Leitsatz (amtlich)

Gibt ein Versicherter in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich mit dem Arbeitgeber, der ihm gegenüber Schadensersatzansprüche behauptet, seinen unstreitigen Lohnfortzahlungsanspruch auf, ist er so zu behandeln, als habe er das Arbeitsentgelt tatsächlich erhalten.

 

Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 30.10.1978; Aktenzeichen S 9 K 78/77)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 30. Oktober 1978 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Beigeladene zu 1. war aufgrund seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Klägerin ab 6. Oktober 1976 Mitglied der Beklagten. Laut Bescheinigung des behandelnden Arztes Dr. G. vom 10. Januar 1977 und nach den vertrauensärztlichen Gutachten vom 14. und 18. Januar 1977 war er in der Zeit vom 10. bis zum 23. Januar 1977 arbeitsunfähig krank. Die Klägerin bezweifelte eine ernsthafte Erkrankung des Beigeladenen zu 1., verweigerte ihm die Lohnfortzahlung und kündigte das Arbeitsverhältnis am 14. Januar 1977 fristlos. Daraufhin zahlte die Beklagte dem Beigeladenen zu 1. vorlageweise Krankenlohn in Höhe von 500,– DM. Nachdem die Klägerin sich am 10. Februar 1977 zunächst durch gerichtlichen Vergleich mit dem Beigeladenen zu 1. über eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 14. Januar 1977 geeinigt hatte, verpflichtete sie sich anschließend durch einen weiteren gerichtlichen Vergleich, der Beklagten zur Abgeltung des auf diese übergegangenen Anspruchs des Beigeladenen zu 1. auf Lohnfortzahlung 165,50 DM zu ersetzen. Diesen Betrag zahlte die Klägerin auch.

Auf entsprechende Aufforderung der Beklagten teilte die Klägerin in der Beitragsnachweisung vom 21. März 1977 eine beitragspflichtige Lohnsumme des Beigeladenen zu 1. in Höhe von 419,15 DM für die Zeit vom 10. bis zum 14. Januar 1977 mit. Die Forderung der Beklagten auf Entrichtung des sich daraus ergebenden Gesamtsozialversicherungsbeitrages in Höhe von 140,84 DM bestritt die Klägerin mit der Behauptung, aufgrund der Vergleiche vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen/Zweigstelle Landau vom 10. Februar 1977 nur 165,50 DM zahlen müssen; der Beigeladene zu 1. habe vergleichsweise auf sämtliche Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch auf seinen Lohnfortzahlungsanspruch wirksam verzichtet; wenn überhaupt eine Beitragsschuld entstanden sei, dann errechne sie sich lediglich aus der Vergleichssumme.

Durch Bescheid vom 21. Juni 1977 forderte die Beklagte von der Klägerin die Zahlung von Beiträgen zur Kranken-, Arbeiterrenten- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von insgesamt 140,84 DM. Sie hielt an ihrer Auffassung fest, der Beigeladene zu 1. habe einen unabdingbaren Anspruch auf Lohnfortzahlung für die Zeit vom 10. bis zum 14. Januar 1977; über ihn habe er bei Abschluß des gerichtlichen Vergleichs vom 10. Februar 1977 nicht mehr wirksam verfugen können, da der Klägerin damals der Forderungsübergang bekannt gewesen sei; der Lohnfortzahlungsanspruch entspreche dem von der Klägerin mitgeteilten Bruttolohn von 419,15 DM, der für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge maßgebend sei. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, der von ihr gezahlte Betrag von 165,50 DM umfasse den gesamten von der Beklagten für die Zeit vom 10. bis zum 14. Januar 1977 verauslagten Krankenlohn, in dessen Höhe der Lohnfortzahlungsanspruch übergegangen sei; auf weitergehende Ansprüche habe der Beigeladene zu 1. wirksam verzichten können; die Beitragsforderung aus einem fiktiven Bruttolohn sei nicht gerechtfertigt.

Durch Bescheid vom 3. November 1977 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus: Ausgehend von dem erstatteten Krankenlohn von 165,50 DM sei nach einem fiktiven Arbeitsentgelt von 240,70 DM ein Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von 80,80 DM entstanden. Nicht der Teilbetrag von 240,70 DM jedoch, sondern das Gesamtbruttoentgelt von 419,15 DM sei für die Beitragsforderung maßgebend. Aus beitragsrechtlicher Sicht sei der Anspruch des Beigeladenen zu 1. auf volle Lohnfortzahlung für die Zeit vom 10. bis zum 14. Januar 1977 durch die vergleichsweise Aufrechnung von Forderungen erfüllt worden.

Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Klägerin rechtzeitig beim Sozialgericht (SG) Speyer Klage erhoben. Sie hat begehrt, die angefochtenen Bescheide dahingehend abzuändern, daß Grundlage für die Berechnung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages der Vergleichsbetrag von 165,50 DM sei, mit dem sich die Beklagte in dem vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen/Zweigstelle Landau geführten Arbeitsgerichtsprozeß – 9 CA 41/77 – zufrieden gegeben habe. Außerdem hat sie vorgetragen, die Bescheinigung über ein Bruttogehalt des Beigeladenen zu 1. in Höhe von 419,15 DM, das niemals gezahlt worden sei, auf Anweisung der Beklagten ausgestellt zu haben.

Durch Urteil vom 30. Oktober 1978 hat das SG Speyer die Klage abgewiesen. Es hat in den Entscheidungsgründen dargelegt, die ...

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