Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Bescheids. Regelungsgehalt. Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Feststellungsklage. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 5 RE 3/18 R
Orientierungssatz
Zur Fortgeltung der Regelungswirkung eines Formbefreiungsbescheides der früheren BfA bei Arbeitgeberwechsel oder Rechtsänderung, der Umfang bzw Dauer der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nicht in Bezug zu einem -zumindest bestimmbaren - konkreten (Einzel-)Beschäftigungsverhältnis gesetzt hat, sondern vielmehr (allgemeiner) angeordnet hat, dass die Befreiung für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Mitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer verbindlich gilt, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen wären.
Normenkette
SGB VI § 6 Abs. 1, § 231 Abs. 2; SGB X § 31 S. 1, § 39 Abs. 2; BGB §§ 133, 157; SGG § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 77
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25.4.2017 sowie der Bescheid der Beklagten vom 30.6.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.1.2016 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Klägerin aufgrund des Bescheides der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 13.7.1996 weiterhin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist.
2. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Im Übrigen werden Kosten nicht erstattet.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die 1967 geborene Klägerin ist Diplom-Bauingenieurin. Am 4.9.1992 absolvierte sie ihren Abschluss an der Universität-Gesamthochschule S . Seit 1993 ist sie als Projektleiterin im Straßen- und Tiefbau tätig. In der Zeit vom 20.4.1993 bis zum 30.9.2000 war sie beim Staatlichen Bauamt in K im Projektmanagement, Bereich Tiefbau, tätig. Anschließend war sie in der Zeit vom 1.10.2000 bis zum 30.6.2006 bei der Stadt M im Fachbereich Straßen und Kanäle als Projektleiterin für Entwässerungs- und Straßenbaumaßnahmen beschäftigt. Seit dem 1.11.2006 ist sie beim Land Hessen, Hessen Mobil, Straßen- und Verkehrsmanagement (ehemals Amt für Straßen- und Verkehrswesen) in D. als Projektleiterin tätig. Die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk entstand damals automatisch mit der Zugehörigkeit zur Ingenieurkammer, unabhängig davon, ob eine freiwillige oder pflichtige Mitgliedschaft bei der Ingenieurkammer bestand.
Die Klägerin ist Pflichtmitglied des Versorgungswerks der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen (NRW) und kraft Satzung freiwilliges Mitglied der Ingenieurkammer Bau NRW.
Mit einem am 29.12.1995 bei dem Versorgungswerk der Architektenkammer NRW eingegangenen, weitergeleiteten und am 12.4.1996 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eingegangenen Antrag der Klägerin begehrte sie mit dem Formblatt "Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht" die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten des Versorgungswerks der Architektenkammer NRW. Sie gab im Vordruck als Arbeitgeber das Staatliche Bauamt in K und als Beginn des "derzeitigen„ Beschäftigungsverhältnisses den 20.4.1993 an.
Die BfA befreite die Klägerin durch Bescheid vom 13.7.1996 mit Wirkung zum 29.12.1995 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der formularmäßig gestaltete Bescheid trägt die Überschrift "Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI)" und regelt Folgendes:
“Auf Ihren Antrag werden Sie von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit.„
“Beginn der Befreiung: 29.12.1995„
Weiter ist angekreuzt, dass die Befreiung erst "ab Beginn der Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung" wirke. Danach heißt es:
"Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Mitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen wären. Sie ist grundsätzlich auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt.
Die Befreiung erstreckt sich auch auf andere versicherungspflichtige Beschäftigungen oder Tätigkeiten, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt sind und insoweit satzungsgemäß einkommensbezogene Beiträge zur Versorgungseinrichtung gezahlt werden."
Danach folgt die Rechtsbehelfsbelehrung. Darunter heißt es:
"Die BfA hat bei Wegfall der Voraussetzungen des § 6...