Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherungsträger. Schadensersatzanspruch gegen Einzugsstelle. Nichteinzug von Rentenversicherungsbeiträgen. Verjährungsfrist
Orientierungssatz
Ein Schadensersatzanspruch des Rentenversicherungsträgers wegen nicht eingezogener Rentenversicherungsbeiträge gegen die Einzugsstelle verjährt entsprechend § 25 Abs 1 S 1 SGB 4 regelmäßig in vier Jahren.
Tatbestand
Streitig ist ein Schadensersatzanspruch wegen nicht eingezogener Rentenversicherungsbeiträge.
Die Klägerin nimmt die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der AOK für den R-H-K (Einzugsstelle) auf Schadensersatz in Höhe von 281.430,35 DM wegen nicht eingezogener Rentenversicherungsbeiträge in Anspruch, weil sich die Einzugsstelle ohne Beteiligung der Klägerin mit der Firma H GmbH auf eine Pauschalabgeltung in Höhe von 70.000,-- DM für in den Jahren 1980 bis 1988 auf "Aushilfslöhne" nicht entrichtete Gesamtsozialversicherungsbeiträge verständigt hatte. Gegen die H GmbH, ein Maschinenreinigungsunternehmen, war seit 1986 ein Steuerermittlungsverfahren anhängig, in dessen Verlauf die Steuerfahndungsstelle M in großem Umfang steuerrechtlich falsch deklarierte Aushilfslöhne festgestellt hatte. Danach waren von den verbuchten Aushilfslöhnen in Höhe von
1980: 23.934,-- DM,
1981: 345.602,-- DM,
1982: 252.874,-- DM,
1983: 333.312,-- DM,
1984: 506.736,-- DM und
1985: 412.758,-- DM
allenfalls 20 vH als solche berechtigt, hingegen 80 vH der normalen Lohnversteuerung zu unterziehen, weil die Voraussetzungen für eine Pauschalversteuerung nach § 40 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht gegeben waren. Die H GmbH akzeptierte diese Verfahrensweise und leistete Steuernachzahlung auf der Grundlage dieser Schätzung. Sie hatte konkrete Einzelnachweise zu den Aushilfslöhnen nach den Feststellungen der Steuerfahndung nicht erbringen können; die Aufzeichnungen waren unvollständig bzw fehlerhaft.
Das Ergebnis der Steuerprüfung wurde von der Einzugsstelle zum Gegenstand des Betriebsprüfungsverfahrens der Firmen H GmbH -- Maschinenreinigung -- sowie I H -- Industriemontagen -- gemacht. Nachdem ein Termin für die Beitragsüberwachung im Jahre 1987 scheiterte, verzichteten beide Firmen gegenüber der Einzugsstelle für eventuell nachzuerhebende Beiträge auf die Einrede der Verjährung. Mit Schreiben vom 14.3.1988 kündigte die Einzugsstelle gegenüber der H GmbH auf Basis der Feststellungen der Steuerfahndungsstelle den Erlass eines Summenbeitragsbescheides über 554.885,91 DM an, wobei sie 80 vH der für 1980 bis 1985 deklarierten "Aushilfslöhne" in Höhe von insgesamt 1.875.216,-- DM als beitragspflichtig zur Sozialversicherung und umlagepflichtig nach dem Lohnfortzahlungsgesetz ansah, weil ordnungsgemäße Unterlagen fehlten. Hiergegen erhob die Firma zahlreiche Einwände, worauf die Einzugsstelle zunächst erneut eine Betriebsprüfung ankündigte, sich in der Folge aber am 30.11.1988 mit beiden Firmen auf die Zahlung von einmalig 70.000,-- DM zur Abgeltung aller möglichen Beitragsnachforderungen für eventuell fehlerhaft beurteilte geringfügige Beschäftigte einigte.
Nach Erhalt des Betrages erklärte die Einzugsstelle mit Schreiben vom 19.12.1988 die Überprüfung der Aushilfslöhne für die Zeit von 1980 bis Ende 1988 als abgeschlossen. Diese Regelung beanstandeten im Rahmen einer Einzugsstellenprüfung im Oktober 1989 Rentenversicherungsträger und Arbeitsverwaltung als nicht sachgerecht. Die Einzugsstelle erließ daraufhin nach Anhörung gegenüber der H GmbH am 28.12.1989 einen Summenbeitragsbescheid über insgesamt 554.885,91 DM für in den Jahren 1980 bis 1985 zu Unrecht nicht zur Sozialversicherung angemeldete Löhne in Höhe von zusammen 1.500.172,80 DM. Zur Begründung führte sie aus, wegen einer Anfechtung des am 30.11.1988 geschlossenen Vergleichs durch die Rentenversicherung sei sie, die Einzugsstelle, gehalten, einen Summenbeitragsbescheid zu erlassen, da eine Nacherhebung der Beiträge aufgrund einer personenbezogenen Feststellung der Versicherungspflicht, Beitragspflicht und Beitragshöhe nicht möglich sei. Für die Jahre ab 1986 bleibe eine etwaige Beitragsnacherhebung einer im Januar 1990 vorgesehenen Beitragsprüfung durch den Träger der Rentenversicherung vorbehalten. Den Widerspruch der H GmbH wies die Einzugsstelle mit Widerspruchsbescheid vom 15.2.1991 zurück. Der hiergegen gerichteten Klage hat das Sozialgericht Mainz durch Urteil vom 19.3.1992 -- Az.: S 5 K 21/91 -- stattgegeben, weil dem Erlass eines Summenbeitragsbescheides der am 30.11.1988 geschlossene Vergleich entgegengestanden habe. Die Berufung der Einzugsstelle hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz durch Urteil vom 19.8.1993 -- Az:: L 5 K 53/92 -- zurückgewiesen.
Den mit Schreiben vom 20.12.1993 von der Klägerin nunmehr geltend gemachten Schadensersatzanspruch in Höhe der Differenz zwischen dem der Klägerin aus dem Vergleichsbetrag zugeflossenen Rentenversicherungsbeiträgen und den aus 80 vH der von der Firma H GmbH verbuchten Aushilfslöhne errechneten Rentenversicherungsbeiträgen w...