Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Berufung. abgelaufener Zeitraum. freiwillige Beschränkung der Berufungsbeschwer

 

Leitsatz (amtlich)

Unzulässig wird die zur Weiterverfolgung eines Anspruchs auf vorgezogenes Altersruhegeld wegen einjähriger Arbeitslosigkeit eingelegte Berufung, wenn der Berufungskläger – seiner eingenen Auffassung vom wirklichen Zeitpunkt des Eintritts seiner Erwerbsunfähigkeit zuwider – erst nach Einlegung der Berufung Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beantragt und sodann wegen der dem Antrag entschprechenden Bewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente nur noch das Altersruhegeld für die Zeit vor deren Beginn begehrt.

 

Normenkette

SGG § 146; RVO § 1248 Abs. 2, § 1247 Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 09.08.1973; Aktenzeichen S 9 J 752/72)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.02.1978; Aktenzeichen 4 RJ 73/77)

 

Tenor

1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 9. August 1973 wird als unzulässig verworfen.

2. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Nach Rückverweisung der Sache vom Bundessozialgericht (BSG) an den erkennenden Senat durch Urteil vom 29. Juli 1976 streiten die Beteiligten nur noch darüber, ob dem Kläger, dem die Beklagte durch Bescheid vom 24. November 1976 ab dem 1. Mai 1974 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt hat, für die Zeit vom 1. Juni 1972 bis 30. April 1974 vorgezogenes Altersruhegeld wegen einjähriger Arbeitslosigkeit zu zahlen ist.

Die am 31. Januar 1969 und 21. Juni 1971 gestellten Anträge auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit des 1911 geborenen Klägers, der als Gärtner, Land-, Rangier- und Erdarbeiter rentenversicherungspflichtig beschäftigt und bis Ende Juni 1969 Bundesbahnbeamter war, blieb erfolglos (Bescheide der Beklagten vom 19. Mai 1969, 8. September 1971, Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 6. April 1972).

Am 18. Mai 1972 beantragte der Kläger, ihm Altersruhegeld wegen mindestens einjähriger ununterbrochener Arbeitslosigkeit zu gewähren. Zum Nachweis der Arbeitslosigkeit bezog er sich auf eine Bescheinigung des Arbeitsamtes Montabaur – Dienststelle Lahnstein – vom 14. April 1972, in der es heißt, der Kläger sei seit dem 2. Februar 1970 bis auf weiteres als Arbeitsuchender arbeitslos gemeldet; Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe seien nicht gezahlt worden. Ferner legte er Schreiben der Firmen L. und B.-B. in K. vom 28. Februar 1970 und 27. April 1971 vor, die seine Bewerbungen um Arbeit zurückwiesen; desgleichen eine Bescheinigung vom 16. Juni 1972, ausgestellt von der Firma B. Geschwister R. in K. in der von seiner Beschäftigung am 14. und 15. Juni 1972 berichtet wird, die wegen nicht ausreichender körperlicher Leistungsfähigkeit nicht habe fortgesetzt werden können. Auf Anfrage der Beklagten teilte das Arbeitsamt Montabaur – Dienststelle Lahnstein – am 6. September 1972 mit, dem Kläger sei am 1. Februar 1971 eine Tätigkeit im Wachdienst angeboten worden. Er habe diese Beschäftigung aber abgelehnt, weil ihm das Arbeitsentgelt von stündlich 2,20 DM zu gering gewesen sei. Andere Arbeitsplätze hätten für ihn nicht zur Verfügung gestanden.

Mit Bescheid vom 20. Oktober 1972 lehnte die Beklagte den Antrag vom 18. Mai 1972 ab, weil der Kläger den Nachweis einer mindestens einjährigen ununterbrochenen Arbeitslosigkeit nicht erbracht habe.

Im Klageverfahren gegen diesen Bescheid hat der Kläger vorgetragen, die ihm vom Arbeitsamt angebotenen Arbeitsplätze, bei denen er als Nachtwächter sowie als Taxifahrer für Tag- und Nachtfahrten hätte arbeiten müssen, habe er nicht angenommen, weil er nach dem im Anschluß an den Rentenantrag vom 21. Juni 1971 erstatteten Gutachten des Internisten Dr. K. vom 25. August 1971 keine Nacht- und Schichtarbeiten leisten könne. Andere Arbeitgeber, bei denen er sich selbst um Arbeit bemüht habe, hätten es nach Kenntnisnahme von seiner verbliebenen Leistungsfähigkeit abgelehnt, ihn zu beschäftigen. So habe er sich im März 1973 bei zwei Firmen um die Tätigkeit eines Prospektverteilers erfolglos bemüht. Desgleichen seien seine im selben Monat auf Zeitungsannoncen hin abgegebenen Bewerbungen nicht berücksichtigt worden. Im März und im Mai 1973 habe er auf eigenes Betreiben jeweils eine Zeitungsanzeige veröffentlichen lassen; auch dies sei ohne Erfolg geblieben. Seine Bemühungen seien bewiesen durch die vorgelegten Bewerbungsschreiben und Quittungsbelege.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 20. Oktober 1972 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vorgezogenes Altersruhegeld ab dem 18. Mai 1972 zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, eine ernsthafte Bereitschaft des Klägers, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen anzunehmen, sei nicht erkennbar.

Das Sozialgericht hat beim Arbeitsamt Montabaur angefragt, ob die „laut Auskunft vom 6. September 1972 angebotene Arbeit” dem Kläger zuträglich gewesen sei und ob es sich um eine Nachtarbeit gehandelt habe. Mit Schreiben vom 16. Juli 1973 hat das Arbeit...

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