Entscheidungsstichwort (Thema)

Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung. Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB 5

 

Leitsatz (amtlich)

Die Aufwandspauschale nach dem zum 1.4.2007 in Kraft getretenen § 275 Abs 1c Satz 3 SGB 5 ist in allen Fällen zu zahlen, in denen die Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung unter Einschaltung des Krankenhauses nach dem 31.3.2007 durchgeführt wurde, unabhängig davon, ob die Krankenhausbehandlung bereits früher begonnen oder sogar abgeschlossen wurde oder die Rechnung nach diesem Zeitpunkt der Krankenkasse zuging.

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 24.9.2008 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 100 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2.8.2007 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die beklagte Krankenkasse verpflichtet ist, die Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) auch in Fällen zu zahlen, in denen die stationäre Behandlung, die der geprüften Abrechnung zugrunde lag, vor dem 1.4.2007 begonnen wurde.

Vom 20.3.2007 bis 27.4.2007 wurde der bei der Beklagten krankenversicherte J R in dem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Die Rechnung der Klägerin vom 3.5.2007 ging am 4.5.2007 bei der Beklagten ein. Die am 10.5.2007 von der Beklagten in Auftrag gegebene Prüfung der Abrechnung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ergab nach Beiziehung der Krankenakte und Erörterung mit dem Krankenhaus keine Beanstandungen (Gutachten vom 12.6.2007). Die Zahlung der von der Klägerin verlangten Aufwandspauschale von 100 € verweigerte die Beklagte mit der Begründung, § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V sei nur auf Fälle anwendbar, in denen die Aufnahme zur stationären Behandlung nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmung zum 1.4.2007 erfolgt sei. Die am 2.8.2007 erhobene, auf Zahlung von 100 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gerichtete Klage hat das Sozialgericht Koblenz mit Urteil vom 24.9.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die zum 1.4.2007 in Kraft getretene Bestimmung des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V sei nur auf Behandlungsfälle anwendbar, die ab dem 1.4.2007 begonnen haben. Das ergebe sich aus der Gesetzesbegründung, nach der Einzelfallprüfungen "zukünftig" zielorientierter und zügiger einzusetzen seien. Da die Bestimmung im Vorfeld heftig umstritten gewesen und erst im Bundesgesetzblatt vom 30.3.2007 veröffentlicht worden sei, hätten sich die Krankenkassen erst ab dem 1.4.2007 darauf einstellen können. Anderenfalls hätten die Krankenkassen zur Einhaltung der in § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V vorgesehenen Ausschlussfrist von sechs Wochen alle noch offenen Prüfungen innerhalb dieser Frist einleiten müssen (Hinweis auf Sächsisches Landessozialgericht 25.04.2008 - L 1 B 198/08 KR-ER). Da dies zu einem Untergang von Ansprüchen führen würde, wäre die Regelung bei dieser Auslegung mit einer verfassungsrechtlich problematischen echten Rückwirkung verbunden. Im Übrigen sei aus Gründen der Rechtsklarheit und der Praktikabilität grundsätzlich auf die bei Aufnahme des Versicherten geltende Rechtslage abzustellen (Hinweis auf BSG 24.1.2008 - B 3 KR 17/07 R). Für die Aufwandspauschale könne es auch nicht auf den Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung bei der Krankenkasse ankommen, denn das Gesetz stelle nur für den Lauf der Sechs-Wochen-Frist auf den Eingang der Rechnung ab. Zudem würde eine solche Auslegung den Krankenhäusern ermöglichen, den Anspruch auf die Aufwandsentschädigung durch eine verzögerte Vorlage der Rechnung willkürlich herbeizuführen.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 26.10.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.11.2008 die vom Sozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt. Sie trägt vor, für die Entstehung des Anspruchs auf die Aufwandspauschale nach dem zum 1.4.2007 in Kraft getretenen § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V sei nicht auf den Zeitpunkt der Aufnahme des Versicherten im Krankenhaus abzustellen. Im vorliegenden Fall liege sowohl der Entlassungstag als auch die Rechnungsstellung nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bestimmung. Die Neuregelung sei daher anwendbar. Diese Auslegung führe auch nicht zu einer echten Rückwirkung. Es komme auf den Zeitpunkt der mit der Rechnungsstellung verbundenen Prüfung durch den MDK an.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 24.9.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 100 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Zu den weiteren Ein...

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