Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegeversicherung. Kostenübernahme. Elektrisch betriebener Rolladen und Markise. Pflegehilfsmittel. Technische Hilfe
Orientierungssatz
Zur Kostenübernahme eines elektrisch betriebenen Rolladen in der Küche und einer elektrisch betriebenen Markise im Rahmen des § 40 Abs 1 oder Abs 4 SGB 11.
Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 28.05.1998; Aktenzeichen S 3 P 1056/97) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 28.5.1998 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für einen elektrisch betriebenen Rollladen und eine elektrisch betriebene Markise.
Die am … 1940 geborene Klägerin ist bei der Beklagten pflegeversichert. Sie bezieht wegen einer Encephalomyelitis disseminata (Multiple Sklerose) Pflegegeld der Pflegestufe I nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XI). Sie bewohnt allein ein eigenes Einfamilienreihenhaus. In diesem befinden sich Schlaf- und Badezimmer im Obergeschoss, Küche und Wohnzimmer im Erdgeschoss. Die Pflege erfolgt morgens und abends durch den Sohn der Klägerin sowie durch eine Nachbarin.
Im Frühjahr 1996 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten für die Umrüstung aller Rollläden ihres Hauses auf Elektroantrieb sowie die Kostenübernahme für eine elektrisch betriebene Markise. Der Arzt L.-W. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) führte in seiner Stellungnahme vom 13.6.1996 aus, in der Wohnung der Klägerin sei der Einbau eines elektrisch betriebenen Rollos im Wohn- und Schlafraum erforderlich. Die Klägerin könne aufgrund ihrer pflegebegründenden Erkrankung ein handbetriebenes Rollo nicht bedienen. Es handele sich um Fenster zur Südseite hin, so dass die Klägerin bei Bedarf auch tagsüber, um angemessen Ruhen zu können, in der Lage sein müsse, diese Räume jederzeit abdunkeln zu können. Die Pflegeperson sei nicht ständig anwesend, so dass die Klägerin häufig selbst in der Lage sein müsse, die Rollläden zu bedienen. Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 11.7.1996 die Ausstattung des Wohnzimmers und des Schlafzimmers mit elektrisch betriebenen Rollläden und übernahm von den Kosten in Höhe von 3.343,05 DM 3.008,74 DM, der von der Klägerin zu tragende Eigenanteil betrug 334,31 DM.
Im Januar 1997 beantragte die Klägerin erneut die Übernahme der Kosten für einen elektrisch betriebenen Rollladen in der Küche und eine elektrisch betriebene Markise. Der von ihr vorgelegte Kostenvoranschlag belief sich auf 850,– DM netto für den Rollladen und auf 815,– DM netto für die Markise zuzüglich 15 % Mwst, insgesamt auf 1.914,75 DM.
Mit Bescheid vom 13.2.1997 und Widerspruchsbescheid vom 11.9.1997 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der elektrische Rollladenantrieb sei nicht in das Pflegehilfsmittelverzeichnis aufgenommen worden, so dass eine Leistungsgewährung nach § 40 Abs. 1 SGB XI ausscheiden müsse. Auch eine Übernahme der Kosten nach § 40 Abs. 4 SGB XI komme nicht in Betracht. Es sei nicht ersichtlich, dass durch den Einbau die häusliche Pflege erleichtert oder ermöglicht oder eine möglichst selbständige Lebensführung wiederhergestellt werde. Die elektrischen Antriebe stellten sich als Zusatzeinrichtung für einen Sonnenschutz dar und seien ebenso wie dessen Anschaffung dem Lebensbereich eines jeden Einzelnen und damit auch der Nichtpflegebedürftigen zuzurechnen mit der Folge, dass die dadurch entstehenden Kosten in den Eigenverantwortungsbereich des Versicherten fielen.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Koblenz (SG) mit Urteil vom 28.5.1998 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Anschaffung von Elektromotoren für den Rollladen in der Küche und für die Markise. In dem als Orientierungshilfe für die Pflegekassen gedachten Pflegehilfsmittelverzeichnis sei ein Elektroantrieb für Rollläden oder Markisen nicht aufgeführt. Das Umrüsten der Rollläden auf Elektroantrieb erleichtere die Pflege der Klägerin offensichtlich nicht. Durch die Umrüstung des Rollladens und der Markise werde der Klägerin auch nicht eine selbständigere Lebensführung ermöglicht bzw wiederhergestellt, denn der Rollladen in der Küche fördere nicht die Unabhängigkeit der Klägerin von einer Pflegeperson. Durch den Rollladen und die Markise würden keine Verrichtungen im Sinne des § 15 SGB XI erleichtert bzw unterstützt. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Kostenübernahme sei daher nicht möglich. Dass die Beklagte kulanterweise bereits Motoren für die Rollläden im Wohn- und Schlafbereich bewilligt habe, stehe der Ablehnung nicht entgegen. Eine einmalige großzügige Leistungsgewährung verpflichte die Beklagte nicht, auch in Zukunft über ihre gesetzlichen Verpflichtungen hinaus Leistungen ...