Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 28.05.1990; Aktenzeichen S 8 A 213/89) |
Tenor
1. Auf die Berufungen der Beigeladenen und der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 28.5.1990 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der 1921 geborene Kläger wendet sich dagegen, daß die Beklagte ab 1.5.1989 trotz einer fortbestehenden Abtretung keine Rentenbeträge mehr an seine Ehefrau auszahlt.
Im Rahmen eines Bankkredits für seine frühere Schuhfabrik und die Eintragung von Grundschulden auf einem Grundstück der Ehefrau – zuletzt 1981 – von zusammen 400.000 DM trat der Klüger dieser zur Sicherung ihrer Forderungen seine den unpfändbaren Teil übersteigenden zukünftigen Rentenansprüche gegen die Beklagte ab. Diese Abtretung wurde am 10.1.1986 notariell beurkundet und alsbald der Beklagten bekanntgegeben.
Im Juni 1986 gewährte die Beklagte zunächst das Altersruhegeld ab Vollendung des 65. Lebensjahres und im Mai 1987 das vorgezogene Altersruhegeld ab Vollendung des 63. Lebensjahres rückwirkend ab 1.10.1984. Aus der Nachzahlung und der laufenden Rente zahlte die Beklagte der Ehefrau des Klägers den pfändbaren Teil und verrechnete darüber hinaus nach §§ 51, 52 SGB I bis zur Hälfte der Rente Forderungen mehrerer Sozialversicherungsträger, u.a. der Beigeladenen. Die Verrechnungsersuchen ergingen nach Bekanntgabe der Abtretung, die verrechneten Ansprüche stammen alle aus Zeiten davor.
Aufgrund des mit Wirkung vom 1.1.1989 eingefügten Abs. 5 des § 53 SGB I ließ die Beklagte durch Bescheid vom 6.4.1989 ab 1.5.1989 den Abtretungsbetrag von damals 285,60 DM monatlich unberücksichtigt und erhöhte entsprechend die Verrechnung zu Gunsten der Beigeladenen, weil aufgrund der gesetzlichen Neuregelung die Verrechnung der Abtretung vorgehe. Dem Klüger verblieben ab 1.7.1989 nach Wegfall der Unterhaltspflicht für den Sohn Markus laut Bescheid vom 5.7.1989 von der Rente von 2.113,70 DM noch 1.100 DM monatlich zuzüglich eines Beitragszuschusses zur Krankenversicherung von 136,34 DM. Den Eintritt von Sozialhilfebedürftigkeit verneinte die Beklagte.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, seine Ehefrau sei dringend auf den abgetretenen Rententeil angewiesen, um Hypothekenzinsen und Krankenversicherungsbeiträge zahlen zu können. Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 23.8.1989 zurückgewiesen.
Der Klage hat das Sozialgericht Speyer durch Urteil vom 28.5.1990 stattgegeben. Nach § 53 Abs. 5 SGB I sei ab 1.1.1989 eine Aufrechnung oder Verrechnung bei Ansprüchen, die vor Kenntnis der Abtretung und vor der abgetretenen Forderung fällig geworden seien, stets vorrangig. Diese Regelung enthalte zwar eine unechte Rückwirkung. Sie sei aber verfassungsgemäß, soweit nicht in bereits laufende Abtretungsfälle eingegriffen werde. Aus der Vorschrift selbst und auch aus der Übergangsregelung in Art. 2 § 18 Abs. 2 Satz 2 SGB I sei nicht zu schließen, daß bereits aus Sozialleistungsansprüchen bediente Abtretungen zum 1.1.1989 zu Gunsten von Aufrechnungs- oder Verrechnungsgläubigern nicht mehr berücksichtigt werden dürften. Das Interesse des Abtretungsempfängers, der bereits Zahlungen vom Drittschuldner erhalte, am Fortbestand des bisherigen Zustands sei ungleich größer als das des Gläubigers.
Gegen das am 6.6.1990 zugestellte Urteil hat die Beigeladene am 25.6.1990 die Berufung eingelegt, der sich die Beklagte angeschlossen hat. Sie meinen, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ermögliche die gesetzliche Neuregelung den Eingriff in bereits laufende Abtretungsfälle. Nach der Übergangsvorschrift komme es lediglich auf die Fälligkeit der abgetretenen Ansprüche ab dem Inkrafttreten am 1.1.1989 an. Bei Rentenleistungen sei zwischen dem Rentenstammrecht und den monatlich fällig werdenden Einzelansprüchen zu unterscheiden. Nur diese Ansprüche würden von der Regelung erfaßt.
Die Beigeladene und die Beklagte beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 28.5.1990 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und verweist nochmals darauf, daß er und seine Ehefrau die abgetretenen Rentenbeträge für ihren Unterhalt unbedingt benötigten.
Die Beklagte ist bereit, die Höhe und Verteilung der Verrechnungen sowie die Frage der Sozialhilfebedürftigkeit des Klägers neu zu prüfen. Der Kläger ist damit einverstanden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Tatbestands wird auf den Inhalt der Prozeßakte und der Verwaltungsakte der Beklagten (…) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässigen Berufungen der Beigeladenen und der Beklagten sind begründet.
Zu entscheiden ist hier nur die streitige Rechtsfrage zur Gesetzesänderung.
Der Senat vermag sich der Auffassung des Sozialgerichts nicht anzuschließen. Die Bescheide der Beklagten sind im zu überprüfenden Umfang rechtmäßig. Nach § 53 Abs. 5 SGB I darf die Beklagte die Rentenabtretung zu Gu...