Verfahrensgang
SG Trier (Urteil vom 08.06.1995; Aktenzeichen S 3 U 225/93) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 8.6.1995 sowie der Bescheid des Beklagten vom 26.4.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.1993 aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen seines Wegeunfalls vom 13.9.1992 zu gewähren.
2. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist, ob der Kläger bei seinem Verkehrsunfall vom 13.9.1992 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Der 1954 geborene Kläger ist Jurist und hauptberuflich Assessor beim Verband der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Rentner (VdK) in T. Ehrenamtlich übte er zum Unfallzeitpunkt die Tätigkeit des 3. Beigeordneten der Verbandsgemeinde Sch. aus.
Am 13.9.1992 (Sonntag) stieß der Kläger auf der Fahrt von F. nach Sch. (ca. 7 km), die er zusammen mit seiner Ehefrau, seiner Schwägerin, deren Tochter und einer Bekannten unternahm, gegen 14.45 Uhr mit einem anderen Fahrzeug zusammen, wobei er schwere Verletzungen davontrug. Er wollte zum Heimat-, Wein- und Erntedankfest fahren, das jährlich von der Stadt Sch. organisiert wird. Dort fand am Unfalltag um 14 Uhr ein großer Festumzug und danach um 15.30 Uhr ein „bunter Nachmittag” bei Kaffee und Kuchen in der S. A. Halle mit anschließender Unterhaltung mit der Stadtkapelle H. statt.
Der Kläger wurde im Auftrag des Beklagten zu den Umständen des Besuchs des Heimat-, Wein- und Erntedankfestes befragt. Er erklärte ua: Der offizielle Teil der Veranstaltung in Sch. beginne sonntags nach dem Umzug im Festzelt. Dort sei seine Anwesenheit notwendig gewesen. Die Ehrengäste würden vom Stadtbürgermeister begrüßt; ggf. sei eine kurze Ansprache erforderlich.
Die Verbandsgemeindeverwaltung Sch. teilte dem Beklagten im Februar 1993 mit, offizielle Aufgaben hätten die zu dem in der Stadt Sch. veranstaltenen Fest eingeladenen Ehrengäste nicht gehabt; sie hätten nur repräsentieren sollen. Sie ergänzte mit Schreiben vom 11.3.1993, die Einladung sei dem 1. Beigeordneten, Günter P. ausgehändigt worden. Dieser entscheide, wenn der Bürgermeister eine solche Veranstaltung nicht besuchen könne, ob er selbst an ihr teilnehme oder den 2. oder 3. Beigeordneten beauftrage. An dem Besuch des Festes in Sch. am Unfalltag sei der Bürgermeister verhindert gewesen.
Die Verbandsgemeinde legte dem Beklagten ein Muster der Einladung an die Ehrengäste vor. Darin hieß es: „Wir erlauben uns, Sie recht herzlich zum Fest- und Unterhaltungsabend aus Anlaß des Heimat-, Wein- und Erntedankfestes und der 9. Sch. er Stadtwoche am Samstag, 12.9.1992, 20 Uhr in die S.-A.-Sporthalle, Sch., einzuladen. Über Ihren Besuch freuen wir uns. Auch an den übrigen Tagen sind Sie uns ein gern gesehener Gast.”
Der 1. Beigeordnete der Verbandsgemeinde, P., gab an (Erklärung vom 11.3.1993), er habe, da er an der Teilnahme am Weinfest verhindert gewesen sei, die Einladung vereinbarungsgemäß an einen der anderen Beigeladenen als Vertreter der Verbandsgemeinde weitergeleitet. Wenn der Kläger angebe, er habe die Einladung erhalten, sei davon auszugehen, daß dies zutreffe (Schreiben vom 31.3.1993).
Durch Bescheid vom 26.4.1993 lehnte der Beklagte einen Unfallversicherungsschutz ab. Zur Begründung hieß es: Der Kläger sei bei der zum Unfall führenden Fahrt nicht nach § 539 Abs. 1 Nr. 13 Reichsversicherungsordnung (RVO) gegen Unfall versichert gewesen. Denn er habe bei dem Besuch des Festumzugs keine Amtspflichten zu erfüllen gehabt. Der bloße Besuch eines öffentlichen Festes könne keinen Unfallversicherungsschutz begründen.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 8.12.1993 zurückgewiesen.
Im Klageverfahren hat der Kläger bekräftigt, er habe am Heimat-, Wein und Erntedankfest in Sch. am Unfalltag in Ausübung seines Amtes als 3. Beigeordneter teilgenommen. Er hat weiter vorgetragen, in Erfüllung seiner ehrenamtlichen Pflichten habe er zudem nach dem Besuch des Festes in Sch. noch das T. Weinhöfefest besuchen wollen.
Durch Urteil vom 8.6.1995 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Voraussetzungen des Unfallversicherungsschutzes nach § 548 RVO in Verbindung mit § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO seien in bezug auf die zum Unfall führende Fahrt nicht erfüllt. Denn der Kläger habe diese Fahrt nicht als ehrenamtlich tätiger Verbandsgemeindebeigeordneter, sondern als Privatperson unternommen. Die Einladung als Ehrengast habe sich nur auf die Teilnahme am Festabend am Tag vor dem Unfall bezogen. Zu dem um 14 Uhr beginnenden Umzug wäre der Kläger jedenfalls erheblich zu spät gekommen. Bei dem ab 15.30 Uhr stattfindenden bunten Nachmittag könne nicht von einer offiziellen Veranstaltung, zu der eine Einladung erforderlic...