Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Minderung der Leistungsfähigkeit. Ende der Nahtlosigkeitsregelung. Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit durch den Rentenversicherungsträger. Fiktion objektiver Verfügbarkeit. Rentenzahlung. Planwidrige Regelungslücke
Orientierungssatz
Nach dem klaren Wortlaut des § 145 Abs 1 S 1 SGB 3 findet die Fiktion der Verfügbarkeit ihr Ende mit der Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit auf Zeit durch den Rentenversicherungsträger und nicht erst mit der tatsächlichen Rentenzahlung.
Normenkette
SGB III § 145 Abs. 1, § 138 Abs. 5 Nr. 1, § 156 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; SGB X § 48 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 10.11.2014 - S 17 AL 78/13 - wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 13.01.2013.
Der 1954 geborene Kläger war vom 01.10.2006 bis zum 07.03.2011 als Bauleiter bei der Firma A in D tätig, ab dem 07.03.2011 bezog er im ungekündigten Arbeitsverhältnis Krankengeld bis zur Aussteuerung am 03.09.2012.
Am 04.09.2012 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Er gab an, derzeit arbeitsunfähig zu sein, allerdings sei er bereit, sich nach einer ärztlichen Begutachtung im Rahmen des festgestellten Leistungsvermögens der Vermittlung zur Verfügung zu stellen.
Durch Bescheid vom 06.09.2012 bewilligte die Beklagte ihm vorläufig Alg unter Berücksichtigung der Nahtlosigkeitsregelung ab dem 04.09.2012. Zuvor war durch den Ärztlichen Dienst mitgeteilt worden, bei dem Kläger bestehe eine Leistungsunfähigkeit für mehr als 6 Monate, aber nicht auf Dauer. Durch Änderungsbescheid vom 20.09.2012 wurde das Alg abschließend bewilligt, wiederum unter Bezugnahme auf die Nahtlosigkeitsregelung.
Bereits mit Schreiben vom 06.09.2012 hatte die Beklagte den Kläger aufgefordert, innerhalb eines Monats nach Zugang des Schreibens einen Antrag auf medizinische Rehabilitationsleistungen bei der Deutschen Rentenversicherung zu stellen. Es erfolgte der Hinweis, dass, sollten Reha-Leistungen nicht in Betracht kommen, der Antrag als Rentenantrag gelte. Sofern der Antrag nicht gestellt werde, müsse die Zahlung von Alg nach Ablauf der Frist eingestellt werden. Der Kläger beantragte sodann bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz (DRV RP) Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Die DRV RP deutete den Antrag in einen Rentenantrag um und gewährte mit Bescheid vom 21.12.2012, ausgehend von einem Leistungsfall am 04.09.2012, Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.04.2013, befristet bis zum 31.12.2013 in Höhe von (iHv) monatlich 1.586,62 € netto.
Mit Schreiben vom 02.01.2013 teilte die DRV RP der Beklagten mit, sie habe mit Bescheid vom 21.12.2012 dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.04.2013 bis zum 31.12.2013 gewährt. Nach der ärztlichen Untersuchung sei der Kläger nur noch unter 3 Stunden täglich leistungsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Volle Erwerbsminderung liege seit dem 04.09.2012 bis voraussichtlich 31.12.2013 vor.
Durch Bescheid vom 10.01.2013 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab dem 13.01.2013 auf, da der Kläger nicht mehr verfügbar sei und die Voraussetzungen für die Nahtlosigkeit nicht mehr vorlägen. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein mit der Begründung, die laufende Zahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung beginne erst ab April 2013. Aufgrund der Aufhebung der Alg-Bewilligung ab dem 13.01.2013 entstünde eine Entgeltlücke. Dies sei nicht nachvollziehbar und nicht akzeptabel. Im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung sei auch über den 12.01.2013 hinaus Alg zu zahlen bis zur tatsächlichen Auszahlung der Erwerbsminderungsrente. Durch Widerspruchsbescheid vom 21.03.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Aufhebung der Bewilligung nach § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) für die Zukunft sei rechtmäßig, da nach der Entscheidung der DRV RP die Nahtlosigkeitsregelung nicht mehr anwendbar und ansonsten keine Verfügbarkeit gegeben sei. Dass die ursprüngliche Zahlung von Alg aufgrund der Nahtlosigkeitsregelung erfolge, sei dem Kläger auch mitgeteilt worden. Maßgeblich für den Wegfall des Anspruchs aufgrund der Nahtlosigkeitsregelung sei der Zugang der Mitteilung des Rentenversicherungsträgers. Eine Weiterzahlung von Alg nach Zugang dieser Mitteilung sei weder vom Wortlaut, noch vom Sinn und Zweck der Regelung des § 145 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) gedeckt. Die Zeit zwischen der Aufhebung des Alg und der Rentenzahlung müsse der Kläger in Eigenleistung, ggfs durch die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) überbrücken.
Hiergegen hat der Kläger am 22.04.2013 Klage vor dem Sozialgericht Koblenz (SG) erhoben. Er wiederholte und vertie...