Leitsatz (amtlich)

Wird in der Hauptsache die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "RF" begehrt und verstirbt der anwaltlich vertretene Kläger während des gerichtlichen Verfahrens, so ist dem Antrag des Prozessbevollmächtigten des verstorbenen Klägers auf Aussetzung des Rechtsstreits nicht zu entsprechen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 01.07.2004; Aktenzeichen B 9 SB 33/03 B)

 

Tenor

1. Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Trier vom 20.12.2002 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichte Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob für den am 24.3.2003 verstorbenen Kläger ein Anspruch auf die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich (NTA) “RF„ (Befreiung von der Rundfunk-Fernseh-Gebührenpflicht/Telefongebührenermäßigung) besteht.

Mit Bescheid vom 15.11.2001 stellte der Beklagte bei einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 bei dem Kläger als Funktionsbeeinträchtigungen fest: 1. cerebrale Durchblutungsstörung mit hirnorganischer Leistungsminderung und Halbseitensymptomatik rechts, 2. künstliche Harnableitung. Die gesundheitlichen Voraussetzungen der NTA “H, aG, G und B„ wurden festgestellt. Abgelehnt wurde das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für den NTA “RF„. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 2.1.2002).

Nach medizinischer Sachaufklärung hat das Sozialgericht Trier (SG) durch Gerichtsbescheid vom 20.12.2002 die Klage abgewiesen. Der Kläger sei aufgrund seiner Erkrankungen noch in der Lage, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.

Der Kläger hat am 24.1.2003 Berufung eingelegt.

Der Klägervertreter trägt vor, das Gericht habe die medizinischen Unterlagen des Oberarztes H nicht zutreffend wiedergegeben. Der Gerichtsbescheid leide an erheblichen Mängeln.

Der Klägervertreter beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Trier vom 20.12.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.1.2002 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich RF bei dem verstorbenen H -J M festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die getroffenen Entscheidungen für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte des Beklagten. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Durch den Tod des Klägers wurde das Verfahren nicht gemäß § 239 ZPO iVm § 202 SGG unterbrochen, da der Kläger anwaltlich vertretbar war (§ 246 Abs 1 ZPO). Dem Antrag des Klägervertreters auf Aussetzung des Verfahrens war nicht zu entsprechen. Zwar sind nach § 202 SGG die Vorschriften der ZPO in sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen, so dass auch § 246 Abs 1 ZPO Anwendung findet. Nach dieser Vorschrift ist im Anwaltsprozess bei Tod des Klägers grundsätzlich auf Antrag das Verfahren auszusetzen. Gleichwohl kommt vorliegend eine Aussetzung nicht in Betracht, da der Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den NTA “RF„ nicht auf die Ehefrau als Rechtsnachfolger des verstorbenen Klägers übergegangen ist. Sein Anspruch war vor seinem Tod weder festgestellt noch war ein Verwaltungsverfahren darüber noch anhängig (§ 59 SGB I). Der Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des NTA “RF„ erlischt mit dem Tod des Anspruchsinhabers und kann weder durch Erbrecht noch durch sozialrechtliche Sondervorschriften auf eine andere Person übergehen. Es handelt sich um ein höchstpersönliches Recht. Dies ergibt sich aus der zugrunde liegenden Rechtsnorm, deren Inhalt es ist, behinderten Menschen Hilfestellung für die Teilhabe und Sicherung der Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft ist. Nach dem Tod des Anspruchsinhabers kann dies nicht mehr verwirklicht werden (vgl hierzu BSG-Urteil vom 6.12.1989 - 9 RVS 4/89 mit weiterer Begründung).

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers kann nicht verlangen, dass bei dem verstorbenen Kläger die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich “RF„ festgestellt werden. Dies gilt auch für die Zeit vor dem Tod des Klägers am 24.3.2003.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2245456

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge