Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Pflegegeld. Ruhen des Leistungsanspruchs wegen eines Anspruchs auf Pflegegeld nach § 44 SGB 7. unfallbedingte Verschlimmerung
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch auf Pflegegeld nach dem SGB XI ruht nach § 34 Abs 1 Nr 2 SGB XI in Höhe der Leistungen des vorrangig verpflichteten Unfallversicherungsträgers. Dies gilt auch, wenn dieser seine Leistung nach § 44 SGB VII wegen einer unfallbedingten Verschlimmerung in Bezug auf den Pflegebedarf gewährt.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 19.6.2015 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist, in welchem Umfang der Anspruch der Klägerin auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung wegen eines Anspruchs auf Pflegegeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung ruht.
Die Beklagte hatte der 1924 geborenen Klägerin ab März 2012 Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I gewährt. Am 20.3.2013 erlitt die Klägerin bei einem Sturz eine Oberarmfraktur links. Während des dadurch erforderlichen stationären Krankenhausaufenthalts stürzte die Klägerin am 26.3.2013 erneut und zog sich eine Luxationsfraktur des linken oberen Sprunggelenkes mit Syndesmoseverletzung und kleinem knöchernem Ausriss der ventralen Syndesmose zu. Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 7.5.2013 aufgrund eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes vom April 2013 Leistungen der Pflegestufe II.
Die Beigeladene gewährt der Klägerin wegen des Unfalls vom 26.3.2013 im Hinblick auf einen Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 15 Buchstabe a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. In einer von ihr eingeholten Stellungnahme vom August 2013 führte der Krankenpfleger und Orthopädiemeister H aus: Die Gesamthilfebedarfe der Klägerin seien wesentlich auf die Folgen des Unfalls vom 26.3.2013 zurückzuführen. Bei der Klägerin bestünden Gesamthilfebedarfe von 214,9 Minuten täglich, wovon durch den Unfall vom 26.3.2016 ein Mehraufwand von 91,2 Minuten bedingt sei, was einem prozentualen Anteil am gesamten Hilfebedarf von 42,44 % entspreche. Demnach sei eine Leistung zur Pflege in Höhe von 42,44 %, ausgehend von dem Pflegegeldbetrag in Höhe von 50 % des Höchstbetrags, zu Lasten der Beigeladenen zu empfehlen. Daraufhin gewährte die Beigeladene der Klägerin durch Bescheid vom 26.9.2013 Pflegegeld nach § 44 SGB VII. Zur Begründung legte sie dar: Vor dem Unfall vom 26.3.2013 habe bereits Pflegebedürftigkeit im Sinne der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I bestanden. Insoweit könne unfallversicherungsrechtlich nur der unfallbedingte Mehrbedarf entschädigt werden, der in Analogie zur sozialen Pflegeversicherung der Pflegestufe II entspreche. Die Differenz werde als reine Geldleistung gewährt. Die Höhe des Pflegegeldes bestimme sich nach Art oder Schwere des Gesundheitsschadens sowie nach dem erforderlichen und durch die Folgen des Versicherungsfalls der gesetzlichen Unfallversicherung wesentlich (mit)verursachten Umfang der Hilfe. Das Pflegegeld werde auf 42,44 % von 50 % des Höchstbetrages festgesetzt. Die monatliche Leistung betrage ab dem 17.4.2013 268,86 € und ab dem 1.7.2013 269,53 €.
Durch Bescheid vom 19.12.2013 und Widerspruchsbescheid vom 2.6.2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit: Die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung seien nach § 13 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gegenüber Entschädigungsleistungen nach dem SGB VII nachrangig; § 34 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI konkretisiere dies dahingehend, dass der Leistungsanspruch nach dem SGB XI in Höhe der Entschädigungsleistungen nach dem SGB VII ruhe. Daher stehe der Klägerin nur Pflegegeld nach dem SGB XI in Höhe der Differenz zwischen der Pflegestufe II (monatlich 440,-- €) und der Leistung der Beigeladenen zu.
Am 2.7.2014 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Beklagte hätte ihrer Leistung den ohne den Unfall vom 26.3.2012 bestehenden Pflegebedarf zugrunde legen müssen und habe ihr deshalb Leistungen nach der Pflegestufe I (monatlich 235 €) zu erbringen, ohne dass diese zum Ruhen gekommen seien. Die Beigeladene hat sich dieser Auffassung angeschlossen.
Durch Urteil vom 19.6.2015 hat das Sozialgericht (SG) Trier die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 SGB XI ruhe der Anspruch auf Pflegeleistungen, soweit Versicherte Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürftigkeit aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhielten. Diese Regelung lasse nach ihrem Wortlaut keine Ausnahme zu. Dies sei verfassungskonform (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG - 29.4.1999 - B 3 P 15/98 R).
Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 21.7.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 30.7.2015 eingelegte Berufung der Klägerin, die ihr bisheriges Vorbringen wiederholt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil ...