Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschrift des AFG § 57 stellt auch in der Fassung des RehaAnglG keine reine Kompetenznorm dar.
2. Die Leistungssubsidiarität der BA tritt lediglich dann ein, wenn ein anderer Rehabilitationsträger nicht nur zuständig, sondern auch leistungspflichtig ist.
Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 24.05.1978; Aktenzeichen S 8 A 156/77) |
Tenor
1. Die Berufung der Beigeladenen und die Anschlußberufung des Klägers gegen des Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 24. Mai 1978 werden zurückgewiesen.
2. Die Beigeladene hat die dem Kläger im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht tu ersetzen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der im … 1996 geborene Kläger ist gelernter Maler. Bis 1971 war er als selbständiger Malermeister tätig, seither arbeitet er als Anwendungstechniker für chemische Baustoffe. Im Februar und Harz 1976 führte die Beklagte eine stationäre Heilbehandlung des Klägers wegen rezidivierender Weichteil-Tbc in der linken Brustwand durch. In seinem Entlassungsbericht vom 2. April 1976 hält Chefarzt Dr. M. noch körperlich leichte Arbeiten für zumutbar.
Den Antrag des Klägers auf Gewährung berufsfördernder Leistungen zur Rehabilitation lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 29. Dezember 1976 mit der Begründung ab, die Erwerbsfähigkeit im Beruf des Anwendungstechnikers sei weder gefährdet noch gemindert; die Vermittlung eines geeigneten Arbeitsplatzes durch das Arbeitsamt sei ausreichend. Dieser Auffassung widersprach der Kläger mit der Behauptung, trotz besten Vorsatzes sei es ihm unmöglich, seinen Beruf als Anwendungstechniker auszuüben; wegen einer Allergie könne er nicht mit chemischen Stoffen umgehen.
Die Beklagte ließ den Kläger durch den Dermatologen Dr. D. in N./… untersuchen. In seinem Gutachten vom 17. März 1977 kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis: Aufgrund der nachgewiesenen Allergie gegen Kunststoffe sei der Kläger nicht mehr in der Lage, die mit praktischen Demonstrationen verbundene Tätigkeit als Leiter der Anwendungstechnik in der chemischen Industrie durchzuführen; er könne jedoch aufsichtsführend und einsatzleitend in seiner jetzigen Stellung weiterarbeiten, wenn er mit den Kunststoffen nicht mehr in Berührung komme. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch durch Bescheid vom 22. Juni 1977 zurück. Sie vertrat die Ansicht, Umschulungsmaßnahmen zu Lasten des Rentenversicherungsträgers seien nicht notwendig; lediglich die Vermittlung eines dem Leidenszustand des Klägers entsprechenden Arbeitsplatzes sei angezeigt; diese aber falle allein in den Zuständigkeitsbereich der Arbeitsverwaltung.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 20. Juli 1977 beim Sozialgericht (SG) Speyer Klage erhoben, das die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg beigeladen hat. Der Kläger hat vorgetragen, er volle in seinen Bemühungen um einen sicheren Arbeitsplatz unterstützt werden; Positionen wie beispielsweise die des Meisters in einer beschützenden Werkstatt würden nur über das Arbeitsamt vergeben. Die Beklagte hat ausgeführt, die sich aus § 57 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ergebende Leistungssubsidiarität gelte nicht im Verhältnis zu Leistungen des Rentenversicherungsträgers, da § 13 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) die Leistungspflicht der Arbeitsverwaltung unberührt lasse; diese könne sich auf die Vorschrift des § 57 AFG nur berufen, wenn ein anderer Versicherungsträger tatsächlich Leistungen erbracht habe. Die Beigeladene hat sich auf den Standpunkt gestellt, sie sei im vorliegenden Falle zur Durchführung berufsfördernder Maßnahmen überhaupt nicht zuständig; zuständiger Rehabilitations-Träger sei die Beklagte, die sich im übrigen auch für zuständig erklärt habe.
Durch Urteil vom 24. Mai 1978 hat das SG Speyer die Beigeladene verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 5. November 1976 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts au bescheiden, im übrigen aber die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es dargelegt: Die Beklagte habe ihr Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt, als sie die vom Kläger begehrten Rehabilitationsleistungen abgelehnt habe. Über dessen Antrag müsse nunmehr die Beklagte entscheiden, die aus der Regelung des § 57 AFG keine absolute Nachrangigkeit ihrer Leistungspflicht herleiten könne. Die Vorschrift des § 57 AFG sei keine reine Kompetenznorm, sondern eine selbständige Anspruchsgrundlage für Leistungsansprüche Behinderter.
Gegen dieses ihr am 6. Juni 1978 zugestellte Urteil hat die Beigeladene mit Eingang beim Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz in Mainz am 3. Juli 1978 Berufung eingelegt. Im Verhandlungstermin vom 8. Februar 1979 hat der Kläger Anschlußberufung eingelegt.
Die Beigeladene trägt vor:
Die Auffassung des SG, daß ihre Leistungssubsidiarität nur dann eintrete, wenn ein anderer zuständiger Rehabilitations-Träger zur Leistung verpflichtet sei, könne sie nicht teilen. Die Vorschrift des § 57 AFG stelle nicht auf die tatsächliche Leistungsgewäh...