Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausabrechnung. Kodierung der Beatmung eines Neugeborenen bzw Säuglings mit der High-Flow-Nasenbrille (HFNC). keine maschinelle Beatmung iSd Nr 1001l DKR 2017
Orientierungssatz
Die Beatmung eines Neugeborenen bzw Säuglings mit der High-Flow-Nasenbrille (HFNC-Methode) stellt keine maschinelle Beatmung im Sinne der Nr 1001l DKR 2017 dar.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Koblenz vom 01.06.2018 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind restliche Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 5.887,71 € nebst Zinsen.
Die Klägerin ist Rechtsträgerin des nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen S Krankenhauses N. Wegen einer akuten Bronchiolitis durch Respiratory-Syncytial-Viren wurde die bei der Beklagten krankenversicherte, am xx.xx.2016 geborene J S (im Folgenden: Versicherte) vom 30.01.2017 bis zum 06.02.2017 zunächst auf der Kinderintensivstation und sodann auf der pädiatrischen Station behandelt. Dabei erfolgte in der Zeit vom 30.01.2017, 20:00 Uhr, bis zum 02.02.2017, 11:30 Uhr, eine Therapie mittels High-Flow-Nasenbrille (im Folgenden: HFNC-Therapie). Bei dieser wird eine Mischung von Druckluft und Sauerstoff geliefert, wodurch höhere Sauerstoffkonzentrationen bei der Einatmung erreicht werden können; die Methode wird verwendet, um zusätzlichen Sauerstoff oder einen erhöhten Luftstrom zu einem Patienten, der Atemhilfe benötigt, zu transportieren. Mit Rechnung vom 03.04.2017 machte die Klägerin unter Zugrundelegung der Fallpauschale DRG E40C (Krankheiten und Störungen der Atmungsorgane mit Beatmung ≫24 Stunden, mehr als zwei Belegungstage, mit komplexer Prozedur, ohne äußerst schwere CC, außer bei Para-/Tetraplegie) und unter Ansatz von 66 Beatmungsstunden eine Vergütung in Höhe von insgesamt 8.656,96 € geltend. Die Beklagte zahlte hierauf am 18.04.2017 einen Teilbetrag in Höhe von 2.769,25 €. Sie beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Prüfung, ob die Anzahl der Beatmungsstunden und die Kodierung korrekt seien. Der Arzt im MDK E gelangte im Gutachten vom 17.05.2017 zum Ergebnis, die nasale Applikation von Atemgas (mit oder ohne zusätzliche Sauerstoffzugabe) über Nasenbrille mit hohem Fluss entspreche nicht der Definition einer maschinellen Beatmung in den Deutschen Kodierrichtlinien - DKR - (2017) 1001l. Zwar seien bei Neugeborenen auch atmungsunterstützende Maßnahmen mit den entsprechenden OPS-Kodes zu verschlüsseln, soweit nicht eine maschinelle Beatmung erfolge. Dies allein rechtfertige jedoch nicht das Kodieren der Beatmungsdauer, da es sich hierbei definitionsgemäß nicht um eine Beatmung im Sinne der Kodierrichtlinien handele. Der Behandlungsfall sei daher ausgehend von der Fallpauschale DRG E70A (Keuchhusten und akute Bronchiolitis, Alter ≪3 Jahre) abzurechnen; den sich hiernach ergebenen - unstreitigen - Teilbetrag hatte die Beklagte zuvor unter Vorbehalt angewiesen.
Wegen des Differenzbetrages nebst Zinsen hat die Klägerin am 18.01.2018 Klage zum Sozialgericht Koblenz (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, die HFNC-Therapie beinhalte eine maschinelle Unterstützung der Atmung und sei daher bei der Beatmungsdauer einzuberechnen. Dies ergebe sich auch aus der OPS-Systematik, die im übergeordneten Kode 8-711 (maschinelle Beatmung und Atemunterstützung bei Neugeborenen und Säuglingen) im Subkode 8-711.4 ausdrücklich die “Atemunterstützung durch Anwendung von High-Flow-Nasenkanülen (HFNC-System)„ beinhalte. Die Nichteinbeziehung der HFNC-Therapie bei der Berechnung der Beatmungszeit würde zudem fragwürdige und gefährliche Anreize setzen, weil dann bei Einsatz von HFNC-Systemen nicht annähernd eine Kostendeckung durch die DRG-Erlöse zu erzielen sei und die Gefahr bestünde, dass statt moderner und schonender Verfahren invasivere Beatmungsverfahren mit erhöhtem Risiko eingesetzt würden. Die Beklagte hat dem entgegengehalten, bei der HFNC-Therapie handele es sich nicht um eine mechanische Vorrichtung, mit deren Hilfe Gas in die Lunge bewegt werde. Es werde lediglich im Atemwegsbereich ein positiv über dem Umgebungsdruck erhöhter Druck erzeugt. Die Luftinsufflation erfolge über eine Nasenbrille, die nicht dicht abschließe. Der Mund sei nicht geschlossen. Also könne über den Mund bereits ein Großteil der Luft und des Druckes entweichen - im Gegensatz zu einer Beatmung über Vollmaske oder Helm, bei der ein geschlossenes System vorliege, in welchem der Druck nicht entweichen könne. Im Übrigen stelle sich die Frage nach der Druckmessung und der Drucksteuerung. Bei allen anderen Formen der Beatmung oder CPAP-Verfahren steuere die Maschine kontrolliert den Druck und zeige diesen an. Die von den DKR (2017) 1001l anerkannte Ausnahme der Anrechnung einer Atemunterstützung durch CPAP bei Neugeborenen und...