Leitsatz (amtlich)
Die Sportbrille ist ein Hilfsmittel iS der Krankenversicherung mit einer zum Ausgleich der Behinderung nicht unbedingt erforderlichen Sonderausstattung. Die Krankenkasse erfüllt deshalb ihre Leistungspflicht bereits durch Gewährung einer "normalen" Brille.
Verfahrensgang
SG Mainz (Urteil vom 03.10.1979; Aktenzeichen S 2 K 3/79) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 3. Oktober 1979 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Seine im … 1965 geborene Tochter T. ist im Rahmen der Familienhilfe wegen erheblicher Kurzsichtigkeit mit einer Brille ausgestattet worden. Mit der Behauptung, diese sei nicht für den Sportunterricht geeignet, beantragte der Kläger im April 1976 eine Sportbrille. Zur Begründung gab er an, diese sei nach ärztlichem Anraten von besonderem Vorteil, da der Schulsport der Gesundheitsvorsorge diene, zumal seine Tochter leichte Haltungsschäden aufweise.
Durch Bescheid vom 26. April 1978 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für eine Sportbrille ab, Sie stellte sich auf den Standpunkt, sie sei ihrer Verpflichtung, verminderte Sehfähigkeit mit einer Brille auszugleichen, bereits nachgekommen; die Versorgung mit einer Sportbrille überschreite das Maß des Notwendigen und damit den Leistungsrahmen der Krankenkasse; auch unter dem Gesichtspunkt, daß durch Teilnahme am Sportunterricht Haltungsschäden bei Kindern vermieden werden könnten, sei keine Leistungspflicht des Krankenversicherungsträgers anzunehmen, da die sportliche Betätigung in den Bereich der persönlichen Lebensführung falle.
Dieser Entscheidung widersprach der Kläger unter Hinweis darauf, daß seine Tochter ohne Sportbrille vom Schulsport ausgeschlossen sei. Er meinte, die Kosten für eine Sportbrille seien erheblich niedriger als die durch Haltungsschäden entstehenden Folgekosten. Der Widerspruch blieb erfolglos.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 1978 hat der Kläger rechtzeitig beim Sozialgericht (SG) Mainz Klage erhoben. Er hat die Ansicht vertreten, die spezielle Brillenausfertigung sei notwendig, damit seine Tochter am gesetzlich vorgeschriebenen Sportunterricht teilnehmen könne. Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten, die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung seien auf medizinische Maßnahmen zu beschränken, die gezielt der Krankheitsbekämpfung dienten; aus medizinischen Gründen sei jedoch über die Grundversorgung mit einer Brille hinaus keine besondere Brillenausstattung erforderlich.
Durch Urteil vom 3. Oktober 1979 hat das SG Mainz die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es dargelegt, daß die Gewährung einer Sportbrille am Übermaßverbot scheitere; ein Fall, in dem nur das optimale Mittel die Funktion des Ausgleichs einer Behinderung erfüllen könne, liege nicht vor.
Gegen dieses ihm am 31. Oktober 1979 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Eingang beim Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz in Mainz am 29. November 1979 Berufung eingelegt.
Er wiederholt sein früheres Vorbringen. Ergänzend trägt er vor: Durch die Beschaffung eines geeigneten Hilfsmittels solle die Fähigkeit erhalten oder hergestellt werden, am allgemeinen gesellschaftlichen Leben teilzunehmen; ohne Sportbrille sei seine Tochter aber vom Sportunterricht in der Schule ausgeschlossen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Mainz vom 3. Oktober 1979 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. April 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 1978 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Anschaffung einer Sportbrille für seine Tochter T. zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die kraft Zulassung gemäß § 150 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet. Das erstinstanzliche Urteil und die angefochtenen Bescheide sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hat im Rahmen der Familienhilfe nach § 205 Reichsversicherungsordnung (RVO) keinen Anspruch auf Ausstattung seiner Tochter T. mit einer speziellen Sportbrille.
Die von der Beklagten zu gewährende Krankenpflege umfaßt nach § 132 Abs. 1 Nr. 1 b RVO auch die Versorgung mit Brillen. Diese gehören trotz ihrer historisch zu erklärenden Stellung im Gesetz zu den Hilfsmitteln im Sinne des § 182 Abs. 1 Nr. 1 c RVO, da sie dem Ausgleich eines körperlichen Defekts dienen (vgl. BSGE 33, 363; 36, 146). Der Anspruch des Versicherten auf Ausstattung mit Hilfsmitteln besteht gemäß § 182 b RVO jedoch nur insoweit, als diese erforderlich sind, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen, den Erfolg der Heilbehandlung zu sichern oder eine körperliche Behinderung auszugleichen. Aus ...