Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliches Honorarstreitverfahren. Gegenstandswert. keine Erhöhungsgebühr bei Vertretung einer Gemeinschaftspraxis
Orientierungssatz
1. Der Gegenstandswert im vertragsärztlichen Streitverfahren ist nach § 8 Abs 2 S 2 BRAGebO zu bestimmen, weil es für die in § 116 Abs 2 BRAGebO näher umschriebenen Angelegenheiten keine einschlägigen Wertvorschriften gibt.
2. Bei Streitigkeiten über vertragsärztliches Honorar, mit denen Bestimmungen im HVM oder die Nichtberücksichtigung einer Ausnahmevorschrift gerügt werden, ist im Regelfall nicht exakt bezifferbar, wie hoch die Differenz zwischen dem Honorar ist, das der klagende Vertragsarzt erhalten hat, und dem, das ihm nach der seinem Klagebegehren zu Grunde liegenden Rechtsauffassung zustünde.
3. Die Besonderheiten des vertragsärztlichen Systems hinsichtlich der Einrichtung und des Betriebes von Gemeinschaftspraxen rechtfertigen es nicht, § 6 BRAGebO im Widerspruchs- oder Klageverfahren heranzuziehen.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der für ein erfolgreiches Widerspruchsverfahren zu erstattenden Kosten.
Die Kläger sind seit 1996 als fachärztliche Internisten in einer Gemeinschaftspraxis vertragsärztlich tätig. Ab dem Quartal IV/99 beschloss die Beklagte eine Änderung des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) für die Gruppe der fachärztlich tätigen Internisten und Lungenärzte. Dabei wurden die betroffenen Ärzte verschiedenen Teilgruppen auf der Basis des Leistungsspektrums des 2. Halbjahres 1998 zugeteilt.
Bereits mit Schreiben vom 20.9.1999 beantragten die Kläger die Zuordnung zur Gruppe der "Internisten mit dem Schwerpunkt kardiologische Leistungen" und zur Gruppe der "Internisten mit dem Schwerpunkt pneumologische Leistungen", da der Kläger zu 1. die kardiologischen und der Kläger zu 2. die pneumologischen Patienten versorge. Insoweit werde der Vorstand der Beklagten um eine im HVM vorgesehene Änderung der Einstufung in begründeten Fällen gebeten.
Mit Bescheid vom 26.11.1999 stufte die Beklagte die Kläger in die Gruppe der "Internisten mit breitem Leistungsspektrum" ein. Auf den Widerspruch der Kläger erfolgte ab dem Quartal IV/99 eine Zuordnung zur Gruppe der "Internisten mit dem Schwerpunkt kardiologische Leistungen" und zur Gruppe der "Internisten mit dem Schwerpunkt pneumologische Leistungen". Den Klägern wurde mit Bescheid vom 7.6.2000 eine Nachvergütung für das Quartal IV/99 von 23.241,29 DM Brutto (abzüglich Kosten 22.834,57 DM) gewährt.
Auf den Antrag der Kläger, ergänzend über die Kostentragungslast für das Widerspruchsverfahren zu entscheiden, setze die Beklagte mit Bescheid vom 29.8.2000 die zu erstattenden Kosten auf 1.260,34 DM (644,50 €) fest, wobei sie von einem Gegenstandswert für zwei abgeschlossene Quartale von insgesamt 16.000,00 DM (8.180,67 €) ausging.
Die Kläger legten Widerspruch ein und trugen zur Begründung vor, ausgehend von der Nachvergütung für das Quartal IV/99 sei der Gegenstandswert erheblich höher festzusetzen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1.3.2001 wurde der Widerspruch der Kläger zurückgewiesen. Die geltend gemachte Geschäftsgebühr entstehe mit der ersten Tätigkeit nach Erteilung des Auftrages, vorliegend spätestens nach Erhebung des Widerspruchs am 22.11.1999. Zu diesem Zeitpunkt sei noch kein Quartal nach der Änderung des HVM abgerechnet gewesen. Es habe somit ein konkreter Anhaltspunkt für die Bestimmung des Gegenstandswertes gefehlt. Zu berücksichtigen sei weiterhin, dass kein konkreter Zahlbetrag mit dem Widerspruch gefordert worden sei. In derartigen Fällen sei von einem Regelwert von 8.000,00 DM (4.090,34 €) für jedes strittige Quartal auszugehen. Da die Änderung zum 1.10.1999 in Kraft getreten sei und der Widerspruchsbescheid vom 25.5.2000 datiere, seien für die Berechnung des Gegenstandswertes zwei abgeschlossene Quartale zu berücksichtigen, mithin ein Streitwert von 16.000,00 DM (8.180,67 €).
Im Klageverfahren haben die Kläger die Kosten des Widerspruchsverfahrens auf insgesamt 5.181,14 DM (2.649,07 €) beziffert und unter Anrechnung des bereits gezahlten Teilbetrages eine weitere Zahlung in Höhe von 3.920,80 DM (2.004,67 €) begehrt. Zur Begründung wurde vorgetragen, bei der Streitwertbemessung müsse vom wirtschaftlichen Vorteil des Widerspruchs für das Quartal IV/99 ausgegangen werden, dieser belaufe sich auf 23.241,29 DM. Der angefochtene Bescheid sei für die gesamte weitere Zukunft ohne zeitliche Begrenzung ergangen, so dass sich der Streitwert auf den 3 œ-fachen Wert des einjährigen Bezuges, mithin also auf 325.368,06 DM (166.358,05 €) belaufe. Aus diesem Streitwert könne eine 10/10 Gebühr gemäß § 118 Abs 1 Nr 1 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) eine 3/10 Gebühr aus § 6 BRAGO, eine Auslagenpauschale sowie MWST abgerechnet werden, dies ergebe den geltend gemachten Betrag in Höhe von 5.181,14 DM. Die Ausschöpfung der Rahmengebühr rechtfertige sich, da die zu bewältigenden Sach- und Rechtsfragen schwieri...