Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung, unternehmerische. arbeitnehmerähnliche Tätigkeiten
Leitsatz (amtlich)
Tätigkeiten eines Arbeitnehmers, die gegen ein Verbot des Arbeitgebers verrichtet werden, sind nicht nach RVO § 539 Abs. 1 Nr. 1 geschützt, auch wenn sie den unternehmerischen Vertrag fordern;
sie können jedoch nach RVO § 539 Abs. 2 geschützt sein, wenn sie dem mutmaßlichen oder wirklichen Willen eines anderen Unternehmers (Bauherrn) entsprechen. Ein Arbeitnehmer wird nicht dadurch bereits zum Unternehmer, daß er verbotene Arbeiten (Schwarzarbeit) verrichtet.
Normenkette
RVO § 539 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 27.01.1981; Aktenzeichen S 6 U 70/79) |
Tenor
1. Die Berufung der Beigeladenen Bau-Berufsgenossenschaft gegen des Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 27. Januar 1981 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Dem Kläger sind aus Anlaß eines Unfalls des Beigeladenen A. D. (D.) im Dezember 1974 Kosten in Höhe von annähernd 5.000,00 DM entstanden, deren Erstattung er begehrt. Der Unfall ereignete sieh beim Bau des steuerbegünstigten Wohnhauses (Fertighauses) des H. B. in B.. Mit der Errichtung des Untergeschosses (Keller) hatte B. die Firma C. beauftragt, Der Beigeladene D., der als Polier bei der Firma C. regelmäßig beschäftigt ist und der mit B. bekannt war, hatte mit diesem vereinbart, bei der Fertigstellung des Kellergeschosses durch zusätzliche Arbeiten außerhalb der regulären Arbeitszeit mitzuhelfen. Innerhalb von zwei Sonaten hat er an etwa sechs Samstagen und an wöchentlich zwei Abenden jeweils etwa zwei Stunden gearbeitet. Sein Arbeitgeber C., den er um die Erlaubnis gefragt hatte, hatte ihn die Erlaubnis für diese Arbeiten nicht erteilt. Eine bestimmte Entlohnung für seine Tätigkeit war nicht vereinbart, wurde jedoch vorausgesetzt.
Der Unfall ereignete sich, indem D. durch einen nicht vollständig abgedeckten Treppendeckendurchbruch stürzte und eine Schädelprellung, eine Thoraxquetschung mit Rippenserienbrüchen, einen rechtsseitigen Schlüsselbeinstückbruch sowie Prellungen der Brust- und Lendenwirbelsäule und des Beckens erlitt.
Im Klageverfahren hat der Kläger die Erstattung seiner Auslagen von der beklagten AOK, hilfsweise von der beigeladenen Bau-Berufsgenossenschaft begehrt. Er war der Meinung, ein Arbeitsunfall habe nicht vorgelegen. D. sei nicht als Arbeitnehmer der Firma C. verunglückt, sondern habe in Eigenverantwortung wie ein Unternehmer werkvertragsähnliche Leistungen erbracht.
Die Beklagte (AOK) hat die Kostenerstattung abgelehnt, da ein Arbeitsunfall vorgelegen habe. D. sei nach § 539 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) versichert gewesen. Er habe keine selbständige unternehmerische Tätigkeit ausgeübt, sondern wie ein Arbeitnehmer im Unternehmen des Bauherrn gearbeitet. Auf keinen Fall habe er ein unternehmerisch es Risiko auf sich nehmen wollen und können.
Die beigeladene Bau-Berufsgenossenschaft hat die Meinung vertreten, der Verletzte sei nicht versichert gewesen, da er nicht wie ein aufgrund eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses Beschäftigter tätig geworden sei, insbesondere eine persönliche Abhängigkeit gegenüber dem Bauherrn nicht bestanden habe. Er habe vielmehr aufgrund eines Werkvertrages gearbeitet, da er selbständig einen Arbeitserfolg gegen Entgelt habe erbringen wollen. Eine freiwillige Selbstversicherung nach § 545 RVO habe er nicht abgeschlossen. Schließlich habe auch kein Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 15 RVO (Selbsthilfearbeiten) bestanden, da D. nicht unentgeltlich tätig gewesen sei.
Das Sozialgericht hat die Zeugen C. und B. vernommen sowie den Beigeladenen D. informatorisch gehört.
Durch Urteil vom 27. Januar 1981 hat es die Klage abgewiesen und die beigeladene Bau-Berufsgenossenschaft verurteilt, dem Kläger die für den Unfall des A. D. verauslagten Kosten in Höhe von 4.965,08 DM zu erstatten. Es war der Auffassung, es liege ein versicherter Arbeitsunfall vor, für den die Beigeladene entschädigungspflichtig sei, da D. wie ein Versicherter nach § 539 Abs. 2 RVO eine Tätigkeit verrichtet habe, die ernstlich dem Unternehmen des Zeugen B. dienend dem mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprochen habe und eine Tätigkeit gewesen sei, die ihrer Art nach aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses geleistet werde. Es komme nicht darauf an, ob eine wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeit bestanden habe. Ein Werksvertrag habe jedenfalls nicht vorgelegen, da D. keinen bestimmten Erfolg geschuldet und auch keine Gewährleistungspflicht oder ein Risiko habe übernehmen wollen.
Gegen das am 26. Februar 1981 zugestellte Urteil hat die beigeladene Bau-Berufsgenossenschaft am 9. März 1981 Berufung eingelegt.
Sie ist weiterhin der Auffassung, ein Arbeitsunfall liege nicht vor, da D. weder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses noch wie ein abhängig Beschäftigter tätig geworden sei, vielmehr als selbständiger Unternehmer gearbeitet habe. Dafür spreche, daß er völlig unabhängig seine Arb...