Entscheidungsstichwort (Thema)
Medizinischer Dienst der Krankenversicherung. Anspruch auf Aufwandspauschale zwecks Prüfung der Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung nach Zwischenrechnung des Krankenhauses
Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch auf eine Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB 5 kann auch bestehen, wenn der Medizinische Dienst der Krankenversicherung die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung nach einer Zwischenrechnung des Krankenhauses prüft (Abweichung von LSG Darmstadt vom 12.11.2009 - L 1 KR 90/09).
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 5.8.2009 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 100,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.11.2008 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist ein Anspruch auf eine Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
In dem von der Klägerin betriebenen, nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus wurde die Versicherte G H in der Zeit vom 20.12.2007 bis zum 15.2.2008 stationär behandelt. Unter dem 4.1.2008 beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Abklärung der Notwendigkeit der stationären Aufnahme der Versicherten. Dazu sah sie sich veranlasst, weil es sich um die dritte stationäre Aufnahme der Versicherten innerhalb von 12 Monaten handelte. Aufgrund einer Klinikbegehung am 28.1.2008 stellte der Arzt im MDK S fest, die weitere stationäre Behandlung der Versicherten bis zum 15.2.2008 sei bei paranoider Schizophrenie nervenärztlich indiziert.
Die Klägerin sandte der Beklagten unter dem 29.2.2008 die Abschlussrechnung, welche die Beklagte in voller Höhe beglich. Unter dem 17.10.2008 forderte sie von der Beklagten eine Aufwandspauschale von 100,-- €. Nachdem die Beklagte die Zahlung der Pauschale verweigert hatte, hat die Klägerin am 3.11.2008 Klage beim Sozialgericht (SG) Koblenz erhoben. Sie hat ua darauf hingewiesen, sie habe der Beklagten vor der Stellungnahme des Arztes S unter dem 3.1. und 17.1.2008 per Datenträgeraustausch Zwischenrechnungen übersandt. Die Klägerin hat dem SG Schreiben der Deutschen Krankenhaus Gesellschaft sowie des Bundesministeriums für Gesundheit, jeweils vom November 2007 vorgelegt, worin die Meinung vertreten worden war, die Aufwandspauschale falle auch bei einer Überprüfung des MDK auf eine Zwischenrechnung an. Die Beklagte hat vorgetragen: Wäre die Auffassung der Klägerin zutreffend, müssten die Krankenkassen vor der MDK-Beauftragung die Rechnung abwarten, um die Aufwandspauschale abwehren zu können, da nur in diesem Fall eine nachweisbare monetäre Minderung des Abrechnungsbetrages möglich wäre. Die frühzeitige Einschaltung des MDK trage im Übrigen im Interesse des Krankenhauses dazu bei, eine Fehlabrechnung zu verhindern. Eine Zwischenrechnung könne einer Schlussrechnung nicht gleichgestellt werden. Anderenfalls wäre mit einer erheblichen Rechtsunsicherheit zu rechnen, da ggf diverse Ausschlussfristen zu beachten wären, was dem ua durch § 275 Abs 1c SGB V beabsichtigten Bürokratieabbau zuwiderlaufen würde.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 5.8.2009 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Voraussetzungen einer Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V seien nicht erfüllt. Denn nach dem Wortlaut dieser Vorschrift komme die Pauschale nur bei einer Prüfung aufgrund einer Schlussrechnung des Krankenhauses in Betracht. Dies entspreche den Erwägungen, welche den Gesetzgeber zur Aufnahme des § 275 Abs 1c SGB V veranlasst hätten. Dieser habe bei Schaffung der Vorschrift an die Fälle gedacht, in denen Einzelfallprüfungen quasi standardmäßig eingeleitet würden. In Anbetracht des bereits dritten stationären Aufenthalts der Versicherten innerhalb von 12 Monaten hätten für die Beklagte hinreichende Gründe für die von dieser veranlasste Prüfung durch den MDK bestanden. Im vorliegenden Fall sei auch zu beachten, dass die Prüfung durch den MDK dem Krankenhaus ermöglicht habe, den weiteren Behandlungsablauf danach auszurichten, was diesem eine langwierige und kostenintensive Auseinandersetzung mit der Krankenkasse erspart habe. Das SG hat die Berufung zugelassen.
Gegen dieses ihr am 14.8.2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 14.9.2009 eingelegte Berufung der Klägerin, die vorträgt: Die Voraussetzungen der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V seien erfüllt. Jede andere Auslegung würde den mit der Einführung dieser Vorschrift verfolgten gesetzgeberischen Zielen widersprechen und die Vorschrift letztlich leerlaufen lassen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Koblenz vom 5.8.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 100 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.11.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückz...