Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. Ausbildung im Beamtenverhältnis auf Widerruf mit Anwärterbezügen. abstrakte Förderungsfähigkeit nach § 2 BAföG. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Bei der Ausbildung als Regierungsinspektoranwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf unter Zahlung von Anwärterbezügen an einer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung handelt es sich um eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung iS des § 2 Abs 1 S 1 Nr 6 BAföG, bei der der Leistungsausschluss des § 7 Abs 5 S 1 SGB 2 greift. Hieran ändert die das Subsidiaritätsprinzip hervorhebende Vorschrift des § 2 Abs 6 Nr 3 BAföG nichts.
2. Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG bestehen nicht.
Nachgehend
Tenor
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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 16.11.2007 wird zurückgewiesen. |
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Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. |
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Die Revision wird nicht zugelassen. |
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1982 geborene alleinstehende erwerbsfähige Klägerin ist Mieterin einer 40 m² großen Zwei-ZKB-Wohnung in K für die eine Warmmiete in Höhe von 320,00 € zu zahlen ist.
Sie brach zum 31.08.2005 ein Studium an der Fachhochschule Koblenz ab und bezog vom 01.09.2005 bis 30.06.2006 Arbeitslosengeld II (Alg II) bei der Beklagten (Bewilligungsbescheid vom 02.09.2005 - Bl. 55 ff. VA -; Änderungsbescheide vom 14.10.2005 - Bl. 63 ff. VA -, 02.01.2006 - Bl. 96 ff. VA -, 11.01.2006 - Bl.104 ff. VA - und vom 01.02.2006 - Bl. 114 ff. VA -; Folgebescheid vom 06.03.2006 - Bl. 122 ff. VA -). Seit dem 01.07.2006 ist die Klägerin unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Regierungsinspektoranwärterin bei der Universität M beschäftigt und absolviert einen insgesamt dreijährigen Vorbereitungsdienst, der Fachstudien an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung (FHÖV) des Landes Rheinland-Pfalz in M von 21 Monaten sowie berufspraktische Studien mit Schwerpunkt bei der Universität M von 15 Monaten umfasst. Die Klägerin bezieht seither Anwärterbezüge in Höhe von brutto 902,36 € (netto 887,75 €) monatlich; seit 01.07.2008 895,33 € netto monatlich. Für die Dauer des Grundstudiums an der FHÖV von August 2006 bis Februar 2007 sowie des Hauptstudiums an der FHÖV von September 2007 bis April 2008 bewilligte ihr der Dienstherr Trennungsgeld. Auf ihren Antrag vom 08.03.2007 bewilligte die Stadtverwaltung K Wohngeld in Höhe von monatlich 22,00 € ab 01.03.2007; seit 01.01.2008 erhält die Klägerin kein Wohngeld mehr. Im Juli 2006 (Praxiseinführung) und in der Zeit vom 01.03.2007 bis 31.08.2007 (Einführungspraktikum) war die Klägerin in ihrer Dienststelle in M tätig, von Mai 2008 bis Juli 2008 absolvierte sie eine Gastausbildung beim K Entsorgungsbetrieb, von August bis Oktober 2008 war/ist sie wieder an der Universität M tätig (Hauptpraktikum). Für die Fahrten von ihrem Wohnort K nach M wandte die Klägerin monatlich ca. 240,00 € (Juli 2006), 250,00 € (März bis August 2007) bzw. 255,00 € (August bis Oktober 2008) auf. Der Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung beträgt monatlich 133,50 €.
Am 20.07.2006 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bei der Beklagten, die den Antrag mit Bescheid vom 26.07.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2006 ablehnte, weil die Ausbildung der Klägerin dem Grunde nach im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) förderungsfähig sei, so dass die Gewährung von Alg II gemäß § 7 Abs.5 Satz 1 SGB II ausgeschlossen sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 28.08.2006 Klage zum Sozialgericht Koblenz (SG) erhoben und geltend gemacht, ihr Grundbedarf für Unterkunft, Heizung und Lebensunterhalt liege bei 666,10 €, an Bezügen erhalte sie 887,75 € (netto), wovon anrechenbare Beträge in Höhe von etwa 555,00 € abzuziehen seien. Sie sei deshalb ergänzend auf die beantragten Leistungen angewiesen. Der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 SGB II greife nicht ein, weil nach § 2 Abs. 6 Nr. 3 BAföG Ausbildungsförderung nicht geleistet wird, wenn der Auszubildende als Beschäftigter im öffentlichen Dienst Anwärterbezüge oder ähnliche Leistungen aus öffentlichen Mitteln erhalte. Damit stehe fest, dass dem Grunde nach Ausbildungsförderung nicht geleistet werden könne. Nach ihrer Berechnung könne ihr bei den finanziellen Gegebenheiten im Übrigen ohnehin kein BAföG bewilligt werden. Es könne auch nicht darauf ankommen, ob sie ihre Situation durch einen Umzug nach M verbessern könne, weil bei der Beurteilung von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgegangen werden müsse.
Durch Urteil vom 16.11.2007 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Leistungsversagung der Beklagten sei...