Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragspflicht. Bundesanstalt für Arbeit. rheinische Notarassessoren. Rheinland-Pfalz. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die rheinischen Notarassessoren in Rheinland-Pfalz gehören zu den Angestellten, die gegen Entgelt beschäftigt sind und grundsätzlich der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit unterliegen. Eine gesetzliche Ausnahme liegt nicht vor.
2. § 6 Abs 1 Nr 2 SGB 5 verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Ein verfassungsrechtlich zwingender Grund, Beamte unterschiedslos von der Krankenversicherung auszunehmen, ist nicht zu erkennen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Beitragspflicht der Beigeladenen zu 3 bis 5) zur Bundesanstalt für Arbeit (BA).
Die Beigeladenen zu 3 bis 5) waren im streitbefangenen Zeitraum im Bezirk der klagenden Notarkammer als Notarassessoren beschäftigt und wurden bis Ende 1988 nicht als beitragspflichtig zur BA behandelt. Ihnen war nach der Bekanntmachung des rheinland-pfälzischen Ministeriums der Justiz vom 26. November 1985 (Justizblatt 1985, 262) Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung und Hinterbliebenenversorgung gewährleistet, was nach damaligem Recht -- vom Überschreiten der Jahresarbeitsverdienstgrenze abgesehen -- ihre Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung und daran anschließend auch ihre Beitragsfreiheit zur BA begründete.
Mit Wirkung vom 1.1.1989 wurde die Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung für Beamte und ihnen Gleichgestellte in § 6 Abs 1 Nr 2 des Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) neu geregelt. Danach sind Beamte und ähnlich Beschäftigte versicherungsfrei, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Die Beigeladenen zu 3 bis 5) hatten im Krankheitsfall Anspruch auf Entgeltfortzahlung für sechs Wochen. Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge bestand nicht. § 169 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) verwies für die Beitragspflicht zur BA auf das Krankenversicherungsrecht (§ 27 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) -- in Kraft getreten zum 1.1.1998 -- regelt die Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung nunmehr wortgleich zu § 6 Abs 1 Nr 2 SGB V).
Die Beklagte stellte 1991 für die im Bezirk der Beklagten tätigen Notarassessoren die Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung gegenüber der Klägerin fest. Die dagegen erhobene Klage hatte zuletzt vor dem Bundessozialgericht (BSG) Erfolg, weil die Feststellung nicht konkret personenbezogen erfolgt war (BSG 23.5.1995 -- 12 RK 63/93, SozR 3-2400 § 28 h Nr 3).
Daran anschließend stellte die Beklagte die Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung für die Beigeladenen zu 3 bis 5) personen- und zeitbezogen durch Bescheide vom 28.12.1995 fest und forderte die Beiträge nach. Die Beigeladenen seien mangels Anspruchs auf Gehaltsfortzahlung und Beihilfe oder Heilfürsorge nicht nach § 6 Abs 1 Nr 2 SGB V versicherungsfrei. Die Widersprüche wies sie am 25.11.1997 zurück.
Mit der Klage vor dem Sozialgericht Koblenz (SG) hat die Klägerin geltend gemacht, die Notarassessoren seien versicherungsfrei, im übrigen sei die Beitragsforderung teilweise verjährt. Sie hätten für sechs Wochen Anspruch auf Gehaltsfortzahlung bei Krankheit, für die Folgezeit aufgrund einer Krankenversicherung, für welche sie einen Zuschuss gewähre, einen Krankengeldanspruch. Damit seien die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Nr 2 SGB V erfüllt. Notarassessoren könnten zudem praktisch nicht arbeitslos werden.
Mit Urteil vom 5.1.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Entgeltfortzahlung für Notarassessoren sei auf sechs Wochen begrenzt, Beamten werde aber prinzipiell die Besoldung bei Krankheit zeitlich unbegrenzt fortgezahlt. Eine Krankengeldversicherung könne den Anspruch auf Gehaltsfortzahlung nicht ersetzen. Die Einbeziehung der Notarassessoren in die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit verstoße auch nicht gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG). Erstens sei es kein Gleichheitsverstoß, dass der Gesetzgeber die Beitragspflicht zur BA an die Krankenversicherungspflicht angeknüpft habe, zum anderen sei es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Notarassessoren arbeitslos würden. Verjährung sei nicht eingetreten. Die vierjährige Verjährungsfrist sei durch das vorangegangene Klageverfahren unterbrochen worden. Zwar gelte die Unterbrechung nach § 52 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Verbindung mit § 212 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht als erfolgt, nachdem der damalige Bescheid aus formalen Gründen durch Urteil des Bundessozialgericht vom 23.5.1995 aufgehoben worden sei. Davon gelte jedoch eine Ausnahme, wenn innerhalb von sechs Monaten ein neuer Verwaltungsakt erlassen worden sei. Die Bescheide der Beklagten erfüllten diese Voraussetzung, obwohl sie später ergangen seien; denn die Verzögerung habe die Klägerin zu verantworten, da sie die erforderlichen Angaben trotz mehrfacher...