Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Abrechnung der manuellen Therapie nur durch zugelassene Physiotherapeuten mit absolvierter Weiterbildung und bestandener Abschlussprüfung. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Die in den Heilmittelrichtlinien (juris: HeilMRL) des Gemeinsamen Bundesausschusses und im maßgeblichen Landesvertrag enthaltene Regelung, nach der nur zugelassene Physiotherapeuten Leistungen der manuellen Therapie zu Lasten der Krankenkassen abrechnen dürfen, wenn sie eine Weiterbildung in der Behandlungstechnik absolviert und eine Abschlussprüfung bestanden haben, ist rechtmäßig. Hierdurch wird höherrangiges Recht, insbesondere Art 12 GG, nicht verletzt.

 

Nachgehend

BSG (Vergleich vom 16.03.2017; Aktenzeichen B 3 KR 5/16 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 24.04.2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits für beide Rechtszüge.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger zur Erbringung von Leistungen der manuellen Therapie für Versicherte der Ersatzkassen berechtigt ist.

Der Kläger absolvierte 1978 die Prüfung zum Masseur und medizinischen Bademeister. Er ist Mitglied des VDB-Physiotherapieverband, Landesverband Rheinland-Pfalz und Saarland e.V. (VDB). Am 14.03.1999 hat er den ua zwischen dem VDB und den Verbänden der Angestellten- und Arbeiter- Ersatzkassen, deren Rechtsnachfolger der Beklagte ist (im Folgenden Beklagter), geschlossen Vertrags vom 18.11.1991 einschließlich der Anlagen in der jeweils geltenden Fassung anerkannt. Auf dieser Basis erbringt er entsprechende Leistungen für die Ersatzkassen. Am 05.10.2007 hat ihm die Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises die Erlaubnis zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde beschränkt auf den Bereich der physikalischen Therapie und der Physiotherapie im Sinne der §§ 3 und 8 des Gesetzes zur Regelung der Berufe in der Physiotherapie mit Ausnahme der Behandlungen zur Traktion der Wirbelsäule und der Durchführung von Thermalbädern als Vollbäder incl. Stangenbäder erteilt. In der Zeit vom 01.12.2007 bis 20.12.2009 absolvierte der Kläger eine Weiterbildung in manueller Therapie mit einem Umfang von 380 Stunden und nahm mit Erfolg an der Abschlussprüfung teil. Seinen Antrag auf Erteilung der Abrechnungserlaubnis zur Erbringung von Leistungen der manuellen Therapie ab 21.12.2009 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 22.01.2010 ab. Eingangsvoraussetzung für eine Erbringung von manueller Therapie sei nach den Zulassungsbedingungen nach § 124 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) der Spitzenverbände der Krankenkassen (jetzt: Spitzenverband Bund der Krankenkassen) eine abgeschlossene Berufsausbildung als Physiotherapeut bzw. Krankengymnast und eine Weiterbildung mit einem Mindestumfang von 260 Stunden. Dieser Weiterbildungsumfang gelte jedoch nur für Physiotherapeuten und Krankengymnasten. Für Masseure und medizinische Bademeister halte der Medizinische Dienst der Spitzenverbände (MDS) einen Weiterbildungsumfang von etwa 1.000 Stunden für erforderlich, weil im Rahmen dieser Weiterbildung dem Masseur Ausbildungsparameter vermittelt werden müssten, welche bei den Physiotherapeuten und Krankengymnasten bereits Bestandteil ihrer Grundausbildung seien. Auf den Widerspruch des Klägers hob der Beklagte diesen Bescheid durch Widerspruchsbescheid vom 03.05.2010 auf, weil zu Unrecht durch Verwaltungsakt entschieden worden sei; die Abrechnungserlaubnis für manuelle Therapie sei im Übrigen dem Kläger zu Recht verweigert worden.

Am 01.02.2011 hat der Kläger Leistungsklage auf Erteilung der Befugnis zur Abgabe und Abrechnung von Leistungen der manuellen Therapie ab dem 4. Quartal 2009 zu Lasten der Ersatzkassen erhoben. Er hat geltend gemacht, auch die Berufsgruppen der Masseure und Bademeister seien nach entsprechender Weiterbildung zur Erbringung der Leistungen der manuellen Therapie berechtigt, ohne dass eine weitergehende Fortbildung als bei Krankengymnasten zu fordern sei. Die gegenteilige Auffassung des Beklagten stelle einen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Berufswahl nach Artikel 12 Grundgesetz (GG) sowie einen Verstoß gegen Artikel 3 GG dar (Hinweis auf LSG Bayern 17.08.2006 - L 4 KR 295/03).

Der Beklagte hat eingewandt, für die Erweiterung der Abrechnungserlaubnis um Leistungen der manuellen Therapie, die in Ziffer 17.A.2.7. der Heilmittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) mit einem Stern gekennzeichnet sei, sei eine über die im Rahmen der Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten hinausgehende Qualifikation erforderlich. Im vorliegend maßgeblichen zum 01.01.2008 in Kraft getretenen Vertrag ua zwischen dem VDB und den Verbänden der Ersatzkassen (vgl. Anlagenband) über die Einzelheiten der Versorgung der Versicherten der Mitgliedskassen mit Leistungen der Physiotherapie (Rahmenvertrag nach § 125 Abs. 2 SGB V) sei in der Anlage 1 zum Vertrag unter Ziffer X. 1201 “manuelle Therapie„ zum Punkt ...

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