nicht-rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit. Lichtsignalanlage. Hilfsmittel im krankenversicherungsrechtlichen Sinne
Leitsatz (amtlich)
Es gehört nicht zu den Bedürfnissen des Menschen, jederzeit ohne Schwierigkeit von der Außenwelt erreichbar zu sein; der Gehörlose ist durch seine Behinderung nicht gehindert, aktiv Verbindung aufzunehmen, wann immer er es wünscht.
Orientierungssatz
Eine Lichtsignalanlage ist kein Hilfsmittel im krankenversicherungsrechtlichen Sinne.
Normenkette
RVO § 182b S. 1
Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 13.06.1985; Aktenzeichen S 5 K 36/84) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 13. Juni 1985 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der an einer an Taubheit grenzenden Innenohrschwerhörigkeit leidende Kläger ist nach eigenen Angaben auch mit Hörgerät nicht in der Lage, ein Klingelzeichen zu hören. In der von ihm zusammen mit seiner ebenfalls an einem an Taubheit grenzenden Hörverlust leidenden Ehefrau bewohnten Wohnung hat er einen „Türklingel-Signalaufnehmer mit Zusatzblitzlampe” installieren lassen; es handelt sich dabei um ein Gerät, welches das akustische Türklingelsignal in ein optisches Signal überträgt. Der Arzt Dr. K. in K. bescheinigte ihm, auf eine solche Anlage angewiesen zu sein.
Die Beklagte, bei der der Kläger gesetzlich krankenversichert ist, lehnte die beantragte Übernahme der Kosten in Höhe von ca. 250,– DM ab, weil es sich um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, wenn auch in besonderer Ausführung, handele, der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung begründe, auch wenn er infolge Krankheit oder Behinderung erforderlich werde (Bescheid vom 5. Dezember 1983; Widerspruchsbescheid vom 1. März 1984).
Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Lichtklingelanlage sei ein der medizinischen Rehabilitation dienendes Hilfsmittel; für jeden Gehörlosen sei eine optische Signalanlage erforderlich, um in Notfällen unterrichtet und vor Gefahren bewahrt werden zu können; zu Recht habe das Sozialgericht (SG) Fulda schon im Januar 1982 rechtskräftig entschieden, daß die Lichtsignalanlage ein zum Ausgleich der körperlichen Behinderung erforderliches Hilfsmittel sei. Unter Hinweis auf den von den Spitzenverbänden der Krankenkasse herausgegebenen Hilfsmittelkatalog vom 29. Oktober 1982 hat die Beklagte daran festgehalten, daß die Versorgung mit einer Klingelleuchte nicht in den Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenleuchte nicht in den Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung falle.
Durch Urteil vom 13. Juni 1985 hat das SG Koblenz die Klage abgewiesen. Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Türklingelsignalanlage mit Zusatzblitzlampe sei kein Hilfsmittel im krankenversicherungsrechtlichen Sinne, sondern ein Einrichtungsgegenstand der behindertengerechten Wohnung.
Gegen das ihm am 25. Juni 1985 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Eingang beim SG am 27. Juni 1985 die vom SG zugelassene Berufung eingelegt.
Er trägt ergänzend vor, durch die Lichtklingeanlage werde einem hochgradig Hörgeschädigten erst die Verbindung mit der Außenwelt ermöglicht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 13. Juni 1985 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 1983 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. März 1984 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Anschaffung eines Türklingel-Signalaufnehmers mit Zusatzblitzlampe zu tragen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gerichts- und Beklagtenakten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Kosten für eine Lichtklingelanlage (Türklingel-Signalaufnehmer mit Zusatzblitzlampe) zu übernehmen. Nach §§ 182 b Satz 1, 507 Abs. 4 Reichsversicherungsordnung (RVO) in Verbindung mit Abschnitt F – Leistungen – der Versicherungsbedingungen der Beklagten hat der Kläger nur Anspruch auf Ausstattung mit Körperersatzstücken sowie orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die erforderlich sind, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen, den Erfolg der Heilbehandlung zu sichern oder eine körperliche Behinderung auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Die Lichtklingelanlage aber stellt kein Hilfsmittel in diesem – krankenversicherungsrechtlichen – Sinne dar, obwohl es sich bei ihr nicht – wie die Beklagte mein – um einen behinderungsgerecht gestalteten Gegenstand des allgemeinen Gebrauchs und entgegen der Ansicht des SG Koblenz auch nicht um ei...