Leitsatz (amtlich)
Bloße Erwägungen oder bedingte Absichten genügen nicht, vielmehr muß der (unbedingte) Entschluß zum Selbstbezug eines Neubaus und damit zur Bestimmung als Familienheim vor Eintritt des Versicherungsfalles gefaßt worden sein, um den Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 15 RVO herbeizuführen. Allein auf Grund nachträglichen Antrages auf Steuerbegunstigung als Familienheim kann in der Regel nicht mit Überzeugung ausgeschlossen werden, daß der verletzte Bauherr erst durch den Unfall zum Selbstbezug des Neubaus bewogen worden ist.
Normenkette
RVO § 539 Abs. 1 Nr. 15
Verfahrensgang
SG Trier (Urteil vom 24.09.1981; Aktenzeichen S 4 U 205/79) |
Tenor
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 24. September 1981 wird zurückgewiesen.
2. Auch im Berufungsverfahren sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte eine Handverletzung des Klägers beim Hausbau aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen hat.
Der 1930 geborene Kläger, von Beruf Buchhalter, und seine Ehefrau sind Miteigentümer zu je einhalb des 636 qm großen, unregelmäßig geschnittenen Grundstücks Kataster-Nr. … in der Gemarkung M. des Landkreises B.-W.. Auf diesem Grundstück befindet sich vorn an der W. Straße in M. mit der Nr. … ein aus dem vorigen Jahrhundert stammendes Bauernhaus, das vom Kläger mit Ehefrau und einer unverheirateten Tochter bewohnt wird (Berufungsschrift vom 20. November 1981, S. 2; bis heute keine Anschriftänderung). Anfang Mai 1978 begann er damit, das dahinterliegende Wirtschaftsgebäude zu einem Wohngebäude mit insgesamt rund 240 qm Wohnfläche umzubauen. Sein Bauplaner war der Architekt F. K. in D., sein Rohbauausführender war die Bauunternehmung L. M. GmbH und sein Bauleiter war der Maurermeister W. M. in H.. Den Rohbauabnahmeschein hat er im Februar 1980 erhalten.
Mit Formularschreiben vom 2. November 1978 meldete der Kläger dem Beklagten folgenden Unfall: Er sei am Sonnabend des 21. Oktober 1978 damit beschäftigt gewesen, mit dem Lastenaufzug der Baufirma Dachpfannen nach oben zu befördern. Dazu habe er auf der obersten Geschoßdecke gestanden, mit der linken Hand den Schalter betätigt und mit der rechten Hand das Seil gehalten. Gegen 16.00 Uhr habe er versehentlich das Seil zu lange festgehalten, so daß seine rechte Hand vom Seilhaken in das Gehäuse der Spule gezogen worden sei. Antrag auf Anerkennung als steuerbegünstigtes Familienheim im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes und damit auf Unfallversicherungeschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 15 RVO werde noch gestellt.
Auf Antrage des Beklagten erstattete der Leitende Arzt Dr. W. von der Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses M. in D./E. einen Durchgangsarztbericht vom 14. November 1978: Der Patient habe seinerzeit nicht angegeben, daß es sich um einen Arbeitsunfall handele. Eine offene Trümmerfraktur am Köpfchen des rechten Zeigefingergrundgliedes, eine Trümmerfraktur des 4. Mittelhandknochens und schräg verlaufende Fraktur des 5. Mittelhandknochens seien bis 31. Oktober 1978 stationär behandelt worden. Nunmehr kündigte auch die Barmer Ersatzkasse Ersatzansprüche beim Beklagten an. Im Dezember 1978 entfernte der Chirurg Dr. W. einen Teil des Osteosynthesematerials. Ab 12. Februar 1979 erklärte er seinen Patienten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 % für wieder arbeitsfähig. Ende März/Anfang April 1979 entfernte er das restliche Osteosynthesematerial und Fäden. In seinem Rentengutachten für den Beklagten vom 21. Mai 1979 benannte er als Unfallfolgen eine mit Defektpseudoarthose verheilte Grundgliedfaktur des rechten Zeigefingers, Bewegungseinschränkung in den Gelenken des rechten Zeigefingers, unvollständigen Faustschluß, klinisch und röntgenologisch in guter Stellung verheilte Frakturen der Mittelhandknochen 4 und 5, Minderung der Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand (bei Rechtshändigkeit) und schätzte die Fortdauer einer MdE um 20 % zunächst bis Ende 1979.
Mit Formularschreiben vom 21. November 1973 an das Landratsamt in W. hatte der Kläger beantragt, sein Bauvorhaben als steuerbegünstigtes Familienheim im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes anzuerkennen. Darin erklärte er, daß er die im Ober- und Dachgeschoß der linken Gebäudehälfte liegende Wohnung nach voraussichtlicher Bezugsfertigkeit 1980/81 mit seiner aus fünf Personen bestehenden Familie beziehen werde. Ähnlich äußerte er sich am 22. April 1979 zu dem Außendienstbeamten Aufdermauer des Beklagten: Eine der Wohnungen des Neubaues W. Straße … werde er selbst beziehen. Die dann frei werdende Wohnung im Hause Nr. 1… und die zweite Neubauwohnung seien für seine derzeit 14, 20 und 25 Jahre alten Kinder bestimmt. Mit Formularbescheid vom 8. Dezember 1978 hatte die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich die Wohnungen mit 100,05 qm und 107,80 qm links als steuerbegünstigt anerkannt, ohne ausdrücklich auf die Eigenschaft als Familienheim einzugehen. In der unteren Hälfte des Form...