Beweisfragen beschränken kann. So wäre es im vorliegenden Fall z.B. nicht zu beanstanden gewesen, wenn er beantragt hätte, durch röntgenologische und kernspintomographische Untersuchungen festzustellen, ob noch wesentliche Folgen seines Arbeitsunfalls vom 17.7.1995 vorliegen. Einen darauf gerichteten Antrag nach § 109 SGG darf das Gericht nicht mit der Begründung ablehnen, es sei davon überzeugt, dass diese Untersuchungen zu keinen weiterg...