Verfahrensgang
SG Mainz (Urteil vom 15.04.1988; Aktenzeichen S 2 U 83/87) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 15.4.1988 wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger und des Beigeladenen zu 1); sonstige außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Unfall, den der Beigeladene zu 1) am 8.3.1985 erlitten hat, von der Beklagten als Arbeitsunfall anzuerkennen ist, und ob die Kläger eine entsprechende Feststellung verlangen können.
Die Kläger sind bereits seit 1982 Eigentümer eines Anwesens in W., auf dem sich ein renovierungsbedürftiges Haus und eine baufällige Scheune befinden. Nach Auskunft der Kreisverwaltung Mainz-Bingen kann ein Antrag auf Anerkennung des Gebäudes der Kläger als steuerbegünstigte Wohnung nicht gestellt werden, da kein Wohnungsbau i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 2 2. Wohnungsbaugesetz vorliegt. Die Scheune auf dem Grundstück sollte abgerissen werden. Auf dem Nachbargrundstück befindet sich ebenfalls eine Scheune, die an die auf dem Grundstück der Kläger befindliche Scheune angrenzt. Die Kläger haben bei der Concordia-Versicherungsgesellchaft eine Privathaftpflichtversicherung abgeschlossen.
Die Klägerin war am Haus T. (Männerwohnheim), M., als Sozialpädagogin beschäftigt. Bei dieser Gelegenheit lernte sie den Beigeladenen zu 1), der inzwischen Altersrente bezieht, kennen und kümmerte sich ua um dessen Rentenangelegenheiten. Der Beigeladene zu 1) (gelernter Maurer und Zimmermann) bot der Klägerin wegen der auf dem Anwesen anfallenden Arbeiten seine Hilfe an. Am Tage vor dem Unfall nahm die Klägerin das Hilfsangebot des Beigeladenen zu 1) an; ein Entgelt wurde nicht besprochen und nicht gezahlt.
Am 8.3.1985 holte der Kläger den Beigeladenen zu 1) ab. Die Arbeiten auf dem Gelände in W. begannen um ca 10.00 Uhr und sollten bis voraussichtlich 15.00 oder 16.00 Uhr andauern. Am Vormittag wurden zunächst Renovierungsarbeiten an den Fenstern des Wohnhauses verrichtet. Als der Kläger am Nachmittag wegfuhr, begann der Beigeladene zu 1) mit den Arbeiten an der Scheune. Der Beigeladene zu 1) räumte bereits seit ungefähr einer halben Stunde Holzbalken in der Scheune weg, als um ca 13.45 Uhr plötzlich der Giebel der auf dem Nachbargrundstück befindlichen Scheune einstürzte und den Beigeladenen zu 1) erheblich verletzte. Der Beigeladene zu 1) befand sich wegen der Folgen des Unfalles längere Zeit in stationärer und anschließend in ambulanter Behandlung und leidet nach eigenen Angaben noch heute an den Unfallfolgen. Die Kosten der Heilbehandlung trug die Beigeladene zu 2) als gesetzlicher Krankenversicherer des Beigeladenen zu 1). Mit Schreiben vom 3.12.1986 meldete sie bei der Beklagten ihren Ersatzanspruch an.
Mit Bescheid vom 23.9.1986 lehnte der Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zu 1) die Anerkennung des Unfallereignisses vom 8.3.1985 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte er aus, der Beigeladene zu 1) sei bei den Klägern ausschließlich aus Gefälligkeit tätig geworden. Die Tätigkeit habe keinerlei Ähnlichkeit mit einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses. Dieser Bescheid wurde den Klägern nicht bekanntgegeben. Nachdem die Concordia-Versicherungsgesellschaft über die Beigeladene zu 2) Kenntnis von dem Bescheid erlangt hatte, legte sie am 14.11.1986 im Namen der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid ein. Wegen ihrer Bevollmächtigung verwies sie auf ihre, dem Versicherungsvertrag mit den Klägern zugrunde liegenden allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung. Am 11.12.1987 teilten die Prozeßbevollmächtigten der Kläger mit, daß der Widerspruch der Concordia-Versicherungsgesellschaft weiterverfolgt werde. Der Beigeladene zu 1) legte keinen Rechtsbehelf gegen den Bescheid ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.4.1987 wies der Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück. Er führte zur Begründung aus, die Norm des § 639 Reichsversicherungsordnung (RVO), die als Grundlage für eine eigene Feststellungsbefugnis der Kläger in Betracht komme, sei nicht einschlägig, da nicht die Kläger von dem Verletzten – dem Beigeladenen zu 1) – in Anspruch genommen würden, sondern die Haftpflichtversicherung der Kläger von der Beigeladenen zu 2) als gesetzlichem Unfall Versicherer des Beigeladenen zu 1).
Hiergegen haben die Kläger am 26.5.1987 Klage vor dem Sozialgericht Mainz erhoben. Mit Urteil vom 15.4.1988 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Es hat die Klage mit der Begründung für zulässig gehalten, Sinn und Zweck des § 639 RVO sei, daß der Unternehmer selbst das Anerkennungsverfahren wegen des Arbeitsunfalles betreiben könne, um zu verhindern, daß ihm gegenüber vor den Zivilgerichten eine Entscheidung ohne Berücksichtigung der Haftungsprivilegien der §§ 636, 637 RVO ergehe. Dies müsse auch dann gelten, wenn ein Dritter – hier die Beigeladene zu 2) – auf sich übergegangene Schadensersatzansprüche geltend mache. D...