Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. vertragsärztliche Versorgung. Rücknahme des Ausschreibungsantrags nach § 103 SGB 5
Leitsatz (amtlich)
Ein Antrag auf Ausschreibung eines Praxissitzes nach § 103 SGB 5 kann noch bis zur Bestandskraft des diesem stattgebenden Verwaltungsakts des Berufungsausschusses zurückgenommen werden.
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 30.7.2012 insoweit geändert, als der Tenor lautet: Es wird festgestellt, dass die Klage S 8 KA 184/12 gegen den Verwaltungsakt des Antragsgegners vom 16.5.2012, mit welchem dieser den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 7.12.2011 aufgehoben hat, aufschiebende Wirkung hat. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Die weitergehende Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
3. Der Antragsteller trägt 2/3, der Antragsgegner 1/3 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
4. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge jeweils auf 15.000,-- € festgesetzt.
Gründe
I.
Umstritten ist, ob die beim Sozialgericht (SG) Mainz erhobene Klage des Antragstellers S 8 KA 184/12 aufschiebende Wirkung hat und ob ein beim Antragsgegner anhängiges Widerspruchsverfahren durch die vom Beigeladenen zu 7 erklärte Rücknahme seines Ausschreibungsantrags erledigt ist.
Der Antragsteller ist in E als Psychologischer Psychotherapeut mit hälftigem Versorgungsauftrag zugelassen. Der Beigeladene zu 7 betreibt in L eine Praxis als Psychologischer Psychotherapeut. Seit Oktober 2011 übt er seine Tätigkeit im Rahmen eines Jobsharing gemeinsam mit der Diplom-Psychotherapeutin C aus. In einem zwischen beiden geschlossenen Vertrag vom 21.11.2011 sahen sie die Übertragung eines halben Versorgungsauftrags auf die Diplom-Psychotherapeutin C und die Zusammenarbeit in Form einer Praxisgemeinschaft vor.
Mit Schreiben vom 14.7.2011 erklärte der Beigeladene zu 7 gegenüber dem Zulassungsausschuss den Verzicht auf seine Zulassung im Umfang eines halben Versorgungsauftrages “mit dem Zeitpunkt der Praxisübergabe bzw bestandskräftiger Zulassung des Praxisnachfolgers„. Die Beigeladene zu 1 schrieb den halben Versorgungsauftrag im Ärzteblatt Rheinland-Pfalz aus. Auf diese Ausschreibung bewarben sich neben dem Antragsteller die Diplom-Psychotherapeutin C und zwei weitere Bewerber. Mit Bescheid vom 7.12.2011 (dem Beigeladenen zu 7 zugestellt am 8.3.2012) ließ der Zulassungsausschuss den Antragsteller ab dem 1.1.2012 zur vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit als Psychologischer Psychotherapeut zur Übernahme des hälftigen Psychotherapeutensitzes vom Beigeladenen zu 7 zu; gleichzeitig lehnte er die Anträge der übrigen drei Bewerber ab. Hiergegen legte der Beigeladene zu 7 am 3.4.2012 Widerspruch ein (Az BA 13/12). In der Sitzung des Antragsgegners vom 16.5.2012 erklärte der Beigeladene zu 7.: “Ich nehme meinen Ausschreibungsantrag zurück.„ Der Antragsgegner fasste in dieser Sitzung daraufhin folgenden Beschluss: “Auf den Widerspruch des Beigeladenen zu 7 wird der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 7.12.2011 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass das Nachbesetzungsverfahren beendet ist.„
Der Antragsteller hat dagegen am 15.6.2012 Klage (S 8 KA 184/12) beim Sozialgericht (SG) Mainz erhoben und am selben Tag einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Zur Begründung hat er die Ansicht vertreten, nach einer Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses über die Nachfolge in der Zulassung sei die Rücknahme eines Ausschreibungsantrages nicht mehr möglich; hierdurch würden die Rechte der Bewerber verletzt und das Prinzip der Bestenauswahl unterlaufen.
Durch Beschluss vom 30.7.2012 hat das SG Mainz festgestellt, dass die Klage S 8 KA 184/12 gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 16.5.2012 aufschiebende Wirkung habe. Außerdem hat es festgestellt, dass das beim Antragsgegner unter dem Aktenzeichen BA 13/12 geführte Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 7.12.2011 nicht durch die am 16.5.2012 vom Beigeladenen zu 7 erklärte Rücknahme seines Ausschreibungsantrags beendet worden, sondern weiter anhängig sei. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage S 8 KA 184/12 sei entsprechend § 86b Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet. Der Beschluss vom 16.5.2012 über die Aufhebung des Bescheides vom 7.12.2011 sei ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Die gegen diesen erhobene Klage S 8 KA 184/12 habe gemäß § 86a Abs 1 SGG aufschiebende Wirkung. Der Antrag auf Feststellung, dass das Widerspruchsverfahren BA 13/12 nicht durch die Rücknahme des Ausschreibungsantrags durch den Beigeladenen zu 7 beendet worden sei, sei nach § 86b Abs 2 SGG zulässig. Da die Erklärung des Antragsgegners, dass sich das Nachbesetzungsverfahren erledigt habe, kein Verwaltungsakt, sondern eine formlose Mitteilung über die Einstellung des Verfahrens sei (Hinweis auf Dolde/Porsch ...