Entscheidungsstichwort (Thema)
Soldatenversorgung. Berufsschadensausgleich. Nachschaden. schädigungsbedingter Einkommensverlust. Kausalitätsprüfung. Kausalitätsmaßstab. Abbruch der angebotenen Umschulung. Fehlverhalten des Antragstellers
Leitsatz (amtlich)
1. Für den Anspruch auf Berufsschadensausgleich ( § 30 Abs 3ff Bundesversorgungsgesetz - BVG) reicht es nicht aus, dass ein Anspruchssteller seinen Beruf schädigungsbedingt verloren hat. Zusätzlich muss zwischen dem möglichen Einkommen aus dem ehemaligen Beruf (sogenannte Hätte-Beruf) und demjenigen im tatsächlich nach der Schädigung ausgeübten Beruf eine Differenz im Sinne eines Schadens bestehen, der auf die Schädigung bzw deren Folgen kausal zurückzuführen ist.
2. Diese Kausalitätsprüfung richtet sich nach dem im Versorgungsrecht geltenden Kausalitätsmaßstab der wesentlichen Bedingung.
3. Schließt der Anspruchsteller aufgrund eigenen unvernünftigen Verhaltens eine ihm angebotene und mögliche Umschulung in einen sozial dem Hätte-Beruf entsprechenden Ausweichberuf nicht erfolgreich ab (hier: Alkoholexzesse und Gewalttätigkeit), ist der dann bestehende Schaden aufgrund der Differenz zwischen dem Einkommen im Hätte-Beruf und dem tatsächlich ausgeübten Beruf als Nachschaden anzusehen und nach § 30 Abs 5 S 1 BVG nicht zu entschädigen.
Normenkette
BVG § 30 Abs. 3, 5 S. 1, Abs. 2 S. 2 Buchst. a
Verfahrensgang
SG Koblenz (Gerichtsbescheid vom 21.06.2001; Aktenzeichen S 4 VS 18/99) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Koblenz vom 21.6.2001 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Berufsschadensausgleich sowie die Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) des Klägers wegen besonderer beruflicher Betroffenheit nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der 1952 geborene Kläger war von Januar 1973 bis Dezember 1974 Soldat der Bundeswehr. Im November 1973 explodierte während des Wehrdienstes in seiner linken Hand eine Patrone, wodurch er erheblich verletzt wurde. Mit Bescheid vom 15.01.1975 erkannte das Versorgungsamt M II als Schädigungsfolgen nach dem SVG mit einer MdE von 40 vH an: "Verlust 3. Finger links, Teilverlust 2. Finger links und 4. Finger links mit Gelenkversteifung, operativ behandelte Nervenverletzung (nerv. medianus und ulnaris) mit verbliebenen Sensibilitätsstörungen, Sehnenplastik am 5. Finger links mit Beugebehinderung, knöchern verheilter Daumenbruch links."
Mit Bescheid vom 03.01.1978 erhöhte das Versorgungsamt M II die MdE auf 50 vH ab 01.08.1975 und bezeichnete mit Bescheid vom 02.05.1984 die Schädigungsfolgen neu als:
1. Verlust des 4. und 5. Fingers in der Mittelhand, des 3. Fingers im Grundglied und des Endgliedes des 2. Fingers links, mit Bewegungsbehinderung des 2. Fingers. Leichte Narbenkontraktur des 2. Fingers und des 3. Fingerstumpfes. Knöchern verheilte Fraktur des Daumens links. Sensibilitätsstörungen an der Resthand nach Nervenverletzung.
2. Reizlos eingeheilter Metallfremdkörper in den Weichteilen des linken Unterschenkels.
Der berufliche Werdegang des Klägers gestaltete sich wie folgt:
Er besuchte zunächst von 1958 bis 1966 die Volksschule und lernte anschließend bis 1972 den Beruf des Gas- und Wasserinstallateurs, den er bis zur Einberufung in die Bundeswehr ausübte. Nach dem Wehrdienst war der Kläger zunächst bis Januar 1975 arbeitsunfähig krank; danach arbeitete er als Lagerarbeiter. Eine begonnene Umschulung zum Bürokaufmann wurde im November 1977 abgebrochen. In der Folgezeit war der Kläger als Lagerist, Bodenleger und Verkäufer tätig; seit 1989 bezieht er Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Einen Antrag des Klägers auf Gewährung von Berufsschadensausgleich und Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit lehnte das Versorgungsamt München II mit Bescheid vom 22.07.1982 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, während der Zeit vom 01.01. bis 30.06.1975 habe der Kläger Übergangsgeld nach dem BVG bezogen, so dass eine für diesen Zeitraum durch die Arbeitsunfähigkeit entstandene vorübergehende Einkommenseinbuße mit der Gewährung des Übergangsgeldes ausgeglichen sei. Vorübergehende Lohneinbußen durch Arbeitsunfähigkeit begründeten keinen Anspruch auf eine Erhöhung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG . Berufsschadensausgleich stehe dem Kläger für diesen Zeitraum schon wegen der fehlenden Schwerbeschädigteneigenschaft nicht zu. Für den Zeitraum vom 01.07.1975 bis 19.07.1976 sowie für die Zeit der anschließenden Berufsfindungsmaßnahme bis zum 30.07.1976 sei ein Anspruch auf einkommensabhängige Leistungen sowie auf MdE-Erhöhung gemäß § 29 BVG abzulehnen. Für die Zeit zuvor, in der es aus verschiedenen Gründen zu einer Verzögerung des Beginns der beruflichen Rehabilitationsmaßnahme gekommen sei, bestehe ein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt, die gewährt worden sei. Für die Zeit der beruflichen Umschulung b...