Entscheidungsstichwort (Thema)
Alterssicherung der Landwirte. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Geschäftsführer bzw Gesellschafter einer Weingut GmbH. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Wird ein Unternehmen der Landwirtschaft von mehreren Unternehmern gemeinsam, von einer Personenhandelsgesellschaft oder einer juristischen Person - hier in Form einer GmbH - betrieben, gilt das Unternehmen gem § 21 Abs 8 S 1 ALG nur dann als abgeben, wenn der Unternehmer aus dem Unternehmen ausgeschieden ist. Dies erfordert, dass sich der Unternehmer gesellschaftsrechtlich vollständig von der Gesellschaft gelöst hat (vgl BSG vom 30.8.2007 - B 10 LW 4/06 = SozR 4-5868 § 30 Nr 1). Für eine GmbH bedeutet dies, dass der Betroffene die Gesellschafteranteile abgeben muss.
2. § 21 Abs 8 ALG ist verfassungskonform. Insbesondere steht die Vorschrift im Einklang mit Art 3 Abs 1, Art 12 und Art 14 GG. Die Notwendigkeit der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung einer Rente aus der landwirtschaftlichen Altersversorgung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl BVerfG vom 18.12.1981 - 1 BvR 943/81 = SozR 5850 § 2 Nr 8 und BVerfG vom 20.9.1999 - 1 BvR 1750/95 = SozR 3-5850 § 4 Nr 1).
Nachgehend
Tenor
1. |
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Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 26.6.2008 wird zurückgewiesen. |
2. |
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Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. |
3. |
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Die Revision wird zugelassen. |
Tatbestand
Umstritten ist ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beteiligten streiten darum, ob dieser Anspruch die Abgabe der Gesellschaftsanteile des Klägers an dem landwirtschaftlichen Unternehmen erfordert.
Der 1964 geborene Kläger ist Gesellschafter und Geschäftsführer der W H GmbH. Außer ihm sind drei weitere Personen an der Gesellschaft beteiligt. Die Deutsche Rentenversicherung lehnte seinen Antrag auf eine Rente wegen Erwerbsminderung durch Bescheid vom 24.1.2006 wegen Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ab.
Auf seinen Antrag vom 1.3.2006 auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung aus der landwirtschaftlichen Alterskasse teilte die Beklagte dem Kläger unter dem 26.6.2006 mit, sie erkenne das Vorliegen von teilweiser Erwerbsminderung mit einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden an. Für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sei nach § 21 Abs 8 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) zusätzlich noch der Nachweis des Ausscheidens aus der GmbH notwendig. Der Kläger legte schriftliche Bestätigungen der Steuerberatungsgesellschaft G & L vom November 2006 sowie des M F. H vom gleichen Monat vor, aus denen sich ergibt, dass die W H GmbH nicht über eigene Weinbergsflächen verfügt, sondern ausschließlich gepachtete Weinberge bewirtschaftet. Der Kläger erklärte ergänzend, er könne und wolle nicht aus der Gesellschaft ausscheiden. Durch Bescheid vom 13.12.2006 und Widerspruchsbescheid vom 17.4.2007 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab, da hierfür gemäß § 13 Abs 1 Nr 4 iVm § 21 Abs 8 ALG das Ausscheiden aus der GmbH erforderlich wäre, woran es fehle.
Zur Begründung seiner am 12.5.2007 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen: Er habe den Umfang seiner Geschäftsführertätigkeit in dem Maße der vorliegenden Erwerbsminderung reduziert. Das ALG weise eine auslegungsbedürftige Regelungslücke auf, die zu seinen Gunsten ausgefüllt werden müsse. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ALG habe es eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung noch nicht gegeben. Nach deren Einführung habe es der Gesetzgeber versäumt, § 21 Abs 8 ALG anzupassen. Durch die Verweigerung einer Rente werde er in seinen Grundrechten nach Art 3, 12, 14 Grundgesetz (GG) verletzt. Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen werde er dadurch ungerechtfertigt benachteiligt, dass diesen - im Unterschied zu ihm - erlaubt sei, in gewissen Grenzen einer Berufstätigkeit nachzugehen, während er seine berufliche Tätigkeit vollständig aufgeben müsse, um in den Genuss einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gelangen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen: Das Ausscheiden aus der Gesellschaft iSd § 21 Abs 8 ALG erfordere eine vollständige gesellschaftsrechtliche Lösung vom Unternehmen, Eine bloße Kapitalbeteiligung ohne Teilnahme am Unternehmerrisiko könne bestehen bleiben, wobei aber eine unschädliche Kapitalbeteiligung auch dann nicht vorliege, wenn der Gesellschafter als stiller Gesellschafter weiterhin am unternehmerischen Risiko beteiligt sei. Das gelte auch dann, wenn sich die Beteiligung im Rahmen des § 232 Handelsgesetzbuch (HGB) bewege, also auf den Betrag der Einlage beschränkt sei.
Durch Urteil vom 26.6.2008 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Eine planwidrige Regelungslücke des Gesetzes sei nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber habe vielmehr Sachverhalte wie den vorliegenden dergestalt regeln wollen, dass e...