Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. Gesamt-GdB-Bildung
Orientierungssatz
Zur Bildung eines Gesamt-GdB von 40 unter Berücksichtigung folgender Behinderungen: Wirbelsäulensyndrom, neurotische Somatisierungsstörung, rezidivierende Sinusitiden, rezidivierende Bronchitiden, Polyarthralgien, Carpaltunnelsyndrom.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) des Klägers nach dem Sozialgesetzbuch -Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX).
Bei dem 1953 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt M zuletzt mit Bescheid vom 29.03.1995 als Behinderung mit einem GdB von 40 fest:
1. Neurotische Depression,
2. rezidivierende Sinusitiden,
3. rezidivierende Bronchitiden,
4. Polyarthralgien,
5. Wirbelsäulensyndrom, Nukleotomie.
Der GdB-Bewertung lagen versorgungsärztliche Stellungnahmen des Arztes für Orthopädie Dr. H und der Medizinaldirektorin Frau Dr. R zugrunde, welche die Teil-Behinderungen mit Einzel-GdB-Werten von 20, 10, 10, 10 und 30 bewertet hatten.
Im Juni 1996 stellte der Kläger wegen einer Verschlimmerung seines Wirbelsäulenleidens einen Neufeststellungsantrag. Das Versorgungsamt M holte einen Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. W ein, der weitere Befundunterlagen vorlegte, und ließ den Kläger durch die Ärztin Frau Dr. H begutachten. Diese kam zu dem Ergebnis, die Behinderung sei weiterhin zutreffend bezeichnet und bewertet. Eine neu hinzugekommene endgradige Bewegungseinschränkung der Schultergelenke bedinge keinen GdB von wenigstens 10. Daraufhin lehnte das Versorgungsamt M den Neufeststellungsantrag mit Bescheid vom 17.09.1996 ab.
Im Widerspruchsverfahren zog das Versorgungsamt den Entlassungsbericht über eine stationäre Heilbehandlung des Klägers in der Neurologischen Abteilung der Landesnervenklinik A bei. Nach versorgungsärztlicher Beteiligung wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.1997 zurück, da der GdB mit 40 weiterhin zutreffend bewertet sei. Auch lägen die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs G nicht vor.
Im vor dem Sozialgericht Mainz durchgeführten Klageverfahren hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des Neurologen ... H, des Orthopäden Dr. W, des Internisten Dr. S sowie eines fachorthopädischen Gutachtens des Dr. H nebst ergänzender gutachterlicher Stellungnahme, eines Gutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W sowie eines Gutachtens auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG des Facharztes für Orthopädie Prof. Dr. R.
Dr. H hat den Kläger im August 1998 untersucht und in seinem Gutachten im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger leide unter degenerativen Veränderungen der Brust- und Lendenwirbelsäule mit Instabilität im Segment L4/5 und Narbenbildung um die Nervenwurzel L4 mit neuromuskulären Reizerscheinungen (GdB 40). Unter Berücksichtigung der außerhalb des orthopädischen Fachgebiets liegenden Teil-Behinderungen ergebe sich ein Gesamt-GdB von 50.
Prof. Dr. R ist nach einer Untersuchung des Klägers im Oktober 1999 zu dem Ergebnis gelangt, das Wirbelsäulenleiden des Klägers sei mit einem GdB von maximal 30 zu bewerten, wobei allerdings eine nervenärztliche Begutachtung erforderlich sei. Denn bei einer erheblichen Überlagerung sei der objektive Kern durch eine orthopädische Untersuchung nicht eindeutig festzulegen. Der GdB sei vorbehaltlich einer neurologischen Begutachtung aus orthopädischer Sicht in den angefochtenen Bescheiden zutreffend festgestellt.
Der Sachverständige Dr. W hat den Kläger im Februar 2000 untersucht und in seinem Gutachten zusammenfassend ausgeführt, die beim Kläger bestehende lumbale Schmerzsymptomatik sei aus neurologischer Sicht schwierig zu begründen. Zeichen eines akuten radikulären Geschehens fänden sich nicht. Dagegen bestehe ein akut anmutendes cervicoradikuläres Syndrom C6 links. Röntgenologisch passe dies zu den Anzeichen einer Diskopathie C6/7 mit linkslateraler intraforaminaler Prolapsbildung und dadurch bedingter mäßiger Forameneinengung. Diese seien einer neurochirurgischen Therapie gut zugänglich. Psychopathologisch ergäben sich keine Auffälligkeiten. Der GdB sei insgesamt zutreffend bewertet.
Mit Urteil vom 16.06.2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der GdB des Klägers sei mit 40 ausreichend eingestuft. Das Wirbelsäulenleiden (Teil-Behinderung Nr. 1) bedinge einen GdB von 30. Schwere funktionelle Auswirkungen lägen in keinem Wirbelsäulenabschnitt vor. Die Einschränkung der Lendenwirbelsäule könne unter Berücksichtigung der von Dr. H beschriebenen Befunde als mittelgradig bezeichnet werden. Im Bereich der Brustwirbelsäule lägen lediglich leichte bis allenfalls mittelgradige Einschränkungen vor. Die Auswirkungen im Bereich der Halswirbelsäule seien unter Berücksichtigung der von Dr. W beschriebenen radikulären Symptomatik und der sich aus den Gutachte...