Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütung für Krankenhausbehandlung. stationäre Diagnostik. vorrübergehende Entlassung mit Therapievorschlägen in ambulante Behandlung. stationäre Wiederaufnahme zur operativen Behandlung. keine Beurlaubung iSd § 1 Abs 7 FPVBG 2011. keine Fallzusammenführung. kein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot

 

Orientierungssatz

1. Eine Beurlaubung iSd § 1 Abs 7 FPV 2011 (juris: FPVBG 2011) erfordert, dass der Patient aus persönlichen oder therapeutischen Gründen vorübergehend aus dem Krankenhaus entlassen wird. Voraussetzung ist im Übrigen, dass zum Zeitpunkt der Entlassung nach dem ersten Krankenhausaufenthalt feststand, dass die Behandlung fortgesetzt wird (vgl BSG vom 10.3.2015 - B 1 KR 3/15 R = juris RdNr 19).

2. Krankenhäuser sind nicht grundsätzlich verpflichtet, Diagnostik und operative Behandlung innerhalb eines einzigen Krankenhausaufenthalts durchzuführen. Dies ist in vielen Fällen bereits deshalb nicht möglich, weil die Diagnostik längere Zeit in Anspruch nehmen kann und der Versicherte nach Durchführung der diagnostischen Behandlung der besonderen Pflegeleistungen eines Krankenhauses nicht mehr bedarf.

3. Es ist nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden, den Versicherten mit Therapievorschlägen zunächst in die Behandlung eines niedergelassenen Arztes zu entlassen, um ihm eine Reflektion über die Diagnose und die Therapiemöglichkeit, ggf unter Einholung einer Zweitmeinung, zu ermöglichen.

4. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet lediglich zur Wahl der wirtschaftlichsten Behandlungsalternative, wenn diese tatsächlich zur Verfügung steht, nicht hingegen zur Durchführung einer fiktiven wirtschaftlichen Alternativabrechnung entgegen des tatsächlich nicht zu beanstandenden Behandlungsablaufs.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.03.2017; Aktenzeichen B 1 KR 29/16 R)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 14.12.2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass auch aus dem Forderungsbetrag in Höhe von 300,00 € Zinsen seit dem 14.11.2012 lediglich in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen sind.

2. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die klagende Krankenhausträgerin Anspruch auf weitere Vergütung einer Krankenhausbehandlung gegen die beklagte Krankenkasse in Höhe von 2.270,64 € sowie auf Zahlung einer Aufwandspauschale von 300,00 € hat.

Die Klägerin ist Trägerin des zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Klinikums W. In diesem wurde der 1950 geborene Versicherte der Beklagten H W (im Folgenden: Versicherter) in den Zeiträumen vom 31.03.2011 bis zum 04.04.2011 sowie erneut vom 14.04.2011 bis zum 22.04.2011 vollstationär behandelt. Grund für die erste Krankenhausaufnahme waren eine Makrohämaturie und ein Druckgefühl im Unterbauch, eine Cystoskopie am 24.03.2011 hatte eine Blutung aus dem rechten Ostium ergeben. Die durchgeführte umfangreiche Diagnostik ergab am 04.04.2011 einen Verdacht auf Nierentumore beidseits, die Krankenhausärzte empfahlen dem Versicherten, bei dem ein Zustand nach radikaler Prostataoperation wegen Karzinom 2007 sowie zweifacher koronarer Bypassoperation und Aortenklappenrekonstruktion vorlag, eine Nierenteilresektion der linken Seite sowie eine Nephrektomie der rechten Seite; hierzu solle sich der Versicherte vorstationär am 11.04.2011 vorstellen, eine stationäre Wiedereinweisung solle am 14.04.2011 zur Nierenteilresektion links erfolgen (Entlassungsbericht vom 04.04.2011). Im Rahmen des zweiten Krankenhausaufenthaltes erfolgte sodann die Nierenteilresektion links. Für die erste Behandlung stellte die Klägerin der Beklagten mit Rechnung vom 18.05.2011 ausgehend von der Diagnosis Related Groups (DRG) L20C Transurethrale Eingriffe außer Prostataresektion und komplexe Ureterorenoskopien ohne ESWL, ohne komplexen Eingriff, ohne fluoreszenz gestützte TUR der Harnblase oder andere Eingriffe an der Urethra außer bei Para-/Tetraplegie , ohne äußerst schwere CC 2.220,64 € in Rechnung. Für den zweiten Krankenhausaufenthalt stellte die Klägerin unter Zugrundelegung der DRG L13A Nieren-Ureter- und große Harnblaseneingriffe bei Neubildung, Alter ≫ 18 Jahre, ohne Kombinationseingriff, mit CC 6.718,68 € am 05.05.2011 in Rechnung. Die Beklagte beglich zunächst beide Rechnungen. Der von ihr beauftragte Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK, Gutachten des Dr. K vom 29.08.2011 nach Krankenhausbegehung) kam zum Ergebnis, die Behandlung des Versicherten sei am 04.04.2011 noch nicht abgeschlossen gewesen, worüber nach Erörterung keine fachliche Übereinstimmung mit dem Krankenhaus bestehe. Aus dem Entlassungsbrief sei nicht ersichtlich, ob ambulant eine internistische Abklärung des deutlich erhöhten Operationsrisikos erfolgen sollte. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit, beide Krankenhausbehandlungen seien im Sinne einer Beur...

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