Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 07.06.1989; Aktenzeichen S 10 A 7/89)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.08.1991; Aktenzeichen 4 RA 87/90)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 7.6.1989 geändert.

2. Die Beklagte wird unter Abänderung des Rentenbescheids vom 7.12.1988 verurteilt, die Ersatzzeiten vom 18.5.1943 bis zum 20.4.1947 beim Altersruhegeld des Klägers anzurechnen.

3. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anrechnung der Zeiten des militärischen Dienstes und der Kriegsgefangenschaft vom 18.5.1943 bis zum 20.4.1947 als Ersatzzeiten bei dem ab 1.1.1989 gewährten Altersruhegeld.

Der im … 1925 geborene Kläger besuchte nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft zunächst die Schule weiter. Anschließend studierte und promovierte er bis August 1952. Von Oktober 1952 bis April 1954 übte er eine versicherungspflichtige Beschäftigung aus. Danach war er wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze versicherungsfrei. Auf seinen Antrag wurden ihm durch den Bescheid vom 4.5.1959 die Arbeitnehmeranteile der geleisteten Beiträge in Höhe von 610,50 DM gemäß § 82 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) erstattet. Durch weiteren Bescheid vom 25.7.1968 wurde er antragsgemäß von der Versicherungspflicht nach Art. 2 § 1 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) vom 1.1.1968 an befreit. Im Dezember 1972 entrichtete er aufgrund des durch das Rentenreformgesetz eingefügten Art. 2 § 49 a Abs. 2 AnVNG für die Zeit vom 1.1.1956 an Beiträge nach. Außerdem leistete er von Dezember 1972 bis Dezember 1988 fortlaufend freiwillige Beiträge gemäß § 10 Abs. 1 AVG.

Aufgrund des vom Kläger erstrittenen positiven Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 4.5.1976 – 1 RA 71/75 – (SozR 2200 § 1251 RVO Nr. 22) merkte die Beklagte durch Bescheide vom 11.10.1976 und 8.3.1978 die streitbefangenen Zeiten als Ersatzzeiten vor, stellte jedoch gleichzeitig fest, diese Zeiten seien als Ersatzzeiten nur anrechenbar, wenn im Leistungsfall die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 AVG erfüllt sind. Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens lehnte es die Beklagte durch Bescheid vom 18.4.1983/Widerspruchsbescheid vom 15.7.1983 ab, die vorgemerkten Ersatzzeiten bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre gemäß § 35 AVG zu berücksichtigen. Das BSG habe mit Urteil vom 3.2.1977 – 11 RA 154/75 – (SozR 2200 § 1251 RVO Nr. 30) ausdrücklich entschieden, daß § 28 Abs. 2 Satz 2 Buchst c AVG nach seinem klaren Wortlaut neben der Halbbelegung als weitere Bedingung die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung und Entrichtung mindestens eines Pflichtbeitrages erfordere. Diese Voraussetzung könne vom Kläger, der nur freiwillige Beiträge geleistet habe, nicht erfüllt werden. Davon ausgehend, lehnte die Beklagte die Anrechnung der vorgemerkten Ersatzzeiten auch bei dem durch Rentenbescheid vom 7.12.1988 wegen Vollendung des 63. Lebensjahres bewilligten Altersruhegeld ab.

Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Halbdeckung liege eindeutig vor, nur darauf aber komme es an. Die Anrechnung der anerkannten Ersatzzeiten ausschließende Gründe ließen sich nicht anführen. Aus dem ihm überreichten Sondermerkblatt der Beklagten und dem von ihm erstrittenen BSG-Urteil ergebe sich ohne jede Einschränkung, daß auch bei einer freiwilligen Versicherung, wie sie in seinem Falle bestehe, die Ersatzzeiten bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen seien, wenn die Halbdeckung vorhanden ist.

Das Sozialgericht (SG) Koblenz hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen und die Klage durch Urteil vom 7.6.1989 abgewiesen.

Gegen das ihm am 14.6.1989 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.6.1989 Berufung eingelegt.

Sein früheres Vorbringen ergänzend trägt er vor, das sozialgerichtliche Urteil könne einer Überprüfung nicht standhalten. Es widerspreche eindeutig der Rechtslage. Das SG habe sich überhaupt nicht mit dem von ihm erstrittenen BSG-Urteil auseinandergesetzt. Das BSG habe in Kenntnis seiner Befreiung von der Versicherungspflicht nach Art. 2 § 1 AnVNG die Anrechnung der vorgemerkten Ersatzzeiten ausdrücklich nur von ausreichender weiterer Beitragsleistung abhängig gemacht. Daraufhin habe er bis Dezember 1988 entsprechende Zahlungen geleistet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Koblenz vom 7.6.1989 sowie den Rentenbescheid vom 7.12.1988 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die vorgemerkten Ersatzzeiten vom 18.5.1943 bis zum 20.4.1947 bei seinem Altersruhegeld anzurechnen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig und auch begründet. Das erstinstanzliche Urteil kann nicht bestehen bleiben. Der R...

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