Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsschadensausgleich. Berechnung. Berücksichtigung. Lebensversicherungskapital

 

Orientierungssatz

Zur Nichtanrechnung des aus einer Lebensversicherung ausgezahlten Kapitals im Rahmen der §§ 9 Abs 2 Nr 3, Abs 5 und Abs 7 BSchAV.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten im Zugunstenverfahren darüber, ob das dem Kläger aus einer Lebensversicherung zugeflossene Kapital verrentet und bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs als derzeitiges Bruttoeinkommen - fiktiv - angerechnet werden darf.

Der im Jahre 1925 geborene Kläger bezieht eine Versorgungsrente gemäß § 30 Abs. 1 und 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70 vH.

Im November 1987 beantragte er die Gewährung von Berufsschadensausgleich. Im Rahmen der Ermittlungen des derzeitigen Einkommens teilte der Kläger mit, im Oktober 1969 habe er bei der H.-M. Versicherungs AG eine Lebensversicherung - mit Zusatzleistungen bei Unfalltod - abgeschlossen. Aus dieser Versicherung sei zum 1.12.1990 ein Betrag von 72.201,-- DM ausgezahlt worden, den er für die Rückzahlung von Hypothekenschulden, zum Ausgleich seines Kontos und zur Bildung von Rücklagen (Hausreparaturen, Studium des Sohnes) verwendet habe. Bei einer Verrentung des Kapitals wäre - nach Auskunft der H.-M. - eine lebenslängliche Rente in Höhe von 581,12 DM/monatlich gezahlt worden. Falls die Beitragszahlung zum 1.4.1988 (Renteneintritt des Klägers) eingestellt worden wäre, hätte der Rentenbetrag zunächst 269,15 DM, ab 1.12.1993 329,05 DM betragen.

Mit Bescheid vom 2.10.1991 gewährte das Versorgungsamt dem Kläger Berufsschadensausgleich; als Einkommen des Klägers wurde neben dem Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung und einer Betriebsrente auch ein fiktiver Rentenbetrag aus der Lebensversicherung angerechnet.

Mit Bescheid vom 5.11.1993 erfolgte die endgültige Feststellung der Versorgungsbezüge gemäß § 60 a BVG. Im Widerspruchsverfahren gegen diesen Bescheid machte der Kläger geltend, die Anrechnung eines fiktiven Betrages aus seiner Lebensversicherung sei unzulässig. Er habe den Betrag - wie bereits dargelegt - längst verbraucht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.6.1994 wies das Landesversorgungsamt den Widerspruch zurück. Zur Begründung wird ausgeführt, bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs seien nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV) die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die Betriebsrente zu berücksichtigen. Daneben seien nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 derselben Verordnung auch die Einkünfte aus Vermögen anzurechnen, welches der Beschädigte mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit geschaffen habe, um sich nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben den Lebensunterhalt zu sichern. Bei einmaligen Leistungen privater Lebensversicherungen sei nach § 9 Abs. 5 BSchAV die Kapitalsumme in eine fiktive monatliche Rentenleistung umzuwandeln. Beim Abschluss der Lebensversicherung habe bei dem Kläger das Motiv im Vordergrund gestanden, den Lebensunterhalt nach Ausscheiden aus dem Erwerbsleben durch die erworbene Leistung aus dieser Versicherung zu verbessern und zu sichern. Deshalb müsse die der Kapitalentschädigung zugrunde liegende fiktive Rente in Anwendung des § 9 Abs. 2 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 5 BSchAV bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs berücksichtigt werden. Voraussetzung für eine Anrechnung von Einkommen aus Vermögen sei jedoch, dass dieses Vermögen durch Einkünfte aus Erwerbstätigkeit geschaffen worden sei. Der Kläger sei am 1.4.1988 aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Deshalb werde nur die Versicherungsleistung berücksichtigt, die sich aus den Beitragszahlungen bis zum 31.3.1988 ergebe.

Im September 1994 beantragte der Kläger im Wege des Zugunstenverfahrens von der Anrechnung einer fiktiven Rente aus seiner Lebensversicherung auf den Berufsschadensausgleich abzusehen. Er habe die Versicherungsleistungen zur Tilgung von Schulden, für Reparaturarbeiten an seiner Wohnung und für das Studium seines Sohnes verbraucht, dies stelle einen verständigen Grund dar.

Mit Bescheid vom 13.10.1994 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Die Anrechnung sei zu Recht erfolgt. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das Landesversorgungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 28.3.1995 zurück.

Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Speyer die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verurteilt, unter entsprechender Rücknahme des Bescheids vom 2.10.1991 und des Bescheids vom 5.11.1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.6.1994 den Berufsschadensausgleich ohne Anrechnung fiktiver Einkünfte aus der Lebensversicherung festzustellen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für den Erlass eines Zugunstenbescheids gemäß § 44 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) seien erfüllt, da die Versorgungsverwaltung zu Unrecht eine fiktive Rente aus der Lebensversicherung des Klägers bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs berücksich...

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